Der Verfahrensbeistand unterliegt nicht der anwaltlichen Schweigepflicht des § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB auch wenn er über eine Anwaltszulassung verfügt. Er hat die personenbezogenen Daten nicht in seiner Eigenschaft als Anwalt in Erfahrung gebracht. Vielmehr hat er sie erhalten aufgrund seiner gerichtlichen Bestellung als Verfahrensbeistand. Deswegen hat das OLG Braunschweig seiner Entscheidung zutreffend den Leitsatz vorangestellt, dass Tatsachen, die ein zum Verfahrensbeistand bestellter Rechtsanwalt im Rahmen der Ausübung seiner Tätigkeit als Verfahrensbeistand erlangt hat, nicht der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht aus § 43a Abs. 2 BRAO unterliegen, weil der Verfahrensbeistand diese Tatsachen nicht in seiner spezifischen Eigenschaft als Angehöriger der Berufsgruppe erlangt hat. Er ist auch kein Amtsträger i.S.v. §§ 203 Abs. 2 Nr. 1, 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB. Vielmehr ergibt sich seine Pflicht zur Verschwiegenheit aus § 158 Abs. 4 FamFG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 GG. Der Verfahrensbeistand ist dem subjektiven Kindesinteresse und dem objektiven Kindeswohl verpflichtet und damit auch dem verfassungsmäßig geschützten Recht des Kindes auf informelle Selbstbestimmung. Diesem entspricht es nicht, wenn personenbezogene Daten des Kindes, welche er in der Funktion als Verfahrensbeistand in Erfahrung gebracht hat, an außenstehende Dritte weitergegeben werden.
Die Verschwiegenheitspflicht des Verfahrensbeistandes ergibt sich ferner aus dem nachfolgend wiedergegebenen Gesetz über die förmliche Verpflichtung nicht beamteter Personen (Verpflichtungsgesetz) vom 2.3.1974. In dem Bereich des früheren Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg, nunmehr seit dem 1.8.2021 umbenannt in AG Kreuzberg, bekamen die Verfahrensbeistände die gerichtlichen Akten erst ausgehändigt, wenn sie zuvor die mündlich erteilte Verpflichtung über die gewissenhafte Erfüllung ihrer Obliegenheiten gegenüber der Gerichtsverwaltung unterschrieben haben. Auf besondere Strafvorschriften wurden sie hingewiesen.
Zitat
Gesetz über die förmliche Verpflichtung nichtbeamteter Personen (Verpflichtungsgesetz)
Verpflichtungsgesetz v. 2. März 1974 (BGBl. I S. 469, 547), zuletzt geändert durch § 1 Nummer 4 des Gesetzes vom 15. August 1974 (BGBl. I S. 1942)
§ 1
(1) Auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten soll verpflichtet werden, wer, ohne Amtsträger (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 des Strafgesetzbuches) zu sein,
1. bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, beschäftigt oder für sie tätig ist,
2. bei einem Verband oder sonstigen Zusammenschluss, einem Betrieb oder Unternehmen, die für eine Behörde oder sonstige Stelle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung ausführen, beschäftigt oder für sie tätig ist oder
3. als Sachverständiger öffentlich bestellt ist.
(2) Die Verpflichtung wird mündlich vorgenommen. Dabei ist auf die strafrechtlichen Folgen einer Pflichtverletzung hinzuweisen.
(3) Über die Verpflichtung wird eine Niederschrift aufgenommen, die der Verpflichtete mit unterzeichnet. Er erhält eine Abschrift der Niederschrift; davon kann abgesehen werden, wenn dies im Interesse der inneren oder äußeren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland geboten ist.
(4) Welche Stelle für die Verpflichtung zuständig ist, bestimmt
1. in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 bei Behörden oder sonstigen Stellen nach Bundesrecht die jeweils zuständige oberste Dienstaufsichtsbehörde oder, soweit eine Dienstaufsicht nicht besteht, die oberste Fachaufsichtsbehörde,
2. in allen übrigen Fällen diejenige Behörde, die von der Landesregierung durch Rechtsverordnung bestimmt wird.
§ 2
(1) Wer, ohne Amtsträger zu sein, auf Grund des § 1 der Verordnung gegen Bestechung und Geheimnisverrat nichtbeamteter Personen in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Mai 1943 (Reichsgesetzbl. I S. 351) förmlich verpflichtet worden ist, steht einem nach § 1 Verpflichteten gleich.
(2) Wer, ohne Amtsträger zu sein,
1. als Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes nach einer tarifrechtlichen Regelung oder
2. auf Grund eines Gesetzes oder aus einem sonstigen Rechtsgrund
zur gewissenhaften Erfüllung seiner Obliegenheiten verpflichtet worden ist, steht einem nach § 1 Verpflichteten gleich, wenn die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 erfüllt sind.
§ 3
Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin.
§ 4
Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1975 in Kraft. § 1 Abs. 4 tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
Zitat
Niederschrift über die förmliche Verpflichtung nicht beamteter Personen
Verhandelt
… … … … … … … . … … … … … (Ort), den … … . (Datum)
Vor dem Unterzeichneten erschien heute zum Zwecke der Verpflichtung nach § 1 des Gesetzes über die förmliche Verpflichtung nicht beamteter Personen vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 547)
Frau / Herr … … … … … … … … … … … … … … … … … … …
Die/Der Erschienene wurde auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer/seiner Obliegenheiten verpflichtet. I...