Man kann den vorgesehenen Gesetzestext zur Konkretisierung der teleologischen Reduktion des § 323 Abs. 2 ZPO (§ 238 Abs. 2 FamFG) heranziehen. Die wörtliche Anwendung der Präklusionsvorschrift muss bei umfassender Würdigung aller Umstände zu einer groben Unbilligkeit fuhren. Diese kann insbesondere im Hinblick auf das Verhalten des Gegners zu bejahen sein. Ein weiterer Gesichtspunkt kann der Bestimmung des § 313 BGB entnommen werden, weil die Regeln der Geschäftsgrundlage und § 323 ZPO (§ 238 FamFG) auf dem gleichen Grundgedanken beruhen, der vom BGH als übergesetzlicher Rechtssatz bezeichneten clausula rebus sic stantibus. Wenn es den Parteien bei einem Unterhaltsvertrag, etwa wegen eines beiderseitigen Irrtums, bei dessen Abschluss nicht zuzumuten ist, unverändert gebunden zu bleiben, ist dies ein Indiz dafür, dass eine vergleichbare Lage beim Unterhaltsurteil eine Ausnahme von der in die Zukunft wirkenden Rechtskraft zur Vermeidung einer "ewigen" groben Unbilligkeit rechtfertigen kann, obwohl nach dem Gesetzestext des § 323 ZPO (§ 238 FamFG) Alttatsachen, anders als nach § 313 BGB, nicht zur Abänderung berechtigen.
In die Bewertung, dass die Nichtberücksichtigung alter Tatsachen grob unbillig wäre, sind auch die Folgen für die eine und die andere Unterhaltspartei einzubeziehen. Diese können, insbesondere auf die Dauer, zu einer untragbaren Belastung werden, die nach einer Abhilfe durch den Richter verlangt. Auf diesem Weg könnte auch eine Lösung in den Fällen der Anrechnung eines fiktiven Einkommens wegen mutwilliger Aufgabe des Arbeitsplatzes gefunden werden, wenn Anstrengungen, eine gleich gut bezahlte Stelle zu finden, erfolglos bleiben. Von dem richtigen Grundsatz, "auf ewig" ein fiktives Einkommen zuzurechnen, sollte, wenn auch vorsichtig, bei Würdigung aller Umstände zeitlich und umfänglich eine Ausnahme durch den Richter im Einzelfall möglich sein, nachdem die Unterhaltsparteien in einem familiären Sonderverhältnis verbunden sind, das sittlich und rechtlich nicht nur von gegenseitiger Verantwortung und Pflichten, sondern auch von Rücksichtnahme geprägt ist und das bei Fehlverhalten nicht nur Sanktionen, sondern auch Entgegenkommen und Verzeihung kennt. Dieser Gedanke, der etwa bei der Anwendung der materiellen Vorschriften des § 1612 Abs. 3 oder der §§ 1611, 1579 BGB anerkannt ist, sollte auch bei verfahrensrechtlichen Bestimmungen des § 323 Abs. 2 ZPO (§ 238 Abs. 2 FamFG) im Rahmen der Erwägungen einer groben Unbilligkeit beachtet werden.