a) Krankheiten
Für die Anspruchsverlängerung ist allein der Hinweis auf das Vorliegen einer bestimmten Krankheit nicht ausreichend. Insbesondere die Asthma-Entscheidung des BGH macht deutlich, dass
- zum einen eine Darlegung der Auswirkungen der Erkrankung erforderlich ist,
- zum anderen der Vortrag, dass deren "Auffangen" in betreuenden Einrichtungen nicht möglich ist.
Das letztgenannte Erfordernis wird im ADS-Urteil des BGH ebenso deutlich wie in mehreren instanzgerichtlichen Entscheidungen. Dort standen beispielsweise Depressionen des Kindes sowie die Inanspruchnahme von Familienhilfe (E 4) oder eine Immunschwäche des Kindes mit der Folge häufiger Infekte und daraus resultierenden Unregelmäßigkeiten beim Kindergartenbesuch (E 11) einer Anspruchsverkürzung entgegen. Umgekehrt ergibt sich aus der ADS-Entscheidung des BGH, dass problemloser Schulbesuch und sportliche Aktivitäten eines mit einer Erkrankung behafteten Kindes eine auswärtige Betreuung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen lassen; maßgeblich ist vielmehr das konkrete Betreuungsangebot der kindgerechten Einrichtung.
b) Alter
Ein maßgebliches Abstellen auf das Kindesalter ist nur in der Entscheidung E 2 festzustellen; hier handelt es sich erkennbar um einen "Ausreißer", weil die das herkömmliche Altersphasenmodell verneinende Rechtsprechung des BGH zeitlich erst danach ergangen ist. Das Alter des Kindes ist nur noch von sekundärer Bedeutung, was beispielsweise auch in der entsprechenden Umgestaltung der Hammer Leitlinien (s.o. unter I. 2) zum Ausdruck kommt.
Sozusagen als Obersatz ist festzuhalten, dass der Gesetzgeber den Vorrang der persönlichen Betreuung bei jedem über drei Jahre alten Kind aufgegeben hat; hierauf wird in der aktuellen Entscheidung des BGH vom 16.12.2009 noch einmal ausdrücklich hingewiesen.
Mit der Nachrangigkeit des Kindesalters als Kriterium korrespondiert die Tatsache, dass die Bandbreite deutlich größer geworden ist. Einerseits besteht kein Vorrang der persönlichen Betreuung mehr bei über drei Jahr alten Kindern, und ein bereits 7jähriges Kind muss erst recht nicht mehr "auf Schritt und Tritt" überwacht werden, worauf der BGH in seiner Entscheidung vom 17.6.2009 hingewiesen hat. Andererseits kann bei Vorliegen entsprechender Besonderheiten (dort: Straffälligkeit) sogar noch bei einem Kind von siebzehn Jahren eine Betreuungsbedürftigkeit bestehen (E 3). Allerdings kann bei dreizehn und neun Jahre alten Kindern ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt abzulehnen sein, sofern keine Auffälligkeiten vorliegen und ein schulisches Ganztagsangebot genutzt werden kann (E 6).
Der Entscheidung des BGH vom 17.6.2009 lässt sich eine Art "Mittelweg" zwischen dem abgeschafften Altersphasenmodell und dem relativ strengen Gesetzeswortlaut in § 1570 BGB entnehmen. Einerseits wird klargestellt, dass eine Schematisierung im Sinne eines neuen Altersphasenmodells nicht in Betracht kommt; andererseits reicht dem BGH der Hinweis darauf, dass das Kind bis 14 Uhr außer Haus und ein Antrag auf einen Hortplatz abgelehnt worden sei, für die Aussage aus, die Kindesmutter müsse nicht mehr als in halbschichtigem Umfang arbeiten. Es muss schon als relativ großzügig bezeichnet werden, dass hier die Frage einer möglicherweise erweiterten Tätigkeit bis 14 Uhr vom BGH nicht näher untersucht, sondern es gebilligt wird, dass das Berufungsgericht dies ohne nähere Begründung aus elternbezogenen Gründen nicht für zumutbar hält.
c) Aktivitäten
Auch wenn ein Kind "eigentlich" in erweitertem Umfang fremdbetreut werden – und die Mutter demgemäß in erweitertem Umfang arbeiten – könnte, kann es andererseits gegen eine solche Ausweitung der Erwerbstätigkeit und für einen höheren Betreuungsumfang sprechen, wenn das Kind in größerem Umfang in Sport, Musik und Freundeskreis eingebunden ist (E 1). Nach der genannten Entscheidung gilt dies jedenfalls dann, wenn diese Aktivitäten schon zu Zeiten des Zusammenlebens "angelegt" waren und auch aktuell vom Unterhaltsschuldner unterstützt werden.
d) Besonderheiten
Die Nachrangigkeit des Kindesalters als Kriterium wird in der Flugbegleiterin-Entscheidung (E 10) deutlich; dort wurde eine nur halbschichtige Erwerbstätigkeit für ausreichend gehalten, obwohl die betreuten Kinder bereits vierzehn und elf Jahre alt waren. Die Besonderheit lag darin, dass die Kindesmutter in "Monatsteilzeit" arbeitete (einen Monat vollschichtig, einen Monat überhaupt nicht); daraus ergab sich die Notwendigkeit, in dem "Arbeitsmonat" eine Betreuung der Kinder auch über Nacht s...