Maßgeblich für die Frage, ab wann und in welchem Umfang die Mutter eine Erwerbstätigkeit aufnehmen muss, sind die Umstände des Einzelfalls; eine Pauschalisierung in Form eines Altersphasenmodells, in welcher Form auch immer, ist künftig nicht mehr zu rechtfertigen, so jedenfalls zu Recht die wohl überwiegende Meinung. Nach der Gegenauffassung lässt das neue Unterhaltsrecht einen Rückgriff auf ein – wenn auch modifiziertes – Altersphasenmodell zu. Der Streit ist nicht nur in der Literatur angesiedelt; auch die Leitlinien der Oberlandesgerichte kommen teilweise zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Während etwa die Leitlinien des OLG Hamm ein modifiziertes Altersphasenmodell vorsehen, heißt es in den Leitlinien des OLG Bremen, dass von dem betreuenden Elternteil grundsätzlich ab Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes eine Erwerbstätigkeit erwartet werden kann. Die Konsequenz von Einzelfallprüfungen ist freilich, dass damit Rechtsunsicherheiten vor allem in der Beratung einhergehen und dass die künftig erforderlich werdende Aufklärung des Einzelfalles unweigerlich zu einer erheblichen Mehrbelastung der Justiz führen wird.
Allerdings dürfte es zulässig sein, für die jeweiligen Kriterien, auf denen die Einzelfallentscheidung letztlich beruht, gewisse Orientierungshilfen herauszuarbeiten. War nach dem Altersphasenmodell allein das Alter des Kindes maßgeblich für die Frage, ob die Mutter es noch betreuen darf, ohne ihre Erwerbsobliegenheit zu verletzen, sind nach neuem Recht mehrere Parameter abzufragen, die erst in ihrer Gesamtheit eine Beurteilung des Einzelfalles erlauben. Dazu gehören namentlich kindbezogene Gründe, die eine persönliche Betreuung notwendig machen könnten, sowie die Frage, welche Betreuungsmöglichkeiten mit Blick auf das Kindeswohl zumutbar sind. Eine spannende, allerdings auch sehr individuelle Frage wird sein, bis zu welchem Alter ein Kind überhaupt noch einer Betreuung – sei es durch seine Mutter (oder Vater), sei es durch Dritte – bedarf. Es erscheint sachdienlich, soweit möglich für jedes dieser Kriterien in den Unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte gewisse Orientierungshilfen zu geben, wobei stets auf Grund des konkreten Einzelfalls ein Abweichen möglich sein muss.
Da im Regelfall eine gewisse Vermutung dafür spricht, dass eine Mutter nicht bereits mit Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes voll arbeiten kann, sollten die Anforderungen an die Darlegung und an die Beweisführung im Rahmen des Billigkeitsunterhaltsanspruchs nicht zu streng sein. Wever schlägt ein abgestuftes Modell vor: Hat das Kind das achte Lebensjahr noch nicht vollendet, soll die Mutter in den Genuss von entsprechenden Erleichterungen in der Darlegung und Beweisführung kommen können, wenn sie vorträgt, nicht mehr als eine Teilzeitbeschäftigung ausüben zu können. Nimmt die Mutter dagegen für sich in Anspruch, gar nicht arbeiten zu können, oder ist das Kind älter als acht Jahre, sollen diese Vergünstigungen entfallen. Soweit die Anforderungen an die Darlegung und Beweisführung gesenkt sind, könnte etwa die Vorlage von Bescheinigungen des Kindergartens, der Schule oder – wenn bereits involviert – des Jugendamtes genügen.