Angeblich finden 60 Prozent der Bundesbürger eine glückliche Beziehung sehr wichtig. Nur ein verschwindender Anteil stuft in seinem Leben eine Partnerschaft als unwichtig ein. Trotz aller Ernüchterung und Entzauberung wird der Liebe eine enorme Bedeutung zugemessen.
Selbst wenn man an die alles überwältigende und übersteigende Macht der Liebe glaubt, so muss heute aber niemand mehr heiraten. Unser Wertesystem hat sich in den letzten Jahrzehnten sehr verändert. Nach den Vorstellungen vieler, vor allem junger Menschen, darf jeder "nach seiner Façon" glücklich werden. Niemand muss sich, was seine persönlichen Beziehungen und Vorlieben betrifft, einem Zwang unterwerfen, es sei denn, seine Wünsche hätten eine strafrechtliche Relevanz.
Unter dieser Prämisse bergen die Zivilehen (und auch die religiösen Eheschließungen) aber eine "Unfreiheit" in sich. Die Rechtswirkungen der Ehe sind gesetzlich geregelt. Sie verlangt gegenseitige Achtung, Fürsorge und Treue; sie verpflichtet zum Unterhalt und es ist aufwendig und regelmäßig sehr teuer, sich vom Ehepartner wieder zu lösen. Warum also nicht einfach so zusammenleben, wie es auch immer mehr Paare praktizieren? Folgerichtig wurden im Jahr 2012 auch rund 35 Prozent aller Kinder nichtehelich geboren.
Möglicherweise ist das der richtige Trend, denn von Fachleuten wird prognostiziert, dass die Brüchigkeit des Eheglücks noch weiter zunehmen wird. So wollen Familiensoziologen herausgefunden haben, dass Ehen, in denen die Frau einen höheren beruflichen Abschluss als der Mann hat, überproportional oft scheitern. Diese Entwicklung müsste fortschreiten, weil der Anteil weiblicher Studienanfänger im Verhältnis zu den männlichen Studienanfängern zunimmt. Wenn, wie sich aber auch aus der Statistik ergibt, das Scheidungsrisiko von Paaren mit gleicher Bildung geringer ist, müsste man bei der Partnersuche daran denken, sich ein möglichst "gleichwertiges" Gegenüber auszusuchen oder zu finden. Dabei könnte man dann auch daran denken, "gleichwertig" gleichzusetzen, mit "Vermögen" oder mit "gesellschaftlichen Stand". Die Zeiten romantischer Liebesheiraten wären wohl vorbei. Die Krankenschwester heiratet nicht mehr den Chefarzt, der Millionär nicht mehr seine Assistentin. Sind wir aber froh, dass das zum einen völlig unrealistisch ist und zum andern sicherlich auch nicht gewollt, denn würden Ehen nur unter dem Gesichtspunkt der "Gleichwertigkeit" geschlossen, dann verstärkt dies möglicherweise die ungerechte Vermögensverteilung im Land.
Trotz des hohen statistischen Risikos, dass eine Ehe scheitert, gibt es jedenfalls steuerliche und versorgungsrechtliche Gründe für sie. Das mag auch ein wichtiger Grund gewesen sein, warum viele homosexuelle oder lesbische Partner auf einen Zugang zur Ehe gedrängt haben.
Nach wie vor freuen wir uns aber über Paare, von denen anzunehmen ist, dass sie aus purer Liebe geheiratet haben. Als Maria-Elisabeth Schaeffler (Jahresumsatz der Schaefflergruppe: 11 Milliarden) den Ex-Industrieverbandschef Thumann heiratete, dürften Vermögen u.a. keine Rolle gespielt haben. Beide sind ausreichend wohlhabend und bereits im fortgeschrittenen Alter. Als sie sich mit 73 Jahren das Ja-Wort gaben, haben sie vermutlich wegen ihrer Kinder, die beide haben, einen Erbvertrag geschlossen. Dieser Vertrag hat Kosten verursacht. Warum sie dennoch geheiratet haben? Vielleicht, weil die Ehe ein Ideal ist, das noch immer nicht an Überzeugungskraft verloren hat. Auch für einen prominenten ehemaligen Fußballstar, Lothar M., scheint die Ehe von immenser Bedeutung, geht er eine solche doch bereits zum fünften Male ein. Wie formulierte es die FAZ zur Eheschließung von Brad Pitt und Angelina Jolie so treffend: Die Ehe ist der Goldstandard der Liebesbekenntnisse. Aus diesem Grund wird sie auch nie unmodern werden.
Autor: Dr. Undine Krebs
Dr. Undine Krebs, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht, München
FF 11/2014, S. 425