1. Fehlende gesetzliche Regelung
Einen eigenständigen Unterhaltsanspruch des betreuenden, nicht verheirateten Elternteils kannte das Recht der DDR nicht:
Zwar wurde die unterhaltsrechtliche Diskriminierung des außerhalb einer bestehenden Ehe seiner Eltern geborenen Kindes schon frühzeitig beseitigt. Die ursprünglich noch bestehenden Sonderregelungen für den Unterhaltsanspruch des nichtehelichen Kindes wurden aufgehoben und bestimmt, dass der Status der Eltern – verheiratet oder nicht – für den Unterhaltsanspruch des Kindes grundsätzlich keine Rolle spielen darf. Vielmehr richtete sich der Unterhalt für das Kind von Eltern, die bei seiner Geburt nicht miteinander verheiratet waren, nach den gleichen Regeln, die für den Unterhaltsanspruch ehelicher Kinder galten (§ 46 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 19 FGB).
Das führte aber nicht dazu, dass dem nicht verheirateten Elternteil auch ein Unterhaltsanspruch wegen der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes zugebilligt worden wäre. Das Familiengesetzbuch kannte noch nicht einmal einen Anspruch auf die "Sechs-Wochen-Kosten"; dass also die schwangere bzw. gebärende Frau vom Vater des Kindes in der Zeit unmittelbar vor und nach der Geburt den für sich notwendigen Unterhalt fordern kann.
2. Diskussion
Dieser Befund überrascht. Denn der Anteil der Kinder, die außerhalb einer bestehenden Ehe der Eltern geboren werden, ist in Ostdeutschland außerordentlich hoch und übertraf die westdeutsche Quote zumeist um mehr als das Doppelte: Bereits im Jahr 1966, bei Inkrafttreten des FGB, betrug die Nichtehelichenquote in der DDR 10 %. Der Anteil der nichtehelichen Geburten stieg in den Folgejahren steil an und machte im Jahr 1990 etwa ein Drittel aller Geburten aus (33,5 %), wohingegen in Westdeutschland im gleichen Zeitraum ein eher moderater Anstieg von 4,6 % im Jahr 1966 auf 10,2 % im Jahr 1990 zu verzeichnen war. Tatsächlich hatte die Zahl der nichtehelichen Partner- und Familiengemeinschaften in der DDR seit dem Ende der 1970er-Jahre erheblich zugenommen und betrug 1987 beispielsweise in der Gruppe der 18-40jährigen Unverheirateten etwa 29 % bei den Frauen und 27 % bei den Männern.
Über die Gründe, weshalb trotz dieser doch recht deutlichen gesellschafts- und bevölkerungspolitischen Ausgangslage der DDR-Gesetzgeber gleichwohl davon Abstand genommen hat, entsprechende zivilrechtliche Regelungen zu schaffen, kann nur spekuliert werden: Eine gewichtige Rolle könnte der Zeitgeist gespielt haben. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass ein Unterhaltsanspruch der nichtverheirateten Mutter im Jahr 1966, bei Inkrafttreten des FGB, auch dem bundesdeutschen Recht noch völlig fremd war. In dieser Zeit kannte das BGB nur die "Sechswochenkosten" (§ 1715 Abs. 1 BGB i.d.F. bis zum 30.6.1970): Der Vater schuldete der Mutter lediglich Ersatz für die Kosten der Entbindung sowie die Unterhaltskosten für die ersten sechs Wochen danach. Es handelte sich noch nicht einmal um einen Unterhalts-, sondern um einen von der Leistungsfähigkeit des Vaters und der Bedürftigkeit der Mutter losgelösten Entschädigungsanspruch eigener Art. Erst mit dem zum 1.7.1970 in Kraft getretenem Nichtehelichengesetz wurde in der Bundesrepublik ein erster, freilich noch sehr bescheidener Unterhaltsanspruch eingeführt: Danach konnte die Mutter für einen Zeitraum von vier Monaten vor bis längstens ein Jahr nach der Geburt des Kindes Unterhalt verlangen, wenn sie nachweisen konnte, dass ihre Unterhaltsbedürftigkeit auf eine schwangerschafts- oder entbindungsbedingte Krankheit bzw. eine...