Das OLG Hamm bejahte im Kindesunterhalt die reale Erwerbschance bei einem 34-jährigen gesunden Vater mit schlechten Deutschkenntnissen und ohne Berufsausbildung nach sechsjähriger Arbeitslosigkeit. Es verlangte, er solle sich verstärkt bei Arbeitgebern seines Heimatlandes bewerben, weil dann die Sprachprobleme nicht so wesentlich seien, zudem müsse er Deutsch lernen. Die mehrjährige Arbeitslosigkeit schade nicht, weil nur ungelernte Tätigkeiten ohne Qualifikation und Erfahrung gesucht werden könnten. Es wurde ein Gehalt nach dem tariflichen Mindestlohn im Abbruchgewerbe fingiert. Der geringe Zeitarbeitslohn von 6,70 EUR/Stunde vor der Arbeitslosigkeit sei kein Indiz für den erzielbaren Stundenlohn in Festanstellung.
Ein gelernter Tischler, Anfang 40, mit selbstständigem Hausmeisterservice, hat eine reale Erwerbschance für eine abhängige Tätigkeit im Radius von 100 Kilometern aufgrund seiner abgeschlossenen handwerklichen Berufsausbildung und der kontinuierlichen Erwerbstätigkeit im Ladenbau, als Hausmeister im Alten- und Pflegeheim und auf anderen Hilfsarbeiterstellen.
Eine gelernte Apothekenhelferin, die im Anschluss an die Lehre drei Jahre in dem Beruf gearbeitet hatte, dann sechs Jahre als Verkäuferin und anschließend zehn Jahre in einer Firma tätig gewesen ist, konnte im Alter von 53 Jahren nach 15-jähriger Erwerbsunterbrechung vollschichtig tätig werden.
Eine 53-jährige Ehefrau kann im vorehelich ausgeübten Beruf als Pharmareferentin arbeiten. Sie hatte 21 Jahre Berufserfahrung als Einzelhandelskauffrau und Pharmareferentin und war dann drei Jahre gar nicht berufstätig, anschließend für sieben Jahre eine meist freigestellte Empfangskraft bei einem Arzt.
Eine 48-jährige Diätassistentin, die im Streitzeitraum seit sechs Jahren selbstständig als solche gearbeitet hat, kann eine vollschichtige, aber keine vollwertige Beschäftigung als abhängig beschäftigte Diätassistentin finden. Vor der Geburt der Kinder war sie Leiterin der Diätabteilung in einem Krankenhaus gewesen.
Eine 45-jährige Bankkauffrau kann nach 20 Jahren Abstinenz vom Arbeitsmarkt eine vollschichtige Tätigkeit als Bürohilfskraft, nicht aber eine vollwertige als Bankkauffrau finden.
Eine noch nicht 40-jährige gesteigert unterhaltspflichtige Mutter, gelernte Einzelhandelskauffrau, seit zehn Jahren Alkoholikerin, die letzten vier Jahre vor dem Unterhaltszeitraum arbeitslos, währenddessen zwei Langzeittherapien, kann eine Arbeitsstelle im Einzelhandel mit tariflicher Bezahlung finden. Ein medizinisches Sachverständigengutachten hatte volle Arbeitsfähigkeit bescheinigt. Die empfohlene Nachbetreuung hatte sie unterlassen. Im Unterhaltszeitraum war ihr wegen eines Rückfalls in der Probezeit gekündigt worden.
Eine 50-jährige Frau, die in den letzten 15 Jahren arbeitslos oder in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen war, davon die letzten fünf Jahre durchgehend arbeitslos, kann eine vollschichtige Arbeit finden, aber keine vollwertige. Deshalb wird die Höhe des anrechenbaren Einkommens reduziert.
Eine 57-jährige Ehefrau ohne Ausbildung als Reinigungskraft, die anderthalb Jahre vor dem Streitzeitraum in der Ehe zuletzt als Reinigungskraft gearbeitet hat, wird mit einer Teilzeitbeschäftigung als Reinigungskraft fingiert (bereinigt 467 EUR).
Eine 40-jährige Mutter, gelernte Industriekauffrau mit mehrjähriger Berufserfahrung, seit 15 Jahren nicht mehr berufstätig, kann vollschichtig arbeiten.
Eine 49-jährige ungelernte Lehrergattin, viersprachig, während der 23-jährigen Ehe teilweise Aushilfe im Buchhandel, viele Jahre aber ohne Arbeit, kann Vollzeittätigkeit als ungelernte Kraft finden.
Der gesteigert unterhaltspflichtige Vater – Analphabet, ohne Ausbildung und ohne Führerschein – kann ein Einkommen erwirtschaften, das den Mindestunterhalt für zwei Kinder sichert.
Nach Auffassung des BGH wird die reale Erwerbschance auf eine Nebentätigkeit für vollschichtig arbeitende Arbeitnehmer eher gering einzuschätzen sein, soweit sie diese abends ausüben möchten. Da ein Überangebot an Arbeitssuchenden für geringfügige Beschäftigungen besteht, müssen solche Arbeitsstellen nicht an Personen vergeben werden, die ihre Arbeitskraft schon für acht Stunden am Tag eingesetzt haben.