BGB § 823 Abs. 2 § 826; StGB § 263
Leitsatz
Ein Unterhaltsgläubiger hat im Rahmen seiner prozessualen Wahrheitspflicht erhaltene Zuwendungen Dritter auch dann zu offenbaren, wenn er diese für unterhaltsrechtlich unbeachtlich hält.
Werden regelmäßige Unterstützungsleistungen erbracht, stehen auch weit entfernte Wohnsitze der Annahme einer das eigene Auskommen sichernden Lebensgemeinschaft nicht entgegen. Werden die eigene Bedürftigkeit nachhaltig beeinflussende Umstände bewusst verschwiegen, kann gezahlter Unterhalt im Wege des Schadensersatzes zurückgefordert werden.
OLG Oldenburg, Urt. v. 10.6.2010 – 14 UF 3/10 (AG Wilhelmshaven)
1 Gründe:
I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz in Höhe des von ihm seit Ende 1993 bis Anfang 2005 gezahlten Unterhalts in Anspruch.
Die Parteien waren seit August 1961 miteinander verheiratet. Aus der Ehe sind zwei 1965 und 1968 geborene Söhne hervorgegangen. Die Ehe wurde durch Urt. v. 1.8.1985 geschieden. Später einigten sich die Parteien in dem Verfahren … OLG Oldenburg am 20.5.1987 u.a. über den nachehelichen Unterhalt. In dem Vergleich verpflichtete sich der Kläger, über den 1.11.1986 hinaus der Beklagten einen nachehelichen Unterhalt in Höhe von 1.250 DM monatlich zu zahlen. Die Beklagte war ihrerseits berechtigt, ohne Anrechnung auf den Unterhalt für die Zeit von drei Jahren monatlich 1.000 DM hinzuzuverdienen.
Der Kläger erhob sodann 1993 eine Abänderungsklage, mit der er ab Februar des Jahres den völligen Wegfall seiner Unterhaltspflicht erstrebte. In diesem Verfahren machte er geltend, sein anrechenbares Einkommen habe sich – u.a. durch den Wegfall einer Verletztenrente und weitere Verpflichtungen – verändert, die Beklagte sei hingegen zu einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit verpflichtet. Die Beklagte trug ihrerseits vor, durch sporadische Tätigkeiten lediglich 520 DM monatlich zu verdienen und im Übrigen nicht vermittelbar zu sein. Nachdem das Amtsgericht der Klage stattgegeben hatte, erhob die Beklagte im Berufungsverfahren eine Abänderungswiderklage, woraufhin der Kläger unter Abweisung seiner Klage verurteilt wurde, an die Beklagte Unterhalt in Höhe von 1.540 DM für Dezember 1993 und monatlich 1.480 DM ab Januar 1994 zu zahlen. In diesem Verfahren hat die Beklagte die Behauptung des Klägers, sie unterhalte eine nichteheliche Lebensgemeinschaft mit einem Herrn K. in Abrede genommen und vorgetragen, es bestehe eine Freundschaft und man sehe sich aufgrund der weit auseinander liegenden Wohnorte nur "selten".
In einer weiteren, 2003 eingereichten Abänderungsklage begehrte der Kläger erneut den Wegfall seiner Unterhaltsverpflichtung, nachdem die Beklagte ebenfalls eine Altersrente bezog. Neben den veränderten Einkommensverhältnissen stützte er sich auf Verwirkung, weil die Beklagte eine 20-jährige Beziehung zu Herrn K. unterhalte, unentgeltlich das diesem gehörende Haus bewohne und in der Vergangenheit wiederholt wahrheitswidrig in Abrede genommen habe, die von der im selben Haus wohnenden Mieterin, Frau S., gezahlten Mieten erhalten zu haben. Die Beklagte bestritt das Bestehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit Herrn K. und führte aus, dass sie "von diesem keine finanziellen Zuwendungen bzw. Vorteile hat … Herr K. verfügt über einen eigenen Haushalt, er hat sich sogar geweigert, die Beklagte … zu unterstützen." sowie "Die Beklagte bestreitet nicht eine Verbindung zu dem angegebenen Zeugen Herrn K. Sie bestreitet lediglich, regelmäßige wirtschaftliche Vorteile aus dieser Beziehung zu erhalten:"
Mietzahlungen seien zwar auf ihr Konto geflossen, sie habe aber die Mieten bzw. Mietnebenkosten abgerechnet. Das Amtsgericht sah das Vorbringen des Klägers zum Bestehen einer Lebensgemeinschaft als zu pauschal an und setzte mit Urt. v. 20.9.2004 den ab Januar 2004 zu zahlenden Unterhalt auf 350 EUR herab. Die Beklagte nahm ihre Berufung zurück, nachdem ihr der Senat die zur Durchführung der Berufung begehrte Prozesskostenhilfe versagt hatte.
Tatsächlich hatte die Beklagte zumindest seit 1990 von Herrn K. laufend erhebliche Geldmittel erhalten, u.a. auch zum Erwerb eines Pkw. Herr K. verstarb im Dezember 2004. Die Beklagte erhielt als Vermächtnis das Alleineigentum an dem von ihr in Wilhelmshaven bewohnten Haus sowie eine monatliche Rente von 770 EUR. Sie verzichtete nach einer Aufforderung vom April 2005 für die Zeit ab Mai auf weiteren Unterhalt.
Zwischen der Tochter des Herrn K. und der Beklagten kam es zu Differenzen, woraufhin die Tochter den Kläger darüber informierte, dass ihr Vater die Beklagte die ganzen Jahre regelmäßig mit erheblichen Beträgen unterstützt habe.
Der Kläger hat daraufhin Klage auf Rückzahlung des ab Januar 1993 gezahlten Unterhalts erhoben. Der Kläger hat eine detaillierte Aufstellung vorgelegt, nach der die Beklagte in dem Zeitraum von 1993 bis 2004 insgesamt rund 170.000 EUR von Herrn K. erhalten hat. Dazu hat er ausgeführt, dass die Beklagte in den vorangegangenen Prozessen das Bestehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft wahrheitswidrig in Abrede genomm...