Der BGH hatte bereits in der Entscheidung vom 12.4.2006 darauf hingewiesen, dass alleine die zeitliche Dauer der Ehe nicht mehr als Merkmal anzusehen sei, welches zwingend für und gegen eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs ins Feld geführt werden könne. Im Leitsatz heißt es:
Zitat
"Beruht die Einkommensdifferenz zwischen Ehegatten auf fortwirkenden ehebedingten Nachteilen zu Lasten des Unterhaltsberechtigten, kommt eine zeitliche Befristung des Aufstockungsunterhalts gemäß § 1573 Nr. 5 BGB in der Regel auch bei kurzer Ehedauer nicht in Betracht."
In anderen Fällen steht die lange Ehedauer einer Befristung regelmäßig nur dann entgegen, wenn und soweit es für den bedürftigen Ehegatten … unzumutbar ist, sich dauerhaft auf den niedrigeren Lebensstandard, der seinen eigenen beruflichen Möglichkeiten entspricht, einzurichten.“
Die Entscheidung weist darauf hin, dass die Ehedauer als Billigkeitsgesichtspunkt gleichrangig neben der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit vorgesehen ist. Dabei ist auch die Arbeitsteilung der Ehegatten, ebenso die Ehedauer bei der Billigkeitsabwägung lediglich zu berücksichtigen. Sie lässt sich also nicht zwingend für oder gegen eine Befristung ins Feld führen. Die Revision rüge zu Unrecht, das OLG habe den Anspruch der Klägerin auf Aufstockungsunterhalt schon im Hinblick auf die lange Ehedauer der Parteien nicht befristen dürfen. Born hat völlig zutreffend in seiner Anmerkung in der FamRZ die Entscheidung als Ende der Lebensstandardgarantie gewertet. Insofern war auch konsequent, dass der BGH die Revision zurückgewiesen hat.
Diese Entscheidung ist zunächst weitgehend unberücksichtigt geblieben. Insbesondere hat man ihr nicht die Bedeutung zugemessen, die sie verdient hätte, aber es war im Grunde genommen ein Vorgriff auf die Neuregelung nach § 1578b BGB, zumal zu diesem Zeitpunkt schon der Referentenentwurf vom Mai 2005 vorlag.
Feststeht, dass der BGH lange Zeit das formale Argument "lange Ehedauer" unberücksichtigt gelassen hat, weil die Prüfung der ehebedingten Nachteile im Vordergrund stand. Dies gilt zumindest bis 2010. Danach gab es dann Entscheidungen, die das Rad wieder zurückdrehten.
Unmittelbar nach dem Inkrafttreten der Unterhaltsrechtsreform 2008 war die Euphorie über die Möglichkeit der Befristung bei den Instanz-Gerichten – auch bei einer längeren Ehedauer – relativ groß. Hier dürfte in dem einen oder anderen Fall vielleicht über das Ziel hinausgeschossen worden sein. Es gab in dieser Zeit von 2008 bis 2010/2011 eine Menge Vergleiche, die auf die Ehedauer keine große Rücksicht nahmen.
Die Befristung erfolgte in einer Entscheidung des OLG Hamm von 2008 trotz der bestehenden Einkommensdifferenz, die jedoch nicht auf ehebedingten Nachteilen beruhte, sondern auf einem schon zu Beginn der Ehe bestehenden unterschiedlichen Qualifikationsniveau (Ehefrau: gelernte Gymnastik-Lehrerin, später Motopädin; Ehemann: Eigentümer div. Mietobjekte und Inhaber einer Versicherungsagentur).
Im Rahmen der nachehelichen Solidarität als wesentliches Billigkeitskriterium gewinnt die Ehedauer, insbesondere bei Hausfrauenehen durch eine starke und andauernde wirtschaftliche Verflechtung der Eheleute an Gewicht, so dass trotz Fehlens ehebedingter Nachteile eine Befristung ausgeschlossen ist.
Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass die Rechtspraxis teilweise in den ersten Jahren nach der Reform den Eindruck erweckte, als würde alleine der Ausgleich ehebedingter Nachteile ausschlaggebend sein.
Die Tendenz der Rechtsprechung vor dem Inkrafttreten des Änderungsgesetzes am 1.3.2013 war eindeutig, der Dauer der Ehe im Rahmen der nachehelichen Solidarität größeres Gewicht zu verleihen.
Je länger die Ehe, desto eher die Möglichkeit, Befristung auszuschließen.