Einführung
Seit dem 1. September 2009 ist das FamFG in Kraft. Neu geregelt wurden auch die Vorschriften zur Unterhaltsabänderung, früher § 323 ZPO, jetzt §§ 238 ff. FamFG. Der nachfolgende Beitrag beleuchtet nicht nur Auswirkungen der Gesetzesänderung im Zusammenhang mit Abänderungsanträgen, sondern zugleich einige aktuelle Praxisprobleme und "Haftungsfallen".
I. Unterhaltsabänderung: warum und wann?
1. Rechtskraft und materielle Gerechtigkeit
Formulierte man die Unter-Überschrift als Fragestellung, so könnte es sich nur um eine rhetorische Frage handeln. Gerade im Unterhaltsrecht gibt es eine Vielzahl tatsächlicher und auch rechtlicher Änderungen, die ein Festhalten an einer einmal getroffenen Regelung unzumutbar machen.
2. Eintritt späterer Änderungen; Ausnahmen
Es muss sich nachträglich etwas wesentlich ändern, entweder bezogen auf Erwägungen eines Unterhaltsurteils bzw. -beschlusses oder eines anderen vollstreckbaren Titels, z.B. eines Vergleichs. Die Änderung darf grundsätzlich nicht vorhersehbar sein. Was aber gilt, falls sich überhaupt nichts ändert, sondern der Fehler von Anfang an bestand? Im Fall der streitigen Entscheidung werden wir wiederum schnell eine Antwort parat haben, nämlich dann, falls und weil sie tatsächlich rechtskräftig geworden ist. Beim Vergleich soll aber ausnahmsweise die Möglichkeit einer Fehlerkorrektur bestehen. So kann eine ursprünglich fehlerhafte Vergleichsgrundlage zur Vermeidung untragbarer Ergebnisse (!) korrigiert werden, weil es im Falle von Vergleichen, anders als bei streitigen Entscheidungen, um den Parteiwillen geht, für solche Titel die Vorschrift des § 323 Abs. 2 ZPO bzw. jetzt § 238 Abs. 2 FamFG also nicht gilt. Das ist allerdings eine Ausnahme von der Annahme, die Veränderung habe erst später einzutreten. Diese Ausführungen erfolgen bereits zu Beginn meiner weiteren Erörterung. Sie sollen nicht zu einem Ruhepolster verhelfen, sondern der dogmatischen Abgrenzung dienen und einen Hinweis geben, wo im scheinbar aussichtslosen Fall doch noch etwas zu retten sein kann.
3. Wesentlichkeit
Die Änderung muss wesentlich sein. Das wird allgemein mit einem Erreichen oder Überschreiten einer Schwelle von 10 % angenommen. Man ist sich aber einig, dass diese "Faustformel" nicht schematisch und vor allem dann nicht gilt, wenn es um beengte wirtschaftliche Verhältnisse geht.
II. Abänderungsgegenstand: Endentscheidungen und andere Titel
Der Abänderung unterliegen Urteile, Beschlüsse, gerichtliche Unterhaltsvergleiche, Jugendamtsurkunden, notarielle Urkunden. Wurde der Unterhalt einseitig durch Jugendamtsurkunde tituliert, so ist der/die Verpflichtete grundsätzlich an das Anerkenntnis gebunden, das er/sie durch die Errichtung der Jugendamtsurkunde erklärt hat. Ist dem Gläubiger/der Gläubigerin die Urkunde übergeben oder übersandt, so kann darin in der Regel ein schlüssiger Vertragsschluss im Sinne eines Schuldversprechens oder Schuldanerkenntnisses gesehen werden, von welchem sich der/die Schuldner(in) nur nach den Regeln der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) lösen kann. Die unterhaltsberechtigte Seite kann demgegenüber durch einen einseitig errichteten Unterhaltstitel nicht gebunden sein. Verlangt dann der/die Unterhaltsberechtigte einen höheren als den durch einseitige Unterwerfung titulierten Unterhalt, so kann dieser nach Maßgabe der materiellrechtlichen Bestimmungen neu festgesetzt werden.
Falls Gegenstand und Inhalt der Jugendamtsurkunde ausgehandelt worden sind, entweder zwischen den Eltern oder dem verpflichteten Elternteil und dem als Beistand tätigen Jugendamt, gelten die allgemeinen Abänderungsgrundsätze: Die tatsächlichen Umstände müssen sich geändert haben.
III. Darlegungs- und Beweislast
Wer die Abänderung beantragt, muss vortragen, die bei Titulierung vorliegenden Umstände hätten sich geändert. Ohne diesen Vortrag ist die Abänderungsklage unzulässig. Ob Abänderungsgründe tatsächlich vorliegen, ist eine Frage der Begründetheit. Sind diese Hürden genommen, liegt es am/an der Unterhaltsberechtigten, den Unterhaltsbedarf darzulegen und zu beweisen. Denn die Abänderungssituation ändert an den allgemeinen unterhaltsrechtlichen Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast nichts.
Beispiel: Der Vater beruft sich darauf, das Kind sei inzwischen volljährig, weswegen sich die Mutter ebenfalls am Barunterhalt zu beteiligen habe. Und/oder das Kind verfüge über bedarfsdeckende Eigeneinkünfte. Beides berechtigt zur Abänderung des Ausgangstitels. Es liegt jetzt am Kind, den gegenüber dem Vater noch bestehenden Bedarf darzulegen...