1. Überblick
Der Unterhaltsregress betrifft einen ganz anderen Aspekt – das Verhältnis der eigentlich subsidiär ausgestalteten existenzsichernden Leistungen zum einzusetzenden Einkommen und Vermögen des Leistungsempfängers. Hierzu zählen insbesondere (aber nicht ausschließlich) die Unterhaltsansprüche.
Der Unterhaltsregress verfolgt in erster Linie den Zweck, die Erfüllung privatrechtlicher Ansprüche durchzusetzen. Darüber hinaus haben die einzelnen Vorschriften zugleich auch eine sozialrechtlich motivierte Schutzfunktion, indem sie in verschiedenen Lebenslagen den Rückgriff zugunsten des Verpflichteten einschränken. Der Schuldnerschutz hebt den ansonsten geltenden Nachrang teilweise wieder auf. Diese Grenzziehung ist wiederum von Belang für die unterhaltsrechtliche Fragestellung, unter welchen Voraussetzungen Sozialleistungen bedarfsdeckend zu berücksichtigen sind. Davon ist in der Regel auszugehen, soweit Leistungen aufgrund eines Regressverzichts endgültig als verlorener Zuschuss erbracht werden – so bei der Grundsicherung im Alter, dem Kinderzuschlag oder bei Hilfen für volljährige Kinder. Anders ist es, wenn ein Leistungsträger lediglich davon absieht, Regressansprüche geltend zu machen. Defizite beim Verwaltungsvollzug stellen den Nachrang der Hilfe nicht in Frage. Es bleibt dann nur der auf Treu und Glauben gestützte Einwand, dass der Bedarf des Berechtigten nicht doppelt befriedigt werden solle. Gilt dies in gleicher Weise bei einem nicht von vornherein leistungsunwilligen Schuldner, der in der Vergangenheit den Bedarf anderer Personen gedeckt hat? Wenn das Sozialrecht erwartet, dass die Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft ihr Auskommen unabhängig von etwaigen Unterhaltsansprüchen finden sollen – Stichwort: faktisches Stiefkind –, ist es jedenfalls konsequent, dem dadurch erzwungenen Einkommensverbrauch einen Regressverzicht gegenüberzustellen.
Die Durchsetzung der Regressansprüche obliegt dem jeweiligen Träger und gehört zu den Aufgaben der laufenden Verwaltung. Als rechtliches Instrumentarium dient inzwischen überwiegend der gesetzliche Anspruchsübergang. Nicht weniger als 10 Vorschriften regeln die cessio legis. Nicht einmal zwei von ihnen stimmen in Voraussetzungen und Umfang überein. Die Verlagerung des Regresses auf die Verwaltung wirkt zunächst entlastend für den Hilfeempfänger. Dieser kann nicht darauf verwiesen werden, die ausstehenden Unterhaltsansprüche selbst zu realisieren. Im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht hat er den sozialrechtlichen Auskunftspflichten nachzukommen. Alle weiteren Kenntnisse kann sich der Träger durch einen eigenen Auskunftsanspruch verschaffen. Die sozialrechtlichen Auskunftsansprüche werden von den Sozialgerichten sehr rigoros umgesetzt (Negativevidenz). Zudem erstreckt sich die Legalzession auch auf den familienrechtlichen Auskunftsanspruch, der dann vor den Familiengerichten geltend zu machen ist.
Die Prüfung eines Regressanspruchs erfordert unter Umständen sehr komplexe Überlegungen.
Als nachfolgend unter verschiedenen Aspekten betrachtetes Beispiel dient ein einfacher Fall, bei dem das volljährige Kind als erwerbsunfähig gilt und weiterhin im Haushalt seiner Mutter lebt. Das Job-Center begehrt von dem Vater die Rückzahlung des an den Sohn auch über den Eintritt der Volljährigkeit hinaus gezahlten Sozialgeldes.
2. Voraussetzungen des Anspruchsübergangs (§ 33 Abs. 1 SGB II)
Voraussetzung für jeden Anspruchsübergang ist ein bestehender Unterhaltsanspruch – andernfalls greift die Vorschrift von vornherein ins Leere. Daher muss die Prüfung zwangsläufig mit der Feststellung eines Anspruchs nach den allgemeinen Regeln beginnen – Unterhaltsverhältnis, Bedarf, Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit. Ferner bedarf es zwischen Unterhaltspflicht und erbrachter Leistung einer kausalen Verknüpfung – die Gleichartigkeit und Gleichzeitigkeit von Sozialleistung und Unterhaltspflicht. Denn der Regress soll nur den Zustand herstellen, der bei rechtzeitiger Unterhaltszahlung bestanden hätte. § 33 Abs. 1 SGB II benennt dieses Merkmal ausdrücklich, nach übereinstimmender Auffassung gilt es in gleicher Weise bei der Anwendung anderer Vorschriften.
Kann ein erwachsenes Kind – aus welchen Gründen auch immer – seinen Lebensunterhalt nicht selbst verdienen, schließt dies die Annahme einer selbstständigen Lebensstellung nich...