Die genannten richterlichen Erkenntnisse erwiesen sich als Vorlagen für das, was sich nach dem Regierungswechsel 1983 ereignen sollte, als das erste Kabinett Kohl ins Amt kam. Die Eindämmung der nachehelichen Unterhaltsansprüche war schon in der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU/CSU und FDP vereinbart. Die Umsetzung erfolgte durch das "Gesetz zur Änderung unterhaltsrechtlicher, verfahrensrechtlicher und sonstiger Vorschriften" vom 20.2.1986.
Die Aufregung in Politik und Gesellschaft war groß. Der SPD-Abgeordnete Alfred Emmerlich sprach von einem Roll-Back im Eherecht "Die Rechtskoalition setzt den Sozialabbau fort. Jetzt sind vor allem die Frauen und die Kinder geschiedener Eltern dran." Aufregung brach auch bei den Frauenverbänden aus. Auf dem Familiengerichtstag 1985 konnte man die erregte Stimmung zwischen gefühlter Entrechtung der Frauen und einem gewissen Triumph auf der Männerseite eindringlich erleben. Besonders gegen die rückwirkende Änderung des Unterhaltsrechts, die Anwendung sogar auf schon durch Vergleich erledigte Unterhaltsverhältnisse, richtete sich die helle Empörung, die interessanterweise bei der sehr viel tiefer einschneidenden Reform von 2008 auch von Seiten derjenigen Verbände ausblieb, die 1985 laut protestiert hatten.
Der Sache nach wurden diejenigen Einschränkungen eingeführt, die bis 2008 Gültigkeit behielten: Ansprüche wegen Erwerbslosigkeit und der Aufstockungsanspruch (§ 1573 BGB) konnten nun nach Billigkeit zeitlich begrenzt werden. Bei allen nachehelichen Ansprüchen konnte die Bemessung nach den "ehelichen Lebensverhältnissen" temporär limitiert und dann der Unterhalt auf den "angemessenen Unterhalt" gesenkt werden. Es sollte Schluss sein mit dem Prinzip "Einmal Chefarztgattin – immer Chefarztgattin". Auch die negative Härteklausel des § 1579 BGB wurde stark ausgebaut, unter den sieben Nummern fand sich nun ausdrücklich der Fall des offensichtlich schwerwiegenden, eindeutig beim Berechtigten liegenden Fehlverhaltens gegen den Verpflichteten oder dessen nahe Angehörige (Nr. 6). Die Wiederkehr des Fehlverhaltens im Gesetzestext erregte damals die Gemüter, sie wurde als der große Verrat am Zerrüttungsprinzip empfunden.
Wie oft im Rechtsleben entsprach die Aufregung nicht der objektiven Bedeutung des Gesetzes. Dieses hatte durch seine Textfassung sichergestellt, dass die kindesbetreuenden Mütter nicht oder wenig betroffen waren und dass Haushaltsführung und Ehedauer bei der Billigkeitswertung in Anschlag kamen. Das große downgrade des nachehelichen Unterhalts fand in praxi nicht statt, obwohl der Deutsche Anwaltverein die Botschaft durch flächendeckende Crashkurse verbreitete. Lebhaft erinnere ich mich an den prall gefüllten großen Saal des Deutschen Museums in München, wohin die Anwältinnen und Anwälte geströmt waren, um über das sehr plötzlich in Kraft gesetzte neue Recht einige Informationen zu erhalten. Der Deutsche Anwaltverein hatte in diesem Zusammenhang – kooperativ mit dem Deutschen Richterbund, dem Deutschen Familiengerichtstag und dem Deutschen Juristinnenbund – zu bemängeln, zu der Anhörung über das Gesetz im Rechtsausschuss nicht beteiligt worden zu sein.
Wie gesagt, blieb die objektive Bedeutung des Gesetzes hinter der rechtspolitischen Geräuschkulisse zurück. Deshalb ist in unseren Charts die Absenkungstendenz des Scheidungsunterhalts graphisch bescheidener darzustellen als es dem damals gefühlten Umsturz entspricht.