1. Die Verweisung des § 1615l BGB auf den Verwandtenunterhalt
Wie gezeigt, ist es trotz der Reform 2008 dabei geblieben, dass das Gesetz für die Modalitäten sämtlicher Ansprüche aus § 1615l BGB auf die Vorschriften des Verwandtenunterhalts verweist (§ 1615l Abs. 3 S. 1 BGB). Daraus ergeben sich auffällige Diskrepanzen, deren Überwindung wir allerdings Schritt für Schritt beobachten können. Die Tendenz geht dahin, mehr und mehr Raster des nachehelichen Unterhalts in den Betreuungsunterhalt nach § 1615l Abs. 2 S. 2 BGB zu übernehmen. Die Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen, für die wichtigsten Rechtsfragen soll im Folgenden der Stand erörtert werden.
2. Der Unterhaltstatbestand
Eine Angleichung des Betreuungsunterhalts nichtehelicher an denjenigen geschiedener Eltern betrifft den Unterhaltstatbestand selbst. Wie gesagt, werden beim Anspruch aus § 1570 BGB nicht nur "kindbezogene" (§ 1570 Abs. 1 S. 3 BGB), sondern zudem "elternbezogene" Billigkeitsgründe (§ 1570 Abs. 2 BGB) für eine Verlängerung der Unterhaltsdauer anerkannt, während in § 1615l Abs. 2 S. 5 BGB nur die "kindbezogenen" genannt sind. Unabhängig von der Frage, ob die Unterscheidung in den Billigkeitsgründen überhaupt einen Sinn macht – denn auch die "elternbezogenen" haben zum Teil unmittelbar mit dem Kindeswohl zu tun –, stellt sich die Frage, ob nicht auch bei den Eltern nichtehelicher Kinder die Gestaltung der Lebensverhältnisse vor der Trennung bei der Billigkeitswertung berücksichtigt werden können oder müssen.
Das wird von der Rechtsprechung im Ergebnis bejaht. Nach BGH können wegen Art. 6 Abs. 1 GG ein dauerhaftes Zusammenleben und die sich daraus ergebenden Nachwirkungen auch elternbezogene Umstände begründen, die für Verlängerung im Rahmen des § 1615l BGB sprechen. Das ist der Fall, wenn die gelebte Familie einen besonderen Vertrauenstatbestand für den Unterhaltsberechtigten geschaffen hat, insbesondere wenn ein oder mehrere gemeinsame Kinder im Hinblick auf eine gemeinsame Verantwortung beider Eltern gezeugt wurden; das kann auch nach Auflösung der Ehe oder der Familie für eine Fortdauer der Verantwortung des nicht betreuenden Elternteils sprechen. Allerdings bildet nach Meinung des BGH das Zusammenleben vor Geburt des gemeinsamen Kindes noch keinen elternbezogenen Grund, weil während dieses Zusammenlebens noch keine Unterhaltsansprüche bestehen.
Aufs Ganze gesehen ergibt sich: Die "elternbezogenen Gründe" betreffend ergibt sich zumindest eine starke Annäherung der Tatbestände des Betreuungsunterhalts. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft mit Kindern nähert sich in ihrer Wertigkeit der Ehe an.
3. Selbstbehalt, Halbteilungsgrundsatz, überobligationsmäßige Einkünfte
Auch in weiteren Beziehungen behandelt die Rechtsprechung den Betreuungsunterhalt des § 1615l Abs. 2 S. 2 BGB nach den gleichen Regeln wie den Betreuungsunterhalt geschiedener Ehegatten. So wird Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen nicht nach den Regeln des Verwandtenunterhalts (§ 1603 Abs. 1 BGB), sondern entsprechend dem Geschiedenenunterhalt festgelegt, derzeit 1.200 EUR.
Überobligationsmäßige Einkünfte der Mutter, z.B. aus Erwerbstätigkeit in den ersten drei Lebensjahren des Kindes, werden nach der einschlägigen Vorschrift für den Geschiedenunterhalt (§ 1577 Abs. 2 BGB) behandelt.
Im Rahmen des Betreuungsunterhalts nach § 1615l Abs. 2 S. 2 BGB gilt nach Auffassung des BGH auch der "Halbteilungsgrundsatz", der aus dem Scheidungsunterhalt geläufig ist: Das eigene Einkommen der Mutter plus Unterhaltsleistungen dürfen in der Summe nicht höher sein als das Einkommen, das dem Pflichtigen verbleibt.
4. Wiederheirat
Erstaunlicherweise wendet der BGH im Rahmen des § 1615l BGB aus dem Recht des Geschiedenenunterhalts sogar die Vorschrift des § 1586 Abs. 1 BGB an: So wie die geschiedene Mutter ihren Unterhaltsanspruch verliert, wenn sie einen anderen heiratet, so auch die Mutter eines nichtehelichen Kindes, für die das im Gesetz an sich nicht vorgesehen ist.
Das ist nicht leicht zu begründen. Der BGH nimmt eine "unbewusste Regelungslücke" an. Die Annahme einer solchen Lücke muss unterstellen, dass sich der Gesetzgeber im Jahr 2007, al...