1. Sachverhalt
Die Parteien heirateten 1977 und schlossen einen Ehevertrag, in dem sie wechselseitig den Versorgungsausgleich ausschlossen und auf jegliche Unterhaltsansprüche verzichteten. Der gesetzliche Güterstand wurde nicht modifiziert. Die Ehefrau war seit 1973 vollschichtig als Stationsschwester in einem evangelischen Krankenhaus beschäftigt. Der Ehemann war bei Eheschließung noch Jurastudent, trat jedoch nach absolviertem Staatsexamen in den Staatsdienst ein, in dem er es bis zum Ministerialrat der Besoldungsstufe B2 brachte. Ein konkreter Kinderwunsch bestand zum Zeitpunkt der Eheschließung offenbar nicht. Aus der Ehe sind zwei 1979 und 1982 geborene Kinder hervorgegangen. Die Ehefrau reduzierte nach der Geburt des zweiten Kindes ihre Berufstätigkeit auf eine Halbtagstätigkeit als einfache Krankenschwester und versorgte Haushalt und Kinder im Wesentlichen allein. Sie übte ihre Teilzeitbeschäftigung bis zu einer Erkrankung 2007 weiter aus. Seit 2008 erhält sie eine Erwerbsminderungsrente der Deutschen Rentenversicherung und der Evangelischen Zusatzversorgungskasse. 2005 trennten sich die Parteien, 2009 wurde die Ehe geschieden. Aus dem Erlös des Familienheims erhielt die Ehefrau 76.000 EUR, im Rahmen der güterrechtlichen Auseinandersetzung 12.500 EUR. Außerdem erbte die Ehefrau nach der Trennung 5000 EUR. Das Familiengericht führte einen eingeschränkten Versorgungsausgleich zum Ausgleich ehebedingter Nachteile durch, so dass monatliche Rentenanwartschaften zugunsten der Ehefrau und zu Lasten der Beamtenversorgung des Ehemanns von 417,98 EUR monatlich begründet wurden. Der Antrag der Ehefrau auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt in Höhe von monatlich 919 EUR blieb erfolglos. Gegen die Entscheidung zum Unterhalt, nicht jedoch zum Versorgungsausgleich legte die Ehefrau Berufung ein, aufgrund derer das OLG einen Unterhaltsanspruch in Höhe von 313 EUR monatlich zusprach. Die Revision des Ehemanns führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.
2. Entscheidung
Der BGH unterzieht, wie es ständiger Rechtsprechung nach der grundlegenden Entscheidung vom 11.2.2004 entspricht, den streitigen Ehevertrag einer zweistufigen Inhaltskontrolle. Zunächst wird im Rahmen einer Wirksamkeitskontrolle überprüft, ob der Ehevertrag bereits zum Zeitpunkt seines Abschlusses zu einer derart einseitigen Lastenverteilung führt, dass er wegen Verstoßes gegen § 138 Abs. 1 BGB ganz oder teilweise nichtig ist, so dass die gesetzlichen Scheidungsfolgen eingreifen. Erforderlich ist dabei eine Gesamtwürdigung der Umstände. Objektiv sind der Vertragsinhalt, die individuellen Verhältnisse bei Vertragsabschluss sowie der geplante oder bereits verwirklichte Zuschnitt der Ehe zu berücksichtigen. Der Vertragsinhalt wird vom BGH in ständiger Rechtsprechung danach beurteilt, ob Rechte aus dem Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts abbedungen wurden. Subjektiv sind die von den Parteien verfolgten Zwecke und Beweggründe zu berücksichtigen.
Der BGH erachtet den streitigen Ehevertrag als wirksam. Zwar greife der Vertrag mit einem vollständigen Ausschluss des Versorgungsausgleichs und des Unterhalts tief in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts ein. Jedoch betont der BGH die "umfassende Freiheit bei der inhaltlichen Gestaltung von Eheverträgen" und erachtet den Ausschluss des Betreuungsunterhalts bei Fehlen eines Kinderwunsches, aber auch bei der Doppelverdienerehe jüngerer Ehegatten, die eine spätere Familiengründung für möglich halten, aber noch nicht konkret geplant haben, für möglich. Zeichnet sich bei Vertragsschluss noch keine Tendenz zur Alleinverdienerehe ab, ist der Ausschluss des Unterhalts nach § 1570 BGB nicht sittenwidrig, sondern gegebenenfalls über eine Ausübungskontrolle zu korrigieren. Im vorliegenden Fall hätten die Parteien bei Vertragsschluss noch nicht konkret geplant, dass die Ehefrau bei der Geburt eines Kindes ihre Berufstätigkeit beenden solle.
Auch der Verzicht auf Alters- und Krankenunterhalt und Versorgungsausgleich sei für sich genommen nicht sittenwidrig, wenn zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht absehbar ist, wann und unter welchen Umständen der Ehegatte unterhaltsbedürftig werden wird. Vorliegend sei bei Vertragsschluss nicht vorhersehbar gewesen, dass die Ehefrau zukünftig keine ausreichende Vorsorge für Alter und Krankheit mehr werde treffen können.
Selbst wenn die getroffenen Einzelregelungen eines Ehevertrages die Sittenwidrigkeit nicht rechtfertigen, kann sich jedoch, so der BGH, die Sittenwidrigkeit aus einer Gesamtbetrachtung des Ehevertrages ergeben, wenn das Zusammenwirken der Einzelregelungen erkennbar auf eine einseitige Benachteiligung eines Ehegatten abzielt. Auch eine solche Gesamtbetrachtung begründe allerdings vorliegend keine Sittenwidrigkeit des Ehevertrages. Zum einen hätte sich bei kurzer Ehedauer der Ehevertrag zugunsten der damals vollzeitig beschäftigten Ehefrau auswirken können. Andererseits habe der Senat immer wieder betont, dass es keinen Mindestgehalt unverzichtbarer Scheidung...