Einführung
Die für den Betreuungsunterhalt gemäß §§ 1615 l Abs. 2, Abs. 3, 1610 BGB bedarfsbestimmende Lebensstellung der Mutter ist nach h.M. von einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit dem Vater ihres Kindes strikt zu trennen, auch wenn dies der Lebenswirklichkeit widerspricht. Versorgt der nichteheliche Vater das gemeinsame Kind und dessen Mutter, die es mit seinem Einvernehmen in der Lebensgemeinschaft betreut und dadurch (teilweise) an einer Erwerbstätigkeit gehindert ist, kann er die Aufwendungen für die Mutter als vorrangigen Betreuungsunterhalt bei Inanspruchnahme wegen Elternunterhalts geltend machen. Diese Einwendung muss er aber, worauf ihn der BGH in einem Beschluss vom 9.3.2016 hinweist, substanziieren gemäß § 1615 l Abs. 2 BGB zum Umfang der Betreuung, zum Einkommen und Bedarf der Mutter. Zwar hält der BGH mit der h.M. daran fest, dass sich ihr Bedarf ohne Rücksicht auf die verfestigte Partnerschaft nur nach ihrem fortgeschriebenen Einkommen vor der Geburt, hilfsweise nach einem Mindestbedarfssatz bemisst (zu I.1.). Da hierfür der Naturalunterhalt in der Lebensgemeinschaft einzubeziehen ist, erhält deren wirtschaftliche Gestaltung doch Bedeutung für den Betreuungsunterhalt (zu I.2.). Damit stellt sich die Frage, ob mit Rücksicht auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft der Betreuungsunterhalt verbessert (zu II.) oder zumindest verlängert werden kann (zu III.).
I. Einfluss der nichtehelichen Lebensgemeinschaft auf das Unterhaltsmaß nach § 1615 l Abs. 2 BGB?
1. Selbstständige Lebensstellung der Mutter nach §§ 1615 l Abs. 2 u. 3, 1610 Abs. 1 BGB
Der Betreuungsunterhalt ist nach § 1615 l Abs. 3 BGB dem Verwandtenunterhalt zugeordnet. Hierdurch erhält die Mutter unterhaltsrechtlich eine selbstständige Stellung nach § 1610 Abs. 1 BGB gegenüber dem nichtehelichen Vater, da sie mit ihm nicht verwandt ist. Diese normative Selbstständigkeit wird nach h.M. weder durch eine Rückkehr in den elterlichen Haushalt – ggfs. mit Begründung eines Unterhaltanspruchs gegen die Eltern – noch durch eine Lebensgemeinschaft mit dem nichtehelichen Vater aufgehoben. Die Kindesbetreuung bildet bei § 1615 l Abs. 2 BGB ein Surrogat für das sonst von der Mutter erzielbare Erwerbseinkommen. Deshalb richtet sich das Maß des Unterhalts nach dem bisherigen Einkommen der Mutter; soweit sie vor der Geburt noch nicht erwerbstätig war, nach dem Einkommen, das sie hypothetisch aus einer Erwerbstätigkeit erzielen könnte, wenn es nicht durch Geburt und Betreuung zu einem späteren Erwerbsbeginn, z.B. infolge Unterbrechung des Studiums, gekommen wäre. Dabei ist keine Kausalität i.S.d. Bedingungstheorie vorausgesetzt. Es spielt keine Rolle, ob die nichteheliche Mutter wegen anderer Ursachen, z.B. wegen Betreuung weiterer Kinder, an der Erwerbstätigkeit gehindert wäre oder ob das betreuungsbedürftige Kind anderweitig versorgt werden könnte. Die Betreuung muss nicht kausal für die Nichterwerbstätigkeit sein. Lässt sich z.B. bei nicht abgeschlossener Ausbildung der nichtehelichen Mutter eine durch Erwerbstätigkeit geprägte Lebensstellung noch nicht hinreichend feststellen, gilt zwar nach einer Mindermeinung gemäß §§ 1615 l Abs. 3, 1610 Abs. 1 BGB auch gegenüber dem nichtehelichen Vater der von ihren Eltern abgeleitete Maßstab, da deren Unterhalt ihre Lebensstellung bis zum maßgeblichen Zeitpunkt vor der Geburt prägte und damit für ihren Bedarf weiterhin bestimmend sei. Nach h.M. ist aber auch dann, wenn die Mutter noch keine selbstständige wirtschaftliche Position erreicht hat, also noch kein oder nur geringes Einkommen erzielt, ein selbstständiger Mindestmaßstab nach § 1609 Abs. 2 BGB geboten. Der Mindestbedarf wird mit dem notwendigen Eigenbedarf (Selbstbehalt) eines nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen bestimmt, der nach der Düsseldorfer Tabelle 880 EUR beträgt.
2. Nichteheliche Lebensgemeinschaft als prägende wirtschaftliche Situation?
a) Ausgrenzung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft und ihre Kritik
Wegen des fehlenden Verwandtschaftsverhältnisses zwischen den nichtehelichen Eltern und der jederzeitigen Möglichkeit der Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft hält die nun h.M. mit dem BGH daran fest, dass diese – anders als eine Ehe, auch nach Scheidung – die Lebensstellung der nichtehelichen Mutter nicht verändert. Es fehle insoweit an einer nachhaltig gesicherten Rechtsposition im Sinne e...