Entscheidungsstichwort (Thema)
Regelmäßige Arbeitsstätte bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Fahrtkosten
Leitsatz (amtlich)
Werden sämtliche im Zusammenhang mit der Betreuung und Verwaltung eines vermieteten Zweifamilienhauses anfallenden Arbeiten direkt „vor Ort” in bzw. an dem Objekt verrichtet, so stellt der Belegenheitsort des Objektes die regelmäßige Arbeitsstätte des Vermieters dar. Fahrtkosten von seiner Wohnung zu der vermieteten Immobilie sind in diesem Fall nur in der gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG beschränkten Höhe als Werbungskosten abzugsfähig.
Normenkette
EStG 1983 § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4, Abs. 3, § 21 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob die Fahrtkosten zwischen dem Wohnort des Klägers in A. und dem von ihm vermieteten Zweifamilienhaus B. in mit einem Kilometersatz von 0,36 DM pro Entfernungskilometer oder von 0,42 DM für den gefahrenen Kilometer als Werbungskosten abziehbar sind.
Der Kläger hat seinen Wohnsitz in A. Er bezieht als Maschinist Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Außerdem erzielt er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus einem in B. gelegenen Zweifamilienhaus. Beide Wohnungen des Hauses sind an die amerikanischen Streitkräfte vermietet und werden von deren Personal bewohnt. Das Grundstück ist etwa 880 qm groß. Der Kläger fuhr im Streitjahr in zehn Monaten jeweils zweimal monatlich zu dem Anwesen, und zwar in der Regel am Samstag. Im September 1984 fuhr er dreimal, im Oktober 1984 einmal nach B.. Bei seinen Besuchen verrichtet er Gartenarbeiten und kleinere Reparaturen, weil dies – wie er unwidersprochen vorgetragen hat – billiger ist, als die Arbeiten einem Handwerker in Auftrag zu geben. Außerdem vereinnahmt der Kläger an Ort und Stelle die Miete von den Bewohnern und liest den Stromzähler ab, um monatlich auch die Nebenkosten mit den Bewohnern abzurechnen. Sämtliche Unterlagen, die das Mietobjekt betreffen, verwahrt der Kläger in einem Schrank im Keller des Hauses in B.. Das Haus enthält keine weitere Wohnung und keine Übernachtungsmöglichkeit für den Kläger. Er ist jeweils nach Verrichtung der anfallenden Arbeiten wieder zurück nach A. gefahren.
Mit seiner Einkommensteuererklärung 1984 machte der Kläger Fahrtkosten in Höhe von 24 × 275 km × 0,84 DM = 4.939,– DM als Werbungskosten geltend. Der Beklagte erkannte die Kosten demgegenüber nur in Höhe von 0,36 DM pro Kilometer, d. h. in Höhe von 2.117,– DM an.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage, nachdem sein Einspruch insoweit erfolglos geblieben ist. Er trägt vor: Seine Fahrten nach B. hätten in unregelmäßigen Zeitabständen stattgefunden. Dies ergebe sich aus dem Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 4. Mai 1977 V 163/75, Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 1977, 368. Das Finanzgericht Nürnberg habe nämlich 105 Fahrten im Jahr, d. h. monatlich 9 bis 10 Fahrten, als regelmäßig angesehen. Daraus folge, daß 24 Fahrten im Jahr unregelmäßig seien, zumal er nicht ständig in zweiwöchigem Abstand, sondern auch nur einmal oder sogar dreimal im Monat nach B. gefahren sei. Ferner beruft er sich auf das Urteil des FG Köln vom 12. Juni 1986 V K 373/84, EFG 1986, 555.
Der Kläger beantragt,
- die Aufwendungen für 24 Fahrten nach B. in Höhe von 0,42 DM je Kilometer als Werbungskosten zu berücksichtigen;
- hilfsweise, die Revision zuzulassen.
- Ferner beantragt der Kläger, den Grundfreibetrag in verfassungsmäßig gebotener Höhe zu berücksichtigen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Vertreterin des Finanzamts hat in der mündlichen Vehandlung erklärt, daß der Einkommensteuerbescheid im Hinblick auf den Grundfreibetrag vorläufig ist. Der Kläger hat den insoweit geänderten Einkommensteuerbescheid zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
Der Beklagte hat zunächst während des Klageverfahrens seine Auffassung geändert und mit Schriftsatz vom … ausgeführt, daß „nunmehr” Zweifel bestünden, daß die Fahrten ausschließlich durch den Einkunftsbereich des § 21 Einkommensteuergesetz –EStG– veranlaßt gewesen seien. Aufgrund der Sachverhaltserläuterungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung, welche unstreitig geworden sind, hat die Vertreterin des Beklagten erklärt, daß insoweit keine Einwendungen mehr bestehen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Allerdings steht nach dem in der mündlichen Verhandlung unstreitig gewordenen Sachverhalt fest, daß die vom Kläger geltend gemachten Fahrtkosten dem Grunde nach Werbungskosten im Sinne des § 9 EStG sind. Sie sind durch die Vermietung des Hauses in B. veranlaßt. Denn der Kläger fährt dorthin, um die Miete zu kassieren, den Stromzähler abzulesen, die Nebenkosten mit den Bewohnern abzurechnen, sowie um Gartenarbeiten und kleinere Reparaturen zu verrichten. Da das Haus keine Übernachtungsmöglichkeit für den Kläger enthält und auch der Garten allein von den Mietern benutzt wird, sind die Fahrten nach B. ausschließlich durch die Erzielung von Einkünften im Sinne des § 21 EStG veranlaßt. Ein daneben bestehendes privates Interesse ist nicht erkennbar.
Die Fahrtkosten si...