Entscheidungsstichwort (Thema)
Prüfungsanordnung
Leitsatz (redaktionell)
1) Trotz einer Löschung im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit gilt eine GmbH so lange als fortbestehend, wie noch steuerliche Pflichten zu erfüllen sind oder gegen sie ergangene Verwaltungsakte angreift.
2) Bei formellen Mängeln einer Prüfungsanordnung, die zu ihrer Aufhebung oder zur Feststellung der Rechtswidrigkeit bzw. Nichtigkeit führen, ist die Finanzbehörde berechtigt unter Vermeidung des früheren Verfahrensfehlers erneut eine Prüfung anzuordnen.
Normenkette
AO §§ 193, 193 Abs. 1, § 127
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit einer Prüfungsanordnung.
Die Klägerin ist eine GmbH, die 1979 durch den Schriftsetzermeister R I… und den Schriftsetzer R.D…I…gegründet wurde; beide Herren wurden zu Geschäftsführern der Klägerin bestellt. Ende 1991 schied Herr R… I als Geschäftsführer aus, an seiner Stelle wurde H….I zum Geschäftsführer bestellt, der zugleich als weiterer Gesellschafter in die Klägerin eintrat. Die Firma der Klägerin lautete „R I GmbH”. Die Klägerin wurde beim Beklagten ursprünglich unter der Steuernummer … (später …) geführt und durchgängig als Mittelbetrieb eingestuft. Sie gab monatliche Lohnsteuer-Anmeldungen beim Beklagten ab.
Im Rahmen einer für den Zeitraum 1. Januar 1987 bis 31. Dezember 1990 durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung wurde vom Beklagten unter anderem festgestellt, dass die Klägerin einzelnen Arbeitnehmern Zinszuschüsse lohnsteuerfrei gezahlt hatte, obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht vorgelegen hatten. Der Beklagte erließ deshalb gegen die Klägerin einen Haftungs- und Nachforderungsbescheid; den dagegen erhobenen Einspruch wies er durch Einspruchsentscheidung vom 2. Januar 1992 zurück.
Ende 1997 lösten die Herren R…, R…D… und H….I…. die Klägerin auf und gründeten die „I…. OHG”, die den Geschäftsbetrieb der Klägerin mit deren Arbeitnehmern übernahm und ab 1. Dezember 1997 fortführte. Es handelte sich nicht um einen Vorgang nach dem Umwandlungsgesetz. Die Auflösung der Klägerin und die Bestellung der Herren R…D… und H…I zu jeweils einzelvertretungsberechtigten Liquidatoren wurde unter dem 21. November 1997 zwecks Eintragung in das Handelsregister angemeldet. Die OHG hatte ihren Sitz wie zuvor die Klägerin in … in der …. Der Prozessbevollmächtigte, der die Klägerin und die OHG steuerlich beriet, teilte dem Beklagten Ende 1997 mit, dass die OHG die Geschäfte der Klägerin fortführe, worauf dieser der OHG die Steuernummer … erteilte. Die OHG meldete ab Dezember 1997 die Lohnsteuer zuzüglich Nebenabgaben für die Arbeitnehmer beim Beklagten an.
Am 9. März 1998 ordnete der Beklagte unter der Steuernummer der Klägerin eine Lohnsteuer-Außenprüfung für den Zeitraum 1. Januar 1995 bis 28. Februar 1998 an. Die Verfügung ist adressiert an die „Firma R….I…” in der … Straße … in … und ist in dem dort vorhandenen Druckereibetrieb eingegangen, wo sie den Herren R…D und H…. I bekannt wurde. Die vorstehende Adressierung der Prüfungsanordnung wurde weder von ihnen noch vom Prozessbevollmächtigten beanstandet. Die Prüferin begann die Prüfung am 8. April 1998. Ihr wurden für den angeordneten Zeitraum die Aufzeichnungen über den Lohnsteuerabzug zur Verfügung gestellt, die bis November 1997 von der Klägerin und danach von der OHG geführt worden waren.
Nachdem die Prüferin festgestellt hatte, dass die Klägerin in den Jahren 1995 und 1996 einzelnen Arbeitnehmern weiterhin Zinszuschüsse von jeweils 2.000 DM mit den Bezügen für November lohnsteuerfrei ausgezahlt hatte, ordnete der Beklagte eine Erweiterung der Lohnsteuer-Außenprüfung für den Zeitraum 1. Januar 1992 bis 31. Dezember 1994 an. Diese Prüfungsanordnung war wiederum gerichtet an die „Firma R….I…” in der …. Straße … in …. Das in der Lohnsteuerakte befindliche Exemplar dieser Anordnung trägt das Datum 9. März 1998; nach dem Vermerk auf der Rückseite ist die Anordnung am 21. April 1998 durch Übersendung bekannt gegeben worden. Zur Begründung für die Erweiterung führte der Beklagte in der Anordnung aus, dass die Einspruchsentscheidung vom 2. Januar 1992 nicht angewendet worden sei, es sich um Steuerhinterziehung handele und mit Mehrsteuern zu rechnen sei. Auch diese Verfügung blieb unangefochten. Der Prüferin wurden nunmehr die Unterlagen der Klägerin über den Lohnsteuerabzug für den Zeitraum 1992 bis 1994 zur Prüfung vorgelegt. Sie stellte fest, dass die Klägerin in diesem Zeitraum an insgesamt 7 Arbeitnehmer Zinszuschüsse von je 2.000 DM lohnsteuerfrei ausbezahlt hatte.
Die Bericht über die Außenprüfung erging am 19. Juni 1998. Er weist als Arbeitgeber die „R… I…” und als Rechtsform „Kapitalgesellschaft (Gesellschaft mit beschränkter Haftung)”aus. In dem Bericht ist eine Lohnsteuerhaftungsschuld von …,25 DM und eine Lohnsteuernachforderung von …,30 DM jeweils zuzüglich zzgl. Nebenabgaben berechnet. Die Lohnsteuerhaftungsbeträge für die steuerfreien Zinszuschüsse betrugen in dem Erweiterungszeitraum
1992 |
1993 |
1994 |
… DM |
… DM |
… DM |
Wegen der Prüfung...