Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortsetzungsfeststellungsklage gegen Prüfungserweiterung. Bekanntgabefrist für Erweiterungsanordnung. Zulässigkeit der Erweiterung der Prüfung eines Kleinstbetriebes auf einen vierten Prüfungszeitraum. Erweiterung der Prüfungsanordnung auf den Veranlagungszeitraum 1994
Leitsatz (redaktionell)
1. Dehnt das FA die Außenprüfung über den festgelegten Prüfungszeitraum aus, ist eine Fortsetzungsfeststellungsklage gegen die aufgrund rechtzeitig eingelegten Einspruchs nicht bestandskräftige Erweiterungsanordnung zulässig.
2. Umfassen die dem Steuerpflichtigen übersandten vorläufigen Ergebnisse einer Außenprüfung auch ein nicht den Prüfungszeitraum betreffendes Kalenderjahr und wird die Anordnung einer Prüfungserweiterung für dieses Kalenderjahr am Ende der nachfolgenden Schlussbesprechung übergeben und noch an diesem Tag mit den Prüfungshandlungen begonnen, ist die Erweiterungsanordnung angemessene Zeit vor Beginn der Prüfung i.S. des § 197 Abs. 1 AO 1977 bekanntgegeben worden.
3. War im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Erweiterungsanordnung am Ende der Schlussbesprechung mit einer Änderung der Besteuerungsgrundlagen in einer für einen Kleinstbetrieb nicht unerheblichen Höhe zu rechnen, ist die Erweiterung der Außenprüfung auf ein Kalenderjahr vor den drei zusammenhängenden Prüfungszeiträumen zulässig.
Normenkette
AO 1977 § 197 Abs. 1 S. 1; BpO 2000 § 4 Abs. 3; FGO § 100 Abs. 1 S. 4; AO 1977 §§ 193, 171 Abs. 4, § 88
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert beträgt 500,00 Euro.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Erweiterung einer Außenprüfung auf den Veranlagungszeitraum 1994.
Der Kläger betreibt in … ein Café. Er ermittelt den Gewinn durch Bilanzierung nach § 5 EStG.
In demselben Gebäude betreibt die Ehefrau des Klägers eine Friedhofsgärtnerei.
Die Steuererklärungen für 1994 reichten der Kläger und seine mit ihm zusammenveranlagte Ehefrau im März 1996 beim Finanzamt – FA– ein.
Die Einkommensteuer für 1994 wurde mit Einkommensteuerbescheid vom 18.09.1996 auf 0,00 DM festgesetzt. Dabei wurden die vom Kläger erklärten Verluste aus Gewerbebetrieb in Höhe von ./. 38.280,00 DM zugrundegelegt. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Der einheitliche Gewerbesteuermessbetrag wurde mit Bescheid vom 18.09.1996 auf 0,00 DM festgesetzt und erging ebenfalls unter Vorbehalt der Nachprüfung.
Der vortragsfähige Gewerbeverlust nach § 10a GewStG zum 31.12.1994 wurde mit Bescheid vom selben Tag – ebenfalls unter Vorbehalt der Nachprüfung – in Höhe von 33.616,00 DM festgestellt.
Der am 19.03.1996 eingegangenen Umsatzsteuererklärung der Klägers für 1994, die einen verbleibenden Umsatzsteuer-Überschuss von ./. 18.814,08 DM ergab, stimmte das FA mit Mitteilung vom 03.04.1996 zu.
Mit Prüfungsanordnung vom 26.10.1998 ordnete der Beklagte bei dem Kläger eine Außenprüfung an. Danach waren zu prüfen für die Kalenderjahre 1995 bis 1997 Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer und für die Stichtage 31.12.1995 bis 31.12.1997 die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes gem. § 10a GewStG. Als Prüfungsbeginn wurde der 02.11.1998 festgelegt.
Dabei stufte das FA den Betrieb des Klägers aufgrund der einheitlichen Abgrenzungsmerkmale für den 16. Prüfungsturnus zum Stichtag 01.01.1998 (BStBl I 1997 S. 576) als sog. Kleinstbetrieb (Kst) ein.
Die Prüfung begann am 02.11.1998 und wurde danach mit Unterbrechungen fortgesetzt.
Mit Schreiben vom 11.09.2000 übersandte der Prüfer dem Kläger „Vorläufige Prüfungsfeststellungen” und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme. Die vorläufigen Prüfungsfeststellungen betrafen neben den in der Prüfungsanordnung vom 26.10.1998 genannten Kalenderjahren 1995 bis 1997 und Stichtagen 31.12.1995 bis 31.12.1997 auch das Kalenderjahr 1994 und den Stichtag 31.12.1994.
Unter Tz 1.2 „Sachentnahmen” führte der Prüfer in seinen vorläufigen Prüfungsfeststellungen aus, der Kläger habe für die Jahre 1994 bis 1997 überhaupt keine Warenentnahmen berücksichtigt, obwohl in dem Haushalt des Klägers bis zu vier Personen gelebt hätten. Unter Ansatz von Pauschbeträgen gelangte der Prüfer unter Tz 1.2.1 der vorläufigen Prüfungsfeststellungen für 1994 zu einem den Gewinn aus Gewerbebetrieb erhöhenden Entnahmewert von 11.760,00 DM. Wegen der in diesem Entnahmewert enthaltenen Umsatzsteuer von 944,00 DM stellte der Prüfer für die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für 1994 eine Gewinnminderung und für die Umsatzsteuer für 1994 eine Erhöhung der Umsatzsteuerschuld von jeweils 944,00 DM in Aussicht.
Tz 1.3 „Sonstige betriebliche Erträge (Konto 4830)” betraf nur das Kalenderjahr 1994. Dabei ging es um eine Vorsteuerkorrektur in Höhe von 782,61 DM wegen nachträglicher Entgeltminderung in Höhe von 6.000,00 DM aufgrund eines Vergleichsvertrages zwischen den Eheleuten … und der … ...