Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellungsbescheide erster und zweiter Stufe und Auslegung dieser Bescheide bei Treuhandverhältnis an Personengesellschafts-Anteil
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei einer Treuhandschaft an Gesellschaftsanteilen einer Personengesellschaft wird im Feststellungsbescheid erster Stufe entschieden, welchen Gewinn die Gesellschaft erzielt hat und wie dieser Gewinn auf die Gesellschafter (Treuhänder) zu verteilen ist; im Feststellungsbescheid zweiter Stufe wird sodann der Gewinnanteils des Treuhänders auf den oder die Treugeber verteilt.
2. Anders als bei einer verdeckten Treuhandschaft können im Falle eines offenen Treuhandverhältnisses die Feststellungen der ersten und der zweiten Stufe in einem Bescheid zusammengefasst werden; es ist aber nicht ernstlich zweifelhaft, dass das FA auch bei offener Treuhandschaft zwei getrennte Feststellungsbescheide (erster und zweiter Stufe) erlassen darf.
3. Hat der empfangsbevollmächtigte Treuhänder zwei Feststellungserklärungen abgegeben und nicht klargestellt, ob eine verdeckte oder offene Treuhandschaft vorliegt, und hat das FA darauf im Abstand von einem Tag zwei Feststellungsbescheide erlassen, so können diese auch bei tatsächlich offener Treuhandschaft und auch dann als Bescheide erster und zweiter Stufe ausgelegt werden, wenn im "ersten" Bescheid nicht auf das Treuhandverhältnis hingewiesen wurde und der "zweite" Bescheid den Treugebern ihre anteiligen Gewinnanteile ohne Bezugnahme auf den "ersten" Bescheid zurechnet.
Normenkette
AO 1977 § 179 Abs. 2 Sätze 2-3, § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2; EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2; FGO § 69 Abs. 3, 2 S. 2; AO 1977 § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a
Gründe
I.
Die Antragsteller (Ast) sind Ehegatten, die im Streitjahr 1991 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Antragsgegner (das Finanzamt –FA–) erhöhte nach einer Außenprüfung mit Einkommensteuerbescheid vom 18.11.1994 die Einkommensteuer 1991 auf 106.562 DM. Der Änderungsbescheid wurde bestandskräftig. Die dieser Veranlagung zugrunde liegenden Besteuerungsgrundlagen sind unstreitig.
Mit Bescheid vom 17.05.1995 setzte das FA die Einkommensteuer 1991 auf 60.088 DM herab. Die Änderung beruhte auf einem Verlustrücktrag aus dem Jahr 1993. Zurückgetragen wurde ein Verlust in Höhe von 89.910 DM. Mit Bescheid vom 07.08.1995 setzte das FA die Einkommensteuer 1991 aufgrund eines weiteren Verlustrücktrags, dessen spätere Rückgängigmachung unstreitig ist, auf 28.290 DM herab. Mit Bescheid vom 11.03.1999 versagte das FA jeglichen Verlustrücktrag und erhöhte die Einkommensteuer wieder auf 106.562 DM. Den Verlustrücktrag von 89.910 DM machen die Ast im beim Senat anhängigen Hauptsacheverfahren 10 K 1036/01 geltend und begehren insoweit Aussetzung der Vollziehung. Die weitere Herabsetzung der Einkommensteuer 1991 auf 105.484 DM mit Bescheid vom 04.07.2000 beruhte auf der unstreitigen Anwendung des § 53 Einkommensteuergesetz (EStG).
Die Einkommensteuererklärung 1993 reichten die Ast im April 1995 ein. In der Anlage GSE erklärte der Ast folgende gewerbliche Einkünfte:
C. Werbung |
./. 3.598 DM |
A. Partner GbR |
./. 848 DM |
P. KG Treuhänder A-St. |
./. 41.460 DM |
L. GmbH & Co. KG, Treuhänder |
./. 27.423 DM |
Summe der Verluste |
./. 73.329 DM |
In den Einkommensteuerakten 1993 des FA befindet sich eine Mitteilung des Finanzamts A. (FA A) vom 08.11.1994, die den Verlust in Höhe von 41.460 DM aus einer „GbR A. …, P. u. F. – Unterbeteiligungsgesellschaft –” bestätigte. Ferner lag dem zuständigen Beamten eine Mitteilung des FA A vom 07.11.1994 vor, die einen Verlust in Höhe von 124.379 DM aus einer Beteiligung an der Firma P. Ingenieurbüro KG bescheinigte. Diesen Betrag berücksichtigte das FA über die vom Ast erklärten Verluste hinaus und errechnete im Einkommensteuerbescheid 1993 vom 08.05.1995 einen negativen Gesamtbetrag der Einkünfte von 89 910 DM, der zu einer Einkommensteuer 1993 von 0 DM und dem streitigen Verlustrücktrag führte. Im Einkommensteuerbescheid 1993 vom … 11.07.1995 und vom 11.03.1999 wurde die Einkommensteuer 1993 wiederum jeweils mit 0 DM festgesetzt. Im letzten Bescheid ergab sich ohne den Ansatz des Verlustes von 124.379 DM ein positiver Gesamtbetrag der Einkünfte von 34.469 DM.
Den Mitteilungen des FA A lagen zwei Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Verlusten zugrunde. Diese Bescheide ergingen infolge von zwei im Oktober 1994 eingereichten und vom Ast unterschriebenen Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen.
In der ersten Erklärung erklärte der Ast, der als Empfangsbevollmächtigter angegeben war, die Einkünfte der „P. Ingenieurbüro KG”. Mit Bescheid vom 07.11.1994 (Az.: 3../4….) stellte das FA A die Einkünfte wie erklärt mit ./. 160.751 DM fest. Ebenfalls wie erklärt, verteilte das FA A die Einkünfte in Höhe von ./. 124.379 DM auf den Ast als Komplementär und in der restlichen Höhe auf einen Kommanditisten.
In der zweiten Erklärung machte der Ast im Erklärungsformular in der Spalte „Allgemeine Angaben – Bezeichnun...