Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuersatz bei Lieferung von Rinderembryonen
Leitsatz (redaktionell)
Die Lieferung von Rinderembryonen unterliegt dem ermäßigten Umsatzsteuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 4 UStG.
Normenkette
UStG § 12 Abs. 2 Nr. 4
Tatbestand
Streitig ist die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf die Lieferung von Rinderembryonen.
Anlässlich einer USt-Sonderprüfung stellte der Prüfer fest, dass die Klägerin die Verkäufe von Rinderembryonen an Landwirte dem ermäßigten Steuersatz gem. § 12 Abs. 2 Nr. 4 UStG unterworfen hatte. Der Prüfer vertrat unter Hinweis auf Abschn. 163 der UStR die Auffassung, dass insoweit keine unmittelbar der Vatertierhaltung, der Förderung der Tierzucht bzw. der Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht und in der Milchwirtschaft dienende Leistungen vorlägen. Auch eine der künstlichen Tierbesamung dienende Leistung könne nicht angenommen werden, weil die Vorschrift ausdrücklich nur Tierbesamungsleistungen und Tiersamenlieferungen an Tierhalter zur Besamung ihrer Tiere begünstige. Bei der Übertragung von Rinderembryonen sei dieser Besamungsvorgang aber schon abgeschlossen, sodass die Embryonenlieferung eine für sich neu zu beurteilende eigenständige, nicht begünstigte Leistung darstelle. Der Prüfer unterwarf die bisherige mit dem ermäßigten Steuersatz erklärten Umsätze in Höhe von
2003 |
2004 |
2005 |
2006 |
2007 |
63.079,82 EUR |
31.550,23 EUR |
82.838,18 EUR |
85.470,15 EUR |
59.623,42 EUR |
der Besteuerung zum Regelsteuersatz.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tz. 14 des Prüfungsberichts vom 11. April 2008 Bezug genommen.
Entsprechend den Prüfungsfeststellungen erließ der Beklagte am 26. Mai 2008 geänderte USt-Bescheide für die Jahre 2003 bis 2006 und einen erstmaligen Bescheid für 2007.
Zur Begründung ihres Einspruchs verwies die Klägerin auf den Umstand, dass die Lieferung von Rindersperma ebenso wie die Lieferung von lebenden Tieren dem ermäßigten Steuersatz unterliege. Daher müsse auch die Lieferung von Rinderembryonen an Landwirte als Endverbraucher als Zwischenstufe dem begünstigten Steuersatz unterliegen. Ziel der Lieferung von Rindersperma und Rinderembryonen sei die Verbesserung der züchterischen Qualitäten in den Rinderherden. In beiden Fällen solle sowohl die Milchleistung als auch die Fruchtbarkeit und Langlebigkeit der Kühe verbessert und erhöht werden. Die Übertragung der Embryonen erfolge – ebenso wie die Besamung der Tiere – durch Tierärzte und Besamungstechniker. Mehr noch als Rindersperma, das lediglich das Erbgut des Vatertiers weitergebe, vereinige der Embryo die guten, für die Tierzucht und die Milchwirtschaft förderlichen Eigenschaften von Vater- und Muttertier in sich und dürfte damit noch mehr als das reine Sperma der Förderung der Tierzucht i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 4 UStG dienen. Die Tatsache, dass die UStR diesen Vorgang nicht benennen und auch keine Literatur und Rechtsprechung hierzu vorliege, dürfte sich daraus erklären, dass sich die technischen Möglichkeiten in der Tierzucht weiterentwickelt und verfeinert hätten in der Weise, dass es keinen Unterschied mache, ob Sperma oder Embryonen verwendet würden. Gerade Landwirten mit nicht so hochgezüchteten Tieren biete die Lieferung von Embryonen die Möglichkeit, die Qualität ihrer Milchviehherde schnell und nachprüfbar zu verbessern. Die Auskunfts- und Herkunftsnachweise mit beiden Elterneigenschaften seien bei Embryonen noch umfassender und vielfältiger als bei Spermalieferungen. Der Preisunterschiede zwischen einer Spermalieferung (ca. 3 bis 75 EUR) und der Embryonenlieferung (150 bis 2.500 EUR) zeige zudem, dass letztere einen wichtigeren Beitrag zur Förderung der Tierzucht und der Milchleistung leiste.
Der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes stehe auch die Tatsache nicht entgegen, dass das Hauptzollamt J die Lieferung von Rinderembryonen nicht nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V. mit Anlage 2 lfd. Nr. 5 „andere Waren tierischen Ursprungs” als begünstigt besteuert ansehe, da Rindersperma (Zolltarifnummer 0511 10 00) und Rinderembryonen (Zolltarifnummer 0511 99 85) dort nicht genannt seien.
Mit Einspruchsentscheidung vom 10. Juli 2008 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.
Mit der hiergegen erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Sie wiederholt ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren und trägt ergänzend vor, dass Rinderembryonen ausschließlich von Zuchttieren abstammten und nach dem Austragen selbst Zuchttiere i.S. des Tierzuchtgesetzes (TierZG) seien.
Im Anschluss an eine Lohnsteueraußerprüfung erließ der Beklagte aus hier nicht strittigen Gründen am 6. April 2009 geänderte USt-Bescheide für 2006 und 2007 (Bl. 93 ff. GA), die zum Gegenstand des Verfahrens geworden sind.
Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuerbescheide 2003 bis 2005 vom 26. Mai 2008 sowie die Umsatzsteuerbescheide 2006 und 2007 vom 6. April 2009 dahingehend zu ändern, dass die Lieferungen von Rinderembryonen mit dem ermäßigten Steuersatz besteuert werden und dementsprechend die Umsatzsteuer au...