Keine teleologische Erweiterung von § 76 EStG
Die Voraussetzungen des § 76 Satz 1 EStG, unter denen der Anspruch auf Kindergeld ausnahmsweise der Pfändung unterliegt, liegen nicht vor. Die Zwangsvollstreckung erfolgt nicht wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche des Kindes. Die von der Gläubigerin gewünschte teleologische Erweiterung der Vorschrift auf Fälle, in denen die Pfändung des Anspruchs auf Kindergeld wegen solcher Ansprüche erfolgt, die mit dem Unterhalt des Kindes in einem inneren Zusammenhang stehen, ist nicht möglich.
BGH verneint Analogiefähigkeit
In Betracht zu ziehen wäre allenfalls eine entsprechende Anwendung des § 76 Satz 1 EStG für Fälle der vorliegenden Art. Die Voraussetzungen einer Analogie zu der dort genannten Ausnahme werden aber weder dargelegt, noch liegen sie vor. Soweit ersichtlich wird auch von niemandem vertreten, dass die Vorschrift auf derartige Ansprüche analog anzuwenden wäre (vgl. etwa OVG Magdeburg NvWZ-RR 2000, 326).
Keine planwidrige Lücke und vergleichbare Interessenlage
Es spricht schon nichts dafür, dass das Gesetz eine planwidrige Lücke aufweist. Es erscheint ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber übersehen haben könnte, dass es Ansprüche Dritter gibt, die mit dem Unterhalt des Kindes in einem inneren Zusammenhang stehen. Denn solche Ansprüche entstehen regelmäßig in großer Zahl bei der Versorgung eines Kindes. Es fehlt außerdem aus mehreren Gründen an einer vergleichbaren Interessenlage. Die grundsätzliche Unpfändbarkeit des Anspruchs auf Kindergeld dient dazu sicherzustellen, dass dem Kindergeldberechtigten das Geld auch tatsächlich zufließt, damit er ungehindert hierüber zugunsten des Kindes verfügen kann; mittelbar wird damit auch das Kind geschützt, dem das Kindergeld zugutekommen soll (vgl. Felix, in: Kirchhof, EStG, 14. Aufl., § 76 Rn 1). Diese Unpfändbarkeit würde sich jedoch ihrem Sinn zuwider nachteilig für das begünstigte Kind auswirken, wenn dessen gesetzliche Unterhaltsansprüche nicht erfüllt werden und im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden sollen. Deshalb ist wegen dieser Ansprüche die Pfändung möglich, wodurch im Ergebnis das Kindergeld direkt dem Kind zufließen kann. Schließlich ist es außerdem nicht in gleicher Weise wie bei der Qualifizierung als gesetzlicher Unterhaltsanspruch möglich, mit hinreichender Klarheit für das Vollstreckungsverfahren zu bestimmen, wegen welcher sonstigen Ansprüche eine Pfändung zulässig sein sollte.