Leitsatz
1. Das Rechtsmittelsystem der Zwangsvollstreckung bietet nur wenig Raum für eine Feststellungsklage.
2. Es obliegt dem Gläubiger zu entscheiden, welche Vollstreckungsmaßnahmen er einleitet. Dabei muss der Schuldner Unannehmlichkeiten und Einschränkungen hinnehmen, die er durch Zahlung abwenden kann.
AG Brühl, Beschl. v. 14.12.2017 – 23 C 205/17
1 I. Der Fall
Vorpfändungen und Pfändungen
Der Beklagte betrieb und betreibt als Rechtsanwalt gegen den Schuldner Vollstreckungen wegen zu seinen Gunsten bzw. zugunsten von Mandanten titulierten Forderungen, die von dem Kläger nicht freiwillig und zeitnah erfüllt wurden. Im Rahmen der Vollstreckungen wurden Vorpfändungen an Banken und Drittschuldner des Schuldners ausgebracht und Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse (PfÜB) bewirkt.
Schuldner will Immobilienverwaltungskonten geschützt sehen
Der Schuldner verfolgt im Wege einer Feststellungsklage die Auffassung, der Beklagte dürfe nicht in Konten pfänden, die der Schuldner im Rahmen der Bewirtschaftung und Verwaltung seiner Immobilien nutze, weil er damit in schuldnerfremdes Vermögen pfände. Der Beklagte dürfe Vollstreckungen nur in Abstimmung mit der zuständigen Gerichtsvollzieherin (GV) unter Berücksichtigung vorrangiger Gläubiger vornehmen. Der Beklagte dürfe nur in für den Schuldner erträglicher Weise vollstrecken, so dass ihm die Verwaltung seiner Immobilien nicht erschwert werde.
2 II. Die Entscheidung
Feststellungsklage ist unzulässig
Die Klage ist bereits unzulässig. Zwar ist die sachliche Zuständigkeit des AG gegeben, weil das Gericht den Streitwert der Klage nicht höher als mit 5.000,– EUR bewertet. Die Feststellungsklage ist jedoch als solche unzulässig. Gemäß § 256 ZPO kann eine Feststellungsklage erhoben werden, um das Bestehen oder Nichtbestehen eines konkreten Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien verbindlich festzustellen, wenn ein Feststellungsinteresse besteht. Letzteres ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn eine andere Klageart zur Verfügung steht, insbesondere eine Leistungs- oder Gestaltungsklage erhoben werden kann. Die Anträge des Schuldners sind nicht auf die Feststellung eines konkreten Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien gerichtet, sondern begehren die Feststellung allgemeiner Regeln für laufende oder zukünftige Vollstreckungen des Beklagten im eigenen oder fremden Namen gegen den Kläger.
Keine Klärung abstrakt genereller Fragen
Abstrakt generelle Fragen in diesem Sinne können nicht Gegenstand einer zulässigen Feststellungklage sein. Zudem bestünde auch kein Feststellungsinteresse, denn der Kläger kann Einwendungen gegen die Zulässigkeit von Zwangsvollstreckungen, sei es durch die Ausbringung von Vorpfändungen oder die Erwirkung von PfÜB, mit den dafür vorgesehenen Rechtsbehelfen wie der Erinnerung nach § 766 ZPO, der sofortigen Beschwerde nach § 793 ZPO oder auch der Vollstreckungsgegenklage geltend machen; notfalls verbunden mit Anträgen auf einstweilige Einstellung der jeweiligen Vollstreckungsmaßnahme. Es ist gerichtsbekannt, dass der Schuldner von entsprechenden Rechtsbehelfen auch in aller Breite Gebrauch macht, wenn auch in aller Regel erfolglos. Soweit tatsächlich Fremdvermögen verstrickt werden sollte, steht es betroffenen Dritten frei, dagegen mit der Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO vorzugehen.
Begehren ist aber auch unbegründet
Überdies sind die Rechtsauffassungen des Schuldners, die er in gerichtliche Feststellungen überführt sehen will, aber auch unzutreffend, worauf das Gericht den Kläger bereits in einer nahezu unüberschaubaren Zahl von Prozessen und Entscheidungen über vollstreckungsrechtliche Rechtsmittel hingewiesen hat. Dem Beklagten als Gläubiger oder als anwaltlicher Vertreter von Gläubigern des Schuldners steht es frei, gegen den nicht zahlenden Schuldner sämtliche von dem zivilprozessualen Vollstreckungsrecht eröffneten Vollstreckungsmöglichkeiten zu nutzen. Im Rahmen anwaltlicher Mandate kann er sogar dazu verpflichtet sein.
Schuldner muss Unannehmlichkeiten und Einschränkungen hinnehmen
Dabei braucht grundsätzlich keine Rücksicht darauf genommen zu werden, ob Vollstreckungen dem Schuldner genehm sind. Unannehmlichkeiten oder Einschränkungen seiner geschäftlichen Möglichkeiten kann der Schuldner jederzeit dadurch abwenden, dass er seine Schulden tilgt, was der Kläger regelmäßig eben nicht unternimmt. Im Übrigen bestimmen sich Grenzen des Zugriffs auf Vermögenswerte des Schuldners allein nach den Schuldnerschutzvorschriften der ZPO, etwa §§ 850 ff. ZPO oder auch § 845 Abs. 2 ZPO. An der Pfändung von Forderungen ist ein GV abgesehen von der Zustellung von Zahlungsverboten nach der ZPO nicht beteiligt oder zu beteiligen. Zuständiges Vollstreckungsorgan ist das Vollstreckungsgericht. Unter mehreren Gläubigern des Schuldners erlangt der den Vorrang, der zuerst eine Pfändung herbeiführt, ohne dass er auf "langsamere" Gläubiger Rücksicht nehmen müsste. Bei der Forderungspfändung sind etwaig bereits bestehende Pfändungen von dem Drittschuldner vorrangig zu bedienen und bei der abzugebenden Drittschuldnererk...