Silja Maul, Larissa Furtwengler
1. Rechte der Gesellschafter
a) Informations- und Überwachungsrecht
Rz. 84
Jeder Gesellschafter hat ein gem. Art. L 223–26 Abs. 5 C.com. durch den Gesellschaftsvertrag nicht beschränkbares Informationsrecht über die Angelegenheiten der Gesellschaft, das wie folgt ausgestaltet ist:
Rz. 85
Mindestens 15 Tage vor der jährlichen ordentlichen Gesellschafterversammlung müssen gem. Art. L 223–26 Abs. 2, Art. R 223–18 C.com. den Gesellschaftern der Jahresabschluss, der Bericht der Geschäftsführung, ggf. der Bericht des Wirtschaftsprüfers sowie die Vorschläge zur Beschlussfassung übersandt werden (siehe hierzu auch Rdn 111). Während des gleichen Zeitraums muss am Sitz der Gesellschaft ein Inventarverzeichnis der Gesellschaft ausgelegt werden und die Gesellschafter können nach Art. L 223–26 Abs. 3 C.com. der Geschäftsführung schriftlich Fragen stellen, welche die Geschäftsführung in der Versammlung beantworten muss. Bei außerordentlichen Gesellschafterversammlungen sind nach Art. R 223–19 C.com. ebenfalls die Beschlussvorschläge und Berichte der Geschäftsführer mindestens 15 Tage vor der Versammlung zu übersenden. Eine Nichtbeachtung dieser Vorschrift ist ein Anfechtungsgrund bzgl. der gefassten Beschlüsse.
Rz. 86
Allgemein ist nach Art. L 223–26 Abs. 4, Art. R 223–15 Abs. 1 Satz 1 C.com. jeder Gesellschafter jederzeit berechtigt, höchstpersönlich am Sitz der Gesellschaft die Jahresabschlüsse, Inventarverzeichnisse, Berichte der Geschäftsführung sowie die Protokolle der Gesellschafterversammlungen der zurückliegenden drei Geschäftsjahre einzusehen und hiervon (mit Ausnahme der Inventarverzeichnisse) Kopien zu machen. Jeder Gesellschafter kann nach Art. R 223–14 C.com. jederzeit eine beglaubigte Abschrift des Gesellschaftsvertrags in der aktuellen Fassung verlangen.
Rz. 87
Jeder Gesellschafter, der nicht zugleich Geschäftsführer ist, kann nach Art. L 223–36 C.com. zweimal pro Geschäftsjahr an die Geschäftsführung schriftlich Fragen zur Gesellschaftsaktivität richten. Die Fragen sind nach Art. R 223–29 C.com. innerhalb eines Monats zu beantworten und – sofern bestellt – dem Wirtschaftsprüfer zuzuleiten.
Rz. 88
Gesellschafter, die mindestens 10 % des Stammkapitals auf sich vereinigen, können zum Schutz vor pflichtwidrigen Handlungen der Geschäftsführer nach Art. L 223–37 Abs. 1 C.com. die gerichtliche Bestellung eines oder mehrerer Sachverständiger beantragen. Dieser erstattet ein Gutachten, das zugleich die Grundlage für Schadenersatzklagen gegen die Geschäftsführung sein kann.
b) Teilnahmerecht an Gesellschafterversammlungen
Rz. 89
Gesellschafter haben nach Art. L 223–28 Abs. 1 und 4 C.com. ein nicht entziehbares Teilnahmerecht an den Gesellschafterversammlungen, das grundsätzlich nur persönlich ausgeübt werden kann. Vertretung ist nach Art. L 223–28 Abs. 3 C.com. nur zulässig, wenn sie nach dem Gesellschaftsvertrag erlaubt ist.
c) Der Gesellschafterversammlung vorbehaltene Angelegenheiten
Rz. 90
Den Kernbereich der Gesellschaft betreffende Angelegenheiten sind der Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung vorbehalten. Hierzu zählen insbesondere die Genehmigung des Jahresabschlusses, die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern, Satzungsänderungen, Umwandlungsmaßnahmen und die Auflösung der Gesellschaft.
d) Gewinnbezugsrecht
Rz. 91
Nach Art. 1843–2 C.civ. sind die Gesellschafter entsprechend ihren Anteilen am Unternehmensgewinn beteiligt. Über die Gewinnverwendung entscheidet die Gesellschafterversammlung.
2. Pflichten der Gesellschafter
Rz. 92
Die grundlegende Verpflichtung der Gesellschafter besteht zunächst in der Erbringung der übernommenen Stammeinlage. Spiegelbildlich zum Anspruch der Gesellschafter auf anteilige Ausschüttung des Unternehmensgewinns sind die Gesellschafter zur Tragung der Verluste entsprechend der Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags oder, in Ermangelung solcher Regelungen, im Verhältnis der von ihnen übernommenen Stammeinlagen verpflichtet.
3. Haftung der Gesellschafter
Rz. 93
Die Haftung der Gesellschafter für Gesellschaftsverbindlichkeiten ist nach Art. L 223–1 Abs. 1 C.com. auf die übernommene Einlage beschränkt. Eine weiter gehende Haftung kommt nur in Betracht, wenn hierfür ein besonderer Rechtsgrund gegeben ist, z.B. wenn der Gesellschafter eine Bürgschaft für Verbindlichkeiten der Gesellschaft übernommen hat oder wenn Sacheinlagen überbewertet wurden (siehe hierzu Rdn 58).