Leitsatz (amtlich)
1. Den Eintritt der Duldungsfiktion gemäß § 69 Abs. 2 Satz 1 AuslG in der 1. Variante strikt auf den Fall des erstmaligen Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung zu begrenzen, begegnet Zweifeln.
2. Es ist nicht der Sache nach ausgeschlossen, dass ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis einen (fiktiv) geduldeten Aufenthalt herbeiführt, der seinerseits nach materiellem Recht Voraussetzung für den Erfolg des Antrags ist.
3. Ein Fall besonderer Härte im Sinne von § 17 Abs. 2 Nr. 3 2. Halbsatz AuslG kommt in Betracht, wenn der seit langem im Bundesgebiet lebende Ausländer, zu dem der Ehegatte nachziehen will, wegen Erwerbsunfähigkeit nicht in der Lage ist, den Lebensunterhalt des Ehegatten allein zu sichern.
Verfahrensgang
VG Hamburg (Beschluss vom 21.01.2002) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 21. Januar 2002 geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 17. August 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Oktober 2001 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1000,– Euro festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Ablehnung seines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für den Ehegattennachzug.
Der Antragsteller ist ein im April 1961 geborener kroatischer Staatsangehöriger. Nach einer ersten Tätigkeit als Werkvertragsarbeitnehmer in München im Jahre 1997 reiste er am 29. Juli 1999 im Besitz eines Visums für eine Arbeitsaufnahme als Werkvertragsarbeitnehmer für die Firma Ingra Lias-Mont (Bauvorhaben Multiplex Cinemax in Hamburg-Harburg) erneut in das Bundesgebiet ein. Das Bezirksamt Hamburg-Mitte der Antragsgegnerin erteilte ihm am 26. August 1999 eine bis zum 4. Juni 2000 gültige Aufenthaltsbewilligung mit der Auflage: „Die Aufenthaltsgenehmigung erlischt mit Beendigung der Tätigkeit im Rahmen des Werkvertrages zwischen der Firma Ingra Lias-Mont und der Firma *. Eine andere Arbeitsaufnahme oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ist nicht gestattet. Bauvorhaben: Siehe Erteilung der Arbeitserlaubnis des Arbeitsamtes.”
Am 3. März 2000 heiratete der Antragsteller in Hamburg eine im Mai 1948 geborene kroatische Staatsangehörige. Sie ist nach einem langjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis. In ihrem Haushalt lebt ihr im Januar 1981 geborener Sohn. Seit 1992 erhält sie eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Der Antragsteller beantragte am 8. Mai 2000 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Führen der ehelichen Lebensgemeinschaft in Hamburg. Das Bezirksamt Eimsbüttel der Antragsgegnerin stellte ihm am gleichen Tag eine bis zum 7. August 2000 gültige Bescheinigung nach § 69 Abs. 3 AuslG aus, die bis zum 6. November 2000 verlängert wurde.
Die Antragsgegnerin lehnte den Antrag mit Verfügung vom 17. August 2000 ab und drohte die Abschiebung nach Kroatien für den Fall an, dass der Antragsteller nicht bis zum 30. Oktober 2000 ausgereist sein sollte. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2001 zurück. Die Antragsgegnerin führte zum Sachverhalt aus, eine Nachfrage bei der Firma Ingra Lias-Mont habe ergeben, dass der Antragsteller dort nur bis November 1999 gearbeitet habe. Die Versagung der Aufenthaltserlaubnis nach § 18 Abs. 2 AuslG begründete sie wie folgt: Es sei nicht sicher, dass die Ehe wirksam sei, da der Antragsteller gegenüber dem Standesamt als Vorehe nur die Ehe mit Frau Cicek, nicht aber die weitere Ehe mit Frau Pantaler angegeben habe, die nach den Angaben in dem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung vom 9. Juni 1997 am 14. Juli 1995 geschlossen worden sei. Jedenfalls stehe gemäß § 17 Abs. 2 AuslG der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis der Umstand entgegen, dass die Ehefrau nicht in der Lage sei, den Lebensunterhalt für sich und den Antragsteller dauerhaft zu sichern; zur Zeit bestehe eine Unterdeckung von 455,71 DM. Hinzu komme der illegale Verbleib des Antragstellers im Bundesgebiet (§ 17 Abs. 5 AuslG). Dessen Aufenthaltsbewilligung sei mit der Beendigung der Arbeitstätigkeit für die Firma Ingra Lias-Mont im November 1999 erloschen gewesen. Der Antragsteller hat am 30. Oktober 2001 Klage erhoben und mit Antragschrift vom 12. Dezember 2001 vorläufigen Rechtsschutz beantragt. Er hat vorgebracht: Die Ehefrau habe im Juli 2001 ihre Einbürgerung beantragt; mit einer positiven Entscheidung könne innerhalb der nächsten drei Monate gerechnet werden. Aus der in Kürze nachzureichenden Erklärung eines Handwerksbetriebs werde sich ergeben, dass der Antragsteller ein Arbeitseinkommen erzielen könne, das ausreiche, den Bedarf der Eheleute allein zu decken. – Eine Eheschließung mit einer Frau Pantaler habe es nicht gegeben. Eine dahin gehende Erklärung sei von ihm selbst niemals abgegeben worden.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschlu...