Entscheidungsstichwort (Thema)
Veränderungssperre zur Sicherung der geplanten Beschränkung von Bordellansiedlungen. Bebauungsplan. Bordell. Gewerbegebiet. Gliederung. Industriegebiet. Städtebauliches Ziel. Vergnügungsstätte. Veränderungssperre. Wohnen. bordellartiger Betrieb. Veränderungssperre für das Gebiet „Im Kraicher Ahl”, Limburg-Offheim
Leitsatz (amtlich)
Wenn Prostituierte sich ganztägig in einem Bordell aufhalten, muss dies nicht bedeuten, dass sie dort wohnen. Für das Wohnen im bauordnungsrechtlichen wie im bauplanungsrechtlichen Sinn ist eine auf Dauer angelegte Haushaltsführung kennzeichnend. Hiervon ist die Unterbringung in einer Unterkunft zu unterscheiden.
Das städtebauliche Ziel, in einem Planbereich die bisherige hochwertige Gebietsstruktur zu erhalten und zu stärken, indem das Gebiet weiterhin vor allem dem produzierenden und verarbeitenden Gewerbe vorbehalten bleibt, kann mit dem Instrumentarium bauplanerischer Festsetzungen erreicht werden.
Grundsätzlich ist es möglich, die Nutzungsstruktur eines bereits bebauten Gebietes durch bauplanerische Festsetzungen in städtebaulich relevanter Weise günstig zu beeinflussen.
Der vollständige Ausschluss von Vergnügungsstätten im Gewerbegebiet und der vollständige Ausschluss von Bordellen und bordellartigen Betrieben im Industrie- und Gewerbegebiet kann im Wege der Gliederung der jeweiligen Gebiete (bezüglich der Vergnügungsstätten gemäß § 1 Abs. 5 BauNVO, im Übrigen gemäß § 1 Abs. 9 BauNVO) erreicht werden.
Ein solches Ziel, das mit dem genannten bauplanerischen Instrumentarium gesichert werden kann, ist auch durch eine Veränderungssperre sicherungsfähig.
Normenkette
BauGB §§ 1, 14; BauNVO § 1 Abs. 5, 9; VwGO § 47
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist im Kostenausspruch vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin darf die Vollstreckung jedoch durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, sofern nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung in entsprechender Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Antragstellerin ist Mieterin des Gebäudes A-Straße in Limburg-Offheim. Das Gebäude ist als …zentrum genehmigt; es dient nach den Bauvorlagen der Erholung und ist mit Schwimmbad, Sauna, Whirlpool, Massagebereich und Solarium ausgestattet. Das Grundstück liegt in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Gewerbegebiet. In dem hier maßgeblichen Bereich bestand seit dem 26.03.1980 ein rechtskräftiger Bebauungsplan. Dieser setzte im Wesentlichen für eine östliche Teilfläche Industriegebiet und im Übrigen Gewerbegebiet fest. Die erste Änderung dieses Bebauungsplans trat am 31.01.1985 in Kraft. Durch diesen Änderungsplan wurde das Maß der zulässigen baulichen Nutzung verändert und ein Teil des ursprünglichen Gewerbegebietes zusätzlich als Industriegebiet festgesetzt; außerdem wurde eine Fläche für Versorgungsanlagen vorgesehen. Ab April 1986 wurde ein Verfahren zur zweiten Änderung des Bebauungsplans durchgeführt. Ziel dieses Änderungsverfahrens war eine Reduzierung der zuvor festgesetzten Baumassenzahl und die Umwidmung einer Fläche für Versorgungsanlagen in Gewerbegebiet. Der Satzungsbeschluss vom 04.09.1990 wurde nicht beim Regierungspräsidium in Gießen angezeigt und auch nicht öffentlich bekannt gemacht, da bei der Zusammenstellung der Unterlagen ein Formfehler festgestellt worden war. Dieser Formfehler wurde jedoch auch nicht beseitigt.
Am 30.06.1999 beantragte der Eigentümer der Liegenschaft A-Straße die Genehmigung der Nutzung des …zentrums zur Prostitution. Diesen Antrag lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 03.12.1999 unter Hinweis auf § 180a StGB ab. Im Hinblick auf das Außerkrafttreten dieser Strafvorschrift am 01.01.2002 gestattete die Antragstellerin in ihren Räumen die Ausübung der Prostitution. Diese Nutzung untersagte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 20.02.2002 und ordnete die sofortige Vollziehung an. Auf Antrag der Antragstellerin stellte das Verwaltungsgericht Wiesbaden die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin wieder her. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin hob der Hessische Verwaltungsgerichtshof die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf und lehnte den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Wiederspruchs gegen die Nutzungsuntersagungsverfügung ab. Mit weiterer Verfügung vom 31.10.2002 untersagte die Antragsgegnerin der Antragstellerin auch die Nutzung des Anwesens als Pärchen- und Swingerclub und ordnete die sofortige Vollziehung an. Der hiergegen gerichtete Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes blieb in beiden Instanzen ohne Erfolg (Beschluss des Hess. VGH vom 16.10.2003 – 4 TG 2224/03 –).
Am 04.04.2002 beantragte die Antragstellerin für die Liegenschaft die Genehmigung zur Nutzung als privaten Saunaclub mit gewerblicher Zimmervermietung und Duldung eventueller Prostitution. Daraufhin beschloss die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin am 27.05.2...