Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen eines Anspruchs des Arbeitnehmers auf Zahlung von Boni
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat der Arbeitgeber wiederholt Bonuszahlungen geleistet und dabei wiederholt auf die Gründe der Zahlung, nämlich die guten Leistungen des Arbeitnehmers und das Unternehmensergebnis abgestellt, so kann der Arbeitnehmer aufgrund der Wiederholung im Folgejahr die Zahlung des Arbeitgebers so verstehen, dass er auch in den künftigen Jahren einen Bonus bekommen werde, wenn die genannten Kriterien erfüllt sein würden.
2. Diesem Anspruch steht ein arbeitsvertraglich formulierter Freiwilligkeitsvorbehalt nicht entgegen, wenn dieser einen Freiwilligkeits- und einen Widerrufsvorbehalt kombiniert und deshalb schon wegen Intransparenz gegen § 307 Abs. 1 S. 2 BGB verstößt. Darüber hinaus benachteiligt ein weit gefasster Freiwilligkeitsvorbehalt den Arbeitnehmer unangemessen i.S. von § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Orientierungssatz
Entstehen eines Bonusanspruchs: Kläger konnte aus einem tatsächlichen Verhalten des Arbeitgebers auf ein Angebot schließen, das er gemäß § 151 BGB durch schlüssiges Verhalten angenommen hat. Ein Anspruch aus betrieblicher Übung schied aus, da es sich um einen Einzelfall handelte.
In Streit standen ferner Schadensersatzansprüche des Arbeitgebers wegen der von ihm in Auftrag gegebenen Wiederherstellung der Festplatte bzw. Datensicherung des vom Arbeitnehmer genutzten Firmenlaptops sowie Auskunftsansprüche des Arbeitgebers wegen Verstoßes des Arbeitnehmers gegen § 17 Abs. 2 UWG.
Normenkette
BGB §§ 611, 151, 280, 249, 242, 1004, 823; UWG § 17
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 06.12.2012; Aktenzeichen 10 Ca 1122/11) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers und der Berufungsbeklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 06. Dezember 2012 - 10 Sa 1122/11 - teilweise abgeändert und im Umfang der Abänderung wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 35.000,00 EUR (in Worten: Fünfunddreißigtausend und 0/100 Euro) brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08. Dezember 2011 zu zahlen. Im übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Auf die Widerklage der Beklagten wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte 2.163,00 EUR (in Worten: Zweitausendeinhundertdreiundsechzig und 0/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. Juni 2012 sowie weitere 5.592,65 EUR (in Worten: Fünftausendfünfhundertzweiundneunzig und 65/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. April 2012 zu zahlen. Die Widerklage wird hinsichtlich der geltend gemachten weitergehenden Zahlungsansprüche und der Auskunftsansprüche abgewiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten nach vorangegangenem Teilurteil der Berufungskammer noch über die vom Kläger begehrte Bonuszahlung für das Geschäftsjahr 2010/2011 und über - im Wege der Widerklage - geltend gemachte Schadensersatzforderungen sowie weitere Auskunftsansprüche der Beklagten.
Die Beklagte ist ein Personalberatungsunternehmen, das im wesentlichen Mitarbeiter für Finanzdienstleister sucht. Der Kläger war für sie vom 1. April 2001 bis zum 31. Mai 2011 auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 31. März 2003 (Bl. 7-14 d.A.) als Personalberater tätig. Neben der vertraglich vereinbarten Vergütung von zuletzt € 3.930,00 brutto und erfolgsabhängiger Provision gemäß § 4 des Arbeitsvertrages zahlte die Beklagte an den Kläger Boni, die sich für das Geschäftsjahr 2007/2008 auf € 40.000,00, für das Geschäftsjahr 2008/2009 auf € 35.000,00 und für das Geschäftsjahr 2009/2010 auf € 15.000,00 beliefen. In Begleitschreiben der Beklagten an den Kläger vom 18. März 2008 betreffend den Bonus für das Geschäftsjahr 2007/2008 und vom 23. März 2009 betreffend den Bonus für das Geschäftsjahr 2008/2009 (Bl. 31, 32 d.A.) heißt:
"Sehr geehrter Herr A,
aufgrund Ihrer guten Leistungen und des Unternehmensergebnisses erhalten Sie mit Ablauf des Geschäftsjahres 2007/2008 [2008/2009] einen Sonderbonus in Höhe von
Euro 40.000,00 [Euro 35.000,00].
Ich danke Ihnen vielmals für Ihr Engagement im abgelaufenen Geschäftsjahr und freue mich auf die weitere Zusammenarbeit..."
Im Anstellungsvertrag der Parteien vom 31. März 2003 heißt es in § 4 auszugsweise:
"Über die oben beschriebenen Leistungen hinaus erfolgte Sonderzuwendungen aller Art (z.B. Gratifikationen, Boni, Tantiemen und ähnliches begründen, auch wenn die Zahlung wiederholt ohne ausdrücklichen Vorbehalt der Freiwilligkeit gewährt werden, weder dem Grunde noch der Höhe nach einen Rechtsanspruch gegen die Arbeitgeberin. Die Zahlungen von Sonderzuwendungen stehen ausschließlich in freiem Ermessen der Arbeitsgeberin und sind jederzeit frei widerruflich."
Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete aufgrund eigener Kündigung des Klägers Ende März 2011, der danach zu einem Konkurrenten der...