Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung übertariflicher Vergütungsbestandteile auf Tariflohnerhöhung. Verfall. Verjährung
Leitsatz (amtlich)
Der Arbeitgeber hat, nachdem er mit dem Betriebsrat über eine zunächst beabsichtigte teilweise Anrechnung übertariflicher Vergütungsbestandteile erzielt hat, davon Abstand genommen und ohne Beteiligung vollständig angerechnet
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10; BGB §§ 194, 196 Abs. 1 Nr. 8, §§ 201, 209, 222
Verfahrensgang
ArbG Offenbach am Main (Urteil vom 02.09.1996; Aktenzeichen 6 Ca 9/96) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts in Offenbach vom 2. September 1996 – 6 Ca 9/96 – wird auf Kosten des Berufungsklägers zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten vor dem rechtlichen Hintergrund der Frage der rechtmäßigen Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf übertarifliche Vergütungsbestandteile um Vergütungsansprüche des Klägers gegen die Beklagte.
Der am 03. Februar 1961 geborene Kläger war aufgrund des Arbeitsvertrags vom 21. September 1989 (AV, Bl. 81 u. 82 d. A.) seit dem 01. Oktober 1989 als Sachbearbeiter bei dem Unternehmen H. S. GmbH in dessen Betrieb in D. und nach der Übernahme des Betriebes bei dem Unternehmen T. H. L. GmbH K. beschäftigt. Dieser Betrieb wurde im April 1995 von der Beklagten übernommen. Die Beklagte ist ein Tochterunternehmen der T. H. L. GmbH, diese wiederum der T. H. AG. Sie unterhält mit der T. H. S. F. GmbH einen gemeinsamen Betrieb. Dort waren Mitte 1993 etwa 150, Mitte 1994 noch etwa 130 Mitarbeiter beschäftigt. Der Kläger erhielt Vergütung nach der tariflichen Vergütungsgruppe K-3 zuzüglich einer übertariflichen Zulage, ferner ein 13. Monatsgehalt, seit dem Monat September 1994 bekommt er Vergütung nach Vergütungsgruppe K-4. Er ist Mitglied der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), die T. H. L. GmbH K. war und die Beklagte ist Mitglied der Vereinigung des Verkehrsgewerbes in Hessen e.V.. Diese Verbände schlossen u. a. die Gehaltstarifverträge vom 07. Mai 1993, gültig ab dem 01. Juni 1993 (Gehaltstabelle 23 d. A.) und vom 11. Mai 1994, gültig ab dem 01. Juni 1994, ferner den Manteltarifvertrag für die kaufmännischen und technischen Angestellten des privaten Transport- und Verkehrsgewerbes in Hessen vom 07. Mai 1993. Letzterer Tarifvertrag lautet, soweit hier von Bedeutung:
„…
§9
Gehalt
1. Die Arbeitnehmer/innen haben Anspruch auf die im Gehaltstarif vertrag festgelegten Gehälter.
2. Die vereinbarten Gehälter sind Mindestgehälter und unabdingbar.
3. Die Arbeitnehmer/innen sind entsprechend ihrer Tätigkeit nach den in dem Gehaltstarifvertrag festgelegten Tätigkeitsmerkmalen in die entsprechende Gehaltsgruppe einzureihen.
4. Wird Arbeitnehmer/innen vorübergehend, jedoch für länger als zwei Monate ununterbrochen eine Tätigkeit verantwortlich übertragen, die den Merkmalen einer höheren Gehaltsgruppe entspricht (z. B. bei Vertretungen), erhalten sie ab Beginn des zweiten Monats für die Dauer der Übertragung der höherwertigen Tätigkeit den Unterschiedsbetrag zwischen ihrem Gehalt und dem der höheren Gehaltsgruppe. Der Zeitraum von zwei Monaten gilt auch dann als eingehalten, wenn Unterbrechungen von weniger als vierzehn Tagen eingetreten sind.
5. Bei Ereignissen, die aufgrund des Manteltarifvertrages oder des Gehaltstarifvertrages eine Erhöhung des Gehaltes bedingen, tritt die Änderung am Ersten des Monats ein, in den das Ereignis fällt.
6. Die Gehaltszahlung erfolgt spätestens am letzten Arbeitstag des ablaufenden Monats.
7. Der Gehaltszahlung ist eine schriftliche Abrechnung beizufügen, aus der Bezüge und die Abzüge ersichtlich sind.
…
§18
Ausschlußfristen
1. Arbeitnehmer/innen sind zur sofortigen Nachprüfung ihrer Gehaltsabrechnung und des ausgezahlten Gehaltes verpflichtet. Stimmen die geleisteten Arbeitsstunden mit den der Abrechnung zugrundeliegenden Arbeitsstunden nicht überein, hat er seine Ansprüche innerhalb von zwei Monaten nach Entstehen des Anspruchs geltend zu machen.
2. Alle sonstigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis müssen sowohl vom Arbeitgeber als auch vom Arbeitnehmer innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Entstehen des Anspruchs geltend gemacht werden.
…
5. Ansprüche, die nicht vor Ablauf der vorstehenden Fristen schriftlich geltend gemacht worden sind, sind ausgeschlossen.
…
§20
Schlußbestimmungen
- Dieser Tarifvertrag tritt am 01. Januar 1993 in Kraft.
- Er kann mit einer Frist von drei Monaten, frühestens jedoch zum 31. Dezember 1996, schriftlich gekündigt werden.”
Wegen der nach Meinung der Unternehmensleitungen der Mutterunternehmen unbefriedigenden Gewinnsituation beschlossen diese im März 1993, die nächste Tariflohnerhöhung nicht vollständig an die Angestellten der Unternehmen und Tochterunternehmen weiterzugeben. Entsprechend richtete auch die Beklagte unter dem 26. Mai 1993 ein Schreiben an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, das auszugsweise wie folgt lautet:
„… Der Vorstand der T. H. AG sowie die Geschäftsführung der T. H. L. GmbH hatten vor ...