Entscheidungsstichwort (Thema)
Verletzung es allgemeinen Persönlichkeitsrechts eines Trägervereins eines Kindergartens wegen Äußerung des früheren Leiters über die Pflicht zur Teilnahme an Seminaren einer bestimmten Ausrichtung
Leitsatz (redaktionell)
Der frühere Leiter eines Natur- oder Waldkindergartens ist verpflichtet, Äußerungen zu unterlassen, durch die der Eindruck erweckt wird, er sei zur Teilnahme an Seminaren einer bestimmten Erziehungsrichtung gezwungen worden.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1, § 1004; GG Art. 5 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Fulda (Entscheidung vom 07.11.2012; Aktenzeichen 1 Ca 13/12) |
Tenor
Auf die Berufung des klagenden Vereins wird das Urteil des Arbeitsgerichts Fulda vom 07. November 2012 - 1 Ca 13/12 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, gegenüber der Redaktion der HNA, A, die Behauptung zu widerrufen, er (der Beklagte) habe als Kindergartenleiter an zwei B-Seminaren teilnehmen müssen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu 75 %, der Beklagte zu 25 % zu zahlen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von dem Beklagten den Widerruf und die Unterlassung zweier von ihm als ehrverletzend und rufschädigend angesehener Äußerungen.
Der Kläger betrieb als Trägerverein seit 2007 in Rothenburg/Fulda eine Kinderbetreuungseinrichtung. Nach seinem Selbstverständnis des Trägervereins handelte es sich dabei um einen an den natürlichen Interessen des Kindes orientierten Naturkindergarten. Die seinerzeitige Vereinsvorsitzende ist Heilpraktikerin, betrieb am selben Ort eine Praxis und ein Naturheilzentrum, in dem sie auch sog. "B-Seminare" zu den Themen "Geomantie" und "Huna-Lehre" veranstaltete. Die Huna-Lehre ist eine psychologisch-philosophisch geprägte Interpretation einer hawaiianischen Naturreligion. Die verwendeten Seminarunterlagen hatten die Vorsitzende und die damalige Geschäftsführerin des Klägers selbst erstellt. Für die in den Seminaren vermittelten Inhalte wird auf die zur Beiakte genommenen Seminarunterlagen "Geomantie I" und "Geomantie II" Bezug genommen. Im Internet wurde der Kindergarten als erster "keltischer Kindergarten" Deutschlands vorgestellt. Der Beklagte war in dem Kindergarten vom 01.09.2009 bis zum 28.02.2010 zunächst als Erzieher, dann als erzieherischer Leiter beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund Eigenkündigung des Beklagten vom 28.01.2010. Der Beklagte nahm im Oktober 2009 an dem Seminar "Geomantie I" teil, für das Seminar "Geomantie II" war er angemeldet, ist aber vorher erkrankt.
Aufgrund von Elternbeschwerden und durch die kritische Berichterstattung in den Medien über das Geschehen im Kindergarten sah sich das Jugendamt nach eigenen Recherchen veranlasst, mit Bescheid vom 01.04.2010 die dem Kläger erteilte Betriebserlaubnis für den Kindergarten zu widerrufen. Auf die dagegen vom Kläger eingereichte Klage bestätigte das Verwaltungsgericht Kassel mit Urteil vom 24.08.2011 (5 K 484/10.KS, Bl. 178-191 d.A.) die Entscheidung des Jugendamts und wies die Klage ab.
Kurz nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien veröffentlichte die Hessisch Niedersächsische Allgemeine (HNA) in ihrer Ausgabe vom 06.03.2010 sowie im Internet ein mit dem Beklagten und einer weiteren früheren Erzieherin des Kindergartens geführtes Interview. Darin äußerte der Beklagte u.a., er habe seine Stelle im B-Kindergarten gekündigt, weil er sich nicht an ihm anvertrauten Kindern schuldig machen wollte. An anderer Stelle führte er aus: Ich als Leiter des Kindergartens musste an zwei B-Seminaren teilnehmen und dieses Huna-Zeugs lernen. Das sollte ich im Kindergarten anwenden. Für den gesamten Inhalt des Interviews wird auf die zu den Akten gereichte Kopie Bezug genommen (Bl. 8- 9 d.A.).
Der Kläger forderte den Beklagten mit Schreiben vom 29.03.2011 auf, die genannten Äußerungen in dem Zeitungsinterview gegenüber der HNA zu widerrufen und die Äußerungen in Zukunft zu unterlassen, da sie rufschädigend seien und nicht der Wahrheit entsprächen. Nachdem der Beklagte die Abgabe der Erklärung ablehnte, hat der Kläger die vorliegende Klage eingereicht.
Für den weiteren unstreitigen Sachverhalt, das streitige erstinstanzliche Vorbringen der Parteien, ihre geäußerten Rechtsansichten und die vor dem Arbeitsgericht gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils verwiesen (Bl. 274 -276 d.A.).
Das Arbeitsgericht Fulda hat mit Urteil vom 07.11.2012 (1 Ca 13/12) die Klage abgewiesen. In der Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beklagte sich hinsichtlich der Äußerung in dem Zeitungsinterview, er habe dieses "Huna-Zeugs" lernen müssen und habe den Kindergarten verlassen, um Schäden für die betreuten Kinder zu verhindern, zwar einer despektierlichen Wortwahl bedient und eine gegenüber dem Kindergartenkonzept des Klägers ablehnende Haltung zum Ausdruck gebracht habe. Die Äußerung sei jedoch nicht rechtsw...