Dr. Anton Wiedemann, Giulia Novelli
1. Allgemeines
Rz. 45
Die Vorfrage, ob die für die Erbenstellung erforderliche Verwandtschaft oder Ehe besteht, wird selbstständig nach der lex fori angeknüpft. Das internationale Kindschaftsrecht wurde mit der Kindschaftsrechtsreform von 2013 reformiert (Art. 33–36bis it. IPRG). Geändert wurden die Kollisionsnormen der Abstammung sowie die Anknüpfungsregelungen des Kindschaftsverhältnisses.
2. Abstammung
Rz. 46
Die Abstammung wird an das Heimatrecht des Kindes oder, soweit dies für das Kind günstiger ist, an das Heimatrecht eines der Eltern zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes angeknüpft (Art. 33 it. IPRG n.F.; Prinzip des favor filiationis). Gleiches gilt für die Anerkennung eines außerhalb der Ehe geborenen Kindes (Art. 35 it. IPRG n.F.). Ergänzend gilt, wenn anders der Status als Kind nicht erreichbar ist, d.h. eine Feststellung der Abstammung oder eine Anerkennung nicht möglich ist, italienisches Recht (Art. 33 Abs. 2 it. IPRG a.F., Art. 35 it. IPRG n.F.).
Rz. 47
Die Voraussetzungen und Wirkungen der Annahme zwischen Adoptierenden und Adoptierten werden in erster Linie dem Heimatrecht des Adoptierenden bzw. dem gemeinsamen Heimatrecht der mehreren Adoptierenden unterstellt, ersatzweise dem gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt bzw. dem Lebensmittelpunkt. Es gilt allerdings eine wichtige Einschränkung zugunsten des italienischen Rechts, wenn das italienische Gericht über eine Minderjährigenadoption zu entscheiden hat, die dem Adoptierten den Status eines Kindes verleihen soll. Dann sind die Bestimmungen des Gesetzes Nr. 148 von 1983 zu beachten.
Rz. 48
Art. 13 Abs. 3 it. IPRG sieht vor, dass in den Fällen der Abstammung (Art. 33) und Anerkennung eines außerhalb der Ehe geborenen Kindes (Art. 35) der rinvio nur dann zu beachten ist, wenn man dadurch zu einem Recht gelangt, das die Feststellung der Vaterschaft gestattet.
3. Güterrechtsstatut
Rz. 49
Aus italienischer Sicht bestimmt sich für bis zum 28.1.2019 geschlossene Ehen das selbstständig anzuknüpfende Güterrechtsstatut nach Art. 30 it. IPRG, also nach dem für die persönlichen Rechtsbeziehungen geltenden Recht gem. Art. 29 it. IPRG. Anders als im deutschen Recht ist das Güterrechtsstatut nach italienischem Recht bislang wandelbar ausgestaltet. Maßgebend ist für die Ermittlung des Ehegattenerbrechts der Zeitpunkt des Todes des vorverstorbenen Ehegatten. Besitzen die Ehegatten nicht die gleiche Staatsangehörigkeit, ist nach Art. 30 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Art. 29 Abs. 2 it. IPRG das Recht maßgebend, wo der "Schwerpunkt" der ehelichen Lebensgemeinschaft sich befand, d.h. wo das eheliche Leben überwiegend stattfand; dies wird in aller Regel deren gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt sein. Bei einem Statutenwechsel während der Ehezeit nimmt die überwiegende Meinung eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Eheschließung an. Nach Art. 30 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 it. IPRG bestand die Möglichkeit, das Recht des Staates zu wählen, dem mindestens ein Ehegatte angehört oder in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. Das Güterrechtstatut bestimmt auch über Zulässigkeit und Inhalt eines Ehevertrages.
Rz. 50
Für ab 29.1.2019 geschlossene Ehen ist die EuGüVO maßgebend. Entscheidend ist der gewöhnliche Aufenthalt. Es besteht die Möglichkeit, das Recht des Staates zu wählen, dem mindestens ein Ehegatte angehört oder in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat.
Rz. 51
Praxishinweis:
Nach der Entscheidung des EuGH "Mahnkopf" ist entgegen der bisher herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur § 1371 Abs. 1 BGB nun erbrechtlich zu qualifizieren. Auch damit werden freilich Normwidersprüche nicht vermieden, wenn Güterrecht und Erbrecht unterschiedlichen Rechtsordnungen unterliegen und nicht aufeinander abgestimmt sind. Trifft also italienisches Erbstatut mit deutschem Güterstatut zusammen, findet keine Erhöhung der Erbquote des überlebenden Ehegatten nach § 1371 BGB statt. Trifft umgekehrt deutsches Erbstatut mit italienischem Güterstatut – nach Maßgabe von Art. 26 EuGüVO – zusammen, findet eine pauschale Erhöhung der Erbquote des überlebenden Ehega...