1. Grundsatz
Rz. 96
Die Wohnungseigentümergemeinschaft wurde im Jahre 2005 durch ein obiter dictum des BGH als parteifähig anerkannt. Der Gesetzgeber folgte dem im Rahmen der WEG-Reform 2007 mit Neuregelung des § 10 WEG, der weitgehend die selbstständige Teilnahme am Rechtsverkehr zuließ. Durch das WEMoG 2020 wurde die WEG-Gemeinschaft gegenüber den Miteigentümern durch § 9a WEG weiter verselbstständigt und mit § 9b WEG der WEG-Verwalter als gesetzlicher Vertreter etabliert, die WEer-Gemeinschaft ist gleichwohl keine juristische Person, sie ist als Sonderform der Gemeinschaft nach §§ 741 ff. BGB, die ihrerseits keine Rechtsfähigkeit besitzt, als Verband sui generis anzusehen.
Für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft haben die Miteigentümer im Innenverhältnis nach § 16 WEG einzustehen, sie haften aber auch gegenüber Gläubigern nach § 9a Abs. 4 WEG. Die WEG-Gemeinschaft kann selbst Schuldnerin der Zwangsvollstreckung sein, ist selbst aber nicht insolvenzfähig (§ 9a Abs. 5 WEG). Die Rechtsbeziehungen der WEer untereinander regeln sich nach §§ 10 ff. WEG. Eintritt in die WEer-Gemeinschaft und Ausscheiden aus ihr vollziehen sich kraft Gesetzes mit dem Erwerb und Verlust des WE-Rechts. Die §§ 23 ff. WEG regeln die Beschlussfassung der WEG-Gemeinschaft, die §§ 18, 26 ff. WEG regeln die Rechte und Pflichten der WEG-Verwaltung, wobei insbesondere der schwerfällige und kaum verständliche § 27 WEG in der Fassung der WEG-Reform 2007 aufgrund der Annäherung der WEG-Gemeinschaft an eine juristische Person durch das WEMoG 2020 weitgehend entschärft worden ist.
2. Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft
Rz. 97
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer entsteht mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher (§ 9a Abs. 1 S. 2 WEG). Bei der Teilung nach § 8 WEG entsteht dann zumindest vorläufig eine Ein-Personen-Gesellschaft.
Rz. 98
Aus der Ein-Personen-Gesellschaft wird eine "echte" Gesellschaft, wenn mindestens ein WE oder TE veräußert wird. Im Vorfeld des Eigentumserwerbs mit Grundbucheintragung wurde bis 2020 von einer sog. werdenden Eigentümergemeinschaft gesprochen. Diese entstand, wenn ein gültiger Erwerbsvertrag vorlag, der Erwerber die Wohnung in Besitz genommen hat und eine Auflassungsvormerkung für ihn im Grundbuch eingetragen war. Nach Eintragung der Vormerkung für den ersten WE-Erwerber entsprechend § 877 BGB für eine Änderung der Gemeinschaftsordnung war dessen Zustimmung erforderlich. Der in dem Grundbuch als Eigentümer eingetragene Veräußerer haftete nicht gesamtschuldnerisch für die Lasten der Wohnung, wenn der Erwerber als werdender Wohnungseigentümer anzusehen war. Die Rechtsstellung des Erwerbers als werdender Eigentümer ist seit 1.12.2020 in § 8 Abs. 3 WEG geregelt.
3. Gemeinschaftsordnung
Rz. 99
Die Gemeinschaftsordnung beinhaltet alle für das Verhältnis der WEer untereinander (Innenverhältnis) verbindlichen Regelungen für und gegen jeden WEer und Sondernachfolger. Sie wirken kraft Gesetzes, auch wenn ein Miteigentümer sie nicht kennt, an ihnen nicht mitgewirkt, gegen sie gestimmt, sich ihnen nicht rechtsgeschäftlich unterworfen hat oder diese Wirkungen gar nicht will. Sie hat die Wirkung eines "Statuts" wie die Satzung eines Vereins. Dritte erhalten durch sie keinen unmittelbaren Anspruch.
Die Gemeinschaftsordnung wird regelmäßig mit Begründung von WE nach § 3 WEG und insbes. nach § 8 WEG in der sog. Teilungserklärung festgelegt. Eine nachträgliche Änderung der Gemeinschaftsordnung bedarf als Inhaltsänderung der Zustimmung aller Miteigentümer sowie der dinglich Berechtigten am jeweiligen WE (§§ 877, 876 BGB) sowie der Grundbucheintragung. Die Eintragung einer Änderung in das Grundbuch erfolgt auf Bewilligung aller Miteigentümer und dinglich Berechtigter, notarielle Beurkundung ist nicht erforderlich, es genügt die Form des § 29 Abs. 1 S. 1 GBO. Eine Änderung der Gemeinschaftsordnung durch Mehrheitsbeschluss wirkt bestenfalls schuldrechtlich zwischen den zustimmenden Eigentümern, bindet die Eigentümer, die nicht zugestimmt haben, aber nicht; erst recht wirkt sie nicht gegen Rechtsnachfolger. Allerdings gestattet das WEG an vielen Stellen Änderungen der Gemeinschaftsordnung mit qualifizierten Mehrheiten der Eigentümerversammlung, bspw. zur Kostenverteilung nach § 16 Abs. 2 S. 2 WEG oder zu den Kosten einer baulichen Veränderung nach § 21 Abs. 2 WEG
Rz. 100
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