Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 08.11.2006; Aktenzeichen (501) 67 Js 214/06 KLs (10 B/05)) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin vom 8. November 2006 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Landgericht hat auf den Antrag des früheren Pflichtverteidigers (Rechtsanwalt S.) vom 14. März 2006 mit Beschluß vom 8. November 2006 festgestellt, daß der Verurteilte ohne Beeinträchtigung des für ihn und seine Familie notwendigen Unterhalts zur Zahlung der Gebühren eines gewählten Verteidigers in der Lage ist. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Verurteilten bleibt ohne Erfolg.
Die angefochtene Entscheidung ist nach § 52 Abs. 2 RVG nicht zu beanstanden.
Soweit der Beschwerdeführer unter Berufung auf Schneider (AwK-RVG 3. Aufl., Rdn. 31 f. - richtig: Rdn. 33 - zu § 52) der Auffassung ist, der Antrag hätte erst nach der mit Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 28. September 2006 eingetretenen Rechtskraft des Urteils gestellt werden dürfen, übersieht er, daß die von ihm angeführte Vorschrift des § 52 Abs. 5 Satz 1 nur den Eintritt der Verjährung regelt und sich die von ihm zitierte Kommentierung auf § 52 Abs. 1 Satz 1 RVG bezieht. Die Feststellung der Zahlungsfähigkeit (§ 52 Abs. 2 Satz 1 RVG) kann hingegen auch nach Schneider (vgl. a.a.O. Rdn. 48) bereits mit Fälligkeit der Vergütung (§ 8 Abs. 1 RVG) beantragt werden (ebenso Burhoff/Volpert, RVG, Rdn. 29 zu § 52), wie hier nach dem Urteil des Landgerichts vom 28. Februar 2006, mit dem der erste Rechtszug abgeschlossen war.
Das Landgericht hat auch zu Recht die Voraussetzungen für die Feststellung der Zahlungsfähigkeit des Verurteilten angenommen. Der Antrag des früheren Pflichtverteidigers enthält die zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit erforderlichen Mindestangaben. Er hat unwidersprochen behauptet, der Verurteilte sei Eigentümer mehrerer Grundstücke, und ferner angeführt, daß er eine Bootsvermietung betreibe. Demgegenüber ist der Verurteilte der Verpflichtung, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach Maßgabe des § 117 Abs. 2 bis 4 ZPO darzulegen (§ 52 Abs. 3 Satz 1 RVG), innerhalb der ihm durch das Landgericht gesetzten Fristen (zuletzt bis zum 8. September 2006) nicht nachgekommen. Triftige Gründe, die ihn daran ohne sein Verschulden gehindert haben könnten, trägt der Verurteilte - auch mit der Beschwerde - nicht glaubhaft vor. Soweit er sich darauf beruft, daß Unterlagen, mit denen er seine Vermögensverhältnisse belegen könne, angeblich noch beschlagnahmt seien, teilt er nicht mit, um welche Schriftstücke es sich dabei handeln und was sich aus ihnen für die Feststellung seiner derzeitigen Leistungsfähigkeit ergeben soll. Soweit in der Schutzschrift vom 27. Oktober 2006 eher beiläufig von "seinem" Grundstück die Rede ist, fehlt ebenfalls jede weitere Angabe dazu, die Aufschluß über die Leistungsfähigkeit des Verurteilten geben könnte. Derartige Auskünfte enthält auch das Beschwerdevorbringen nicht. Denn der Verurteilte gibt insoweit nur pauschal an, daß er derzeit von Geldbeträgen lebe, "die nicht einmal die Pfändungsfreigrenze erreichen". Nähere Ausführungen zur Höhe und Herkunft dieses Einkommens sowie Belege darüber ist der Verurteilte ebenso schuldig geblieben wie eine hinreichende Darlegung und Glaubhaftmachung seiner Behauptung, aus der Bootsvermietung zur Zeit keine Einkünfte zu beziehen.
Die Ansicht des Beschwerdeführers, seine Vermögensverhältnisse hätten von Amts wegen ermittelt werden müssen, geht fehl. Der Senat kann offen lassen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang das Gericht nach der Neufassung des Gebührenrechts überhaupt noch eine Pflicht zu eigenen Ermittlungen trifft, die in der Rechtsprechung für das (alte) Gebührenrecht angenommen worden ist (vgl. OLG Düsseldorf JB 1985, 1032; OLG Oldenburg NdsRpfl 1962, 216). Denn im Gegensatz zu § 100 Abs. 2 Satz 1 BRAGO, der nur die Anhörung des Verurteilten vorsah, sind ihm nunmehr nach § 52 Abs. 2 Satz 1 RVG Darlegungs- und Nachweispflichten auferlegt, deren Verletzung sogar zur Vermutung seiner Leistungsfähigkeit führt (§ 52 Abs. 3 Satz 2 RVG). Das Landgericht durfte hier jedenfalls von eigenen Nachforschungen absehen, nachdem es der Hinhaltetaktik des Verurteilten zunächst mit großer Nachsicht begegnet war und ihm (fruchtlos) mehrere Nachfristen für die Abgabe einer überprüfbaren Erklärung gewährt hatte. Die Strafkammer hat ihre Entscheidung danach zu Recht auf § 52 Abs. 3 Satz 2 RVG gestützt. Mit dieser im (alten) Gebührenrecht der BRAGO noch nicht enthaltenen Bestimmung wollte der Gesetzgeber gerade verhindern, daß es sich zu Lasten des Rechtsanwalts auswirkt, wenn der Verurteilte - so wie hier - bei der Ermittlung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der gebotenen Weise mitwirkt (vgl. BT-Drucksache 15/1971 S. 202).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.
Fundstellen
Haufe-Index 2567199 |
StRR 2007, 239 |