Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 91a O 1/19) |
Tenor
Das Kostenfestsetzungsverfahren wird unter Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts Berlin vom 20.2.2020 an das Landgericht Berlin zurückverwiesen.
Das Landgericht Berlin wird angewiesen, erneut über den Kostenfestsetzungsantrag des Antragstellers vom 4.9.2018 sowie über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden.
Gründe
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde hat vorläufigen Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das Landgericht, damit dieses über den Kostenfestsetzungsantrag vom 4.9.2018 in der Sache entscheiden kann.
1.Entgegen der Ansicht des Landgerichts scheitert der Kostenfestsetzungsantrag nicht an einem fehlenden Prozessrechtsverhältnis. Das Prozessrechtsverhältnis ist durch Zustellung der einstweiligen Verfügung an die Antragsgegnerin entstanden. Diese Zustellung war wirksam.
a) Die Zustellung erfolgte auf Antrag des Antragstellers durch Verfügung des Landgerichts vom 24.9.2018 durch förmliche Auslandszustellung in Irland gemäß der EuZustVO. Diese Zustellung war formgerecht und enthielt insbesondere auch das nach Art. 8 EuZustVO erforderliche Formblatt mit der Belehrung über das bestehende Annahmeverweigerungsrecht für den Fall, dass das Schriftstück in einer Sprache abgefasst ist, die der Empfänger nicht versteht, bzw. keine entsprechende Übersetzung beigefügt ist.
b) Zwar verweigerte die Antragsgegnerin ausweislich der Bescheinigung vom 29.11.2018 (Bl. I/89 d.A.) die Annahme unter Verweis auf die Sprache der Dokumente und einer fehlenden Übersetzung ins Englische. Diese Annahmeverweigerung erfolgte jedoch zu Unrecht, so dass die Antragsgegnerin sich entsprechend § 179 Satz 3 ZPO so behandeln lassen muss, als sei die Zustellung tatsächlich erfolgt. Der Verweigerungsgrund nach Art. 8 Abs. 1 EuZustVO lag nicht vor. Eine Übersetzung der deutschen Dokumente war nicht erforderlich, da Deutsch eine Sprache ist, die die Antragsgegnerin als Empfängerin versteht.
aa) Die Prüfung inhaltlicher Fragen, wie beispielsweise welche Sprachen der Empfänger eines Schriftstücks versteht und ob eine Verweigerung der Annahme nach der EuZustVO gerechtfertigt war, fällt in die Zuständigkeit und Prüfungskompetenz des mit der Sache im Übermittlungsstaat befassten Gericht (EuGH, Beschluss v. 28.4.2016, C-384/14 Rn. 56 und Urteil v. 8.5.2008, C-14/07, Rn. 85).
bb) Ob ein Empfänger die im zuzustellenden Dokument verwendete Sprache versteht, ist dabei vom Gericht anhand von Indizien und Anhaltspunkten zu entscheiden. Dabei hat es alle schlüssigen Tatsachen und Beweismittel und relevanten Aktenbestandteile zu beachten, um festzustellen, ob der Empfänger, der die Annahme des Schriftstücks verweigert hat, dennoch in der Lage war, dieses zu verstehen und seine Rechte wirksam geltend zu machen (EuGH, Beschluss v. 28.4.2016 aaO Rn. 77und 79). Nicht ausreichend oder maßgeblich ist dabei, ob der Empfänger behauptet, er könne die Sprache nicht verstehen und nur er könne dies beurteilen, denn dies würde bedeuten, die Effektivität der Zustellung vom Willen des Empfängers des Schriftstücks abhängig zu machen (EuGH, Urteil v. 8.5.2008 aaO, Rn. 84). Ein Anhaltspunkt für die erforderliche Sprachkenntnis kann jedoch sein, wenn der Vertrag Klauseln enthält, die den Gebrauch einer bestimmten Sprache im Schriftverkehr und bei der Durchführung des Vertrags vorsehen, oder wenn der Empfänger tatsächlich in der Sprache des zugestellten Dokuments korrespondiert (EuGH v. 8.5.2008 aaO Rn. 86).
Bei juristischen Personen ist dabei nicht auf die Sprachkenntnisse ihrer Organe abzustellen. Maßgeblich sind vielmehr die tatsächlich im Unternehmen vorhandenen und verfügbaren Fähigkeiten, auf die der Empfänger in zumutbarer Weise zugreifen kann (vgl. OLG München v. 14.10.2019, 14 W 1170/19 Rn. 32 m.w.N.; BeckOK ZPO/Dörndorfer § 183 ZPO Rn. 4). Es genügt, wenn im Rahmen einer üblichen dezentralen Organisationsstruktur eines Unternehmens die mit der Sache befasste Abteilung auf einen entsprechenden Sprachkundigen zurückgreifen kann, dessen Einschaltung in die Übersetzung des Schriftstücks nach den gesamten Umständen erwartet werden kann (vgl. OLG Köln v. 9.5.2019, 15 W 70/18, Rn. 6 m.w.N.; MüKo-Rauscher, 5.A., Art. 8 EuZustVO Rn. 12). Art und Umfang der Geschäftstätigkeit eines Unternehmens können dabei einen Anhalt dafür geben, dass das Unternehmen über Mitarbeiter verfügt, die in der Lage sind, die Landessprache des Absenders auch im Rahmen rechtlicher Auseinandersetzungen zu verstehen (vgl. OLG Köln aaO, OLG München v. 14.10.2019 aaO Rn. 32).
cc) Von diesen Grundsätzen ausgehend ist im vorliegenden Verfahren in der Gesamtschau davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin die deutsche Sprache hinreichend zu verstehen in der Lage ist. Der Senat schließt sich insoweit der überwiegenden oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung sowie der vom Landgericht Berlin im Erinnerungsverfahren bezüglich der Geric...