Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 16.08.2012; Aktenzeichen (570) 242 Js 1021/11 Ns (20/12)) |
Tenor
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 30. März 2012 wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
a) Der Senat bemerkt zu der Gegenerklärung des Verteidigers, dass die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen den Schuldspruch wegen versuchter Nötigung tragen. Anders als bei der Sachlage, die der von ihm zitierten Entscheidung des Kammergerichts vom 5. Februar 2001 - (5) 1 Ss 343/00 (2/01) - zugrunde gelegen hat, hat die Berufungskammer das angedrohte empfindliche Übel im Sinne des § 240 Abs. 1 StGB hinreichend konkret festgestellt. Wie die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend ausgeführt hat, muss eine Drohung nicht ausdrücklich erfolgen. Es genügt, wenn sie schlüssig, "zwischen den Zeilen" versteckt erfolgt, sofern nur ihr Ergebnis genügend bestimmt ist (vgl. BGH, Beschluss vom 6. November 2008 - 4 StR 495/08 - = NStZ 2009, 263; Urteil vom 21. Februar 1989 - 5 StR 586/88 - = NJW 1989, 1289; KG aaO.). Ob allgemeine, unspezifische Ankündigungen eines schädigenden Verhaltens ausreichen, ist nach den Umständen des Einzelfalles und dem (konkludenten) Äußerungsinhalt in seinem konkreten Bedeutungszusammenhang zu entscheiden (vgl. Senat, Beschluss vom 29. Februar 2012 - [4] 121 Ss 30/12 [54/12] -). Baut der Nötigende - wie hier der Angeklagte - den Druck durch zahlreiche, zeitlich getrennte Äußerungen systematisch und so geschickt aufeinander auf, dass die einzelnen Formulierungen strafrechtlich irrelevant erscheinen, in ihrer Gesamtschau allerdings die Androhung körperlicher Gewalt erkennen lassen, so kann dies rechtlich nicht anders bewertet werden, als eine einzige, in ihrem bedrohlichen Inhalt eindeutige Aussage.
Vor diesem Hintergrund verfehlt der Hinweis des Revisionsführers, unter Zugrundelegung des Rechtsverständnisses des Landgerichts erfüllte auch der Ratschlag, eine Nachrichtensendung (z.B. die "Tagesschau") anzusehen, den Tatbestand der Nötigung, den Kern des der Verurteilung zugrunde liegenden Geschehens. Denn - anders als dies nach den oben genannten Rechtsgrundsätzen geboten ist - betrachtet er den Hinweis des Angeklagten lediglich abgesondert von dem vom Landgericht festgestellten Gesamtgeschehen, in das die Äußerung, die die Kammer in vertretbarer Weise ausgelegt hat, eingebettet gewesen ist. Die Feststellungen weisen aus, dass der Angeklagte mit gleich bleibender Zielsetzung zunächst den Zeugen N. und am 12. Januar 2011 dessen Ehefrau mit täglich bis zu dreißig, auch in den Nachtstunden und teilweise in nur viertelstündlichen Abständen geführten Anrufen und Kurzmitteilungen belästigt hat. Dieses Verhalten hat er auch noch fortgesetzt, nachdem ein Polizeibeamter ihn auf die strafrechtliche Relevanz weiterer Anrufe hingewiesen hat. Mit dieser Serie von Kontaktaufnahmen hat er - ungeachtet der polizeilichen Ermahnung - signalisiert, notfalls auch strafrechtlich vorgegebene Grenzen zu überschreiten, um sein Ziel zu erreichen. Nur unter Berücksichtigung dieses Vorlaufes erschließt sich auch die Bedeutung der ohne Kenntnis der Zusammenhänge nicht verständlichen Anmerkung des Angeklagten, ihm seien persönliche Daten und Umstände des Zeugen N. bekannt, sowie die Einbeziehung von Familienmitgliedern, des Vaters des Zeugen N. und - durch eine beiläufige Erwähnung - auch des Kindes des Ehepaares. Dieser systematisch ausgebaute Druck kulminierte in der unausgesprochenen, angesichts des vorherigen Verhaltens des Angeklagten indessen eindeutigen Drohung, die Zeugen müssten im Falle einer weiteren Zahlungsverweigerung mit der Anwendung von Gewalt gegen einen Familienangehörigen rechnen.
Darin hat die Kammer, wie der Gesamtschau der Urteilsgründe, insbesondere der rechtlichen Würdigung, zu entnehmen ist, das angedrohte empfindliche Übel gesehen. Diese Darlegung hält objektiver Betrachtung Stand. Der Hinweis des Angeklagten auf die Sendung "Aktenzeichen XY ungelöst", die für die Zeugen N. "sehr interessant" sei, lässt angesichts der zwischen ihm und den Zeugen N. allein thematisierten Zahlungsweigerung - wie das Landgericht fehlerfrei erkannt hat - trotz der gewählten vagen Formulierung nicht die dem Angeklagten günstige Deutung zu, dass er lediglich auf eine sehenswerte Sendung habe hinweisen wollen. Ein solches Verständnis liegt angesichts der rein beruflichen Intention des Angeklagten, mit der er die Eheleute N. kontaktiert hat, seines "Geschäftsmodells", das darin bestanden hat, "letztlich auf jeglichem (Hervorhebung durch den Senat) Wege Druck auf die Schuldner auszuüben" und seines Verhaltens, das unverfängliche Gespräche über Alltagsthemen zu keinem Zeitpunkt eingeschlossen hat, fern. Abgesehen davon hat die von ihm angepriesene Sendung - anders als eine herkömmliche Nachrichtensendung - ausschließlich Verbrechen zum Gegen-stand. Die konkret vom Angeklagten bezeichnete Sendung vom 12. Januar 2011, die sowohl zeitlich als auch - bis hin zu der Einbeziehung der Familien...