Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuwiderhandlung gegen das Arbeitsförderungsgesetz
Verfahrensgang
AG Berlin-Tiergarten (Urteil vom 26.08.1999; Aktenzeichen 326 OWi 317/99) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 26. August 1999 wird verworfen.
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Amtsgerichts Tiergarten in Berlin hat gegen die Betroffene wegen fahrlässiger gewerbsmäßiger Überlassung von Arbeitnehmern in Betriebe des Baugewerbes in zwölf Fällen (§§ 228 Abs. 1 Nr. 1 2. Alternative, zu ergänzen: 12 a Arbeitsförderungsgesetz – AFG –, 9 Abs. 1 Nr. 1, 20 OWiG) nach § 228 Abs. 2 AFG, zu ergänzen: 17 Abs. 2 OWiG, Geldbußen von 1.100,– DM, zweimal je 400,– DM, achtmal je 200,– DM und einmal 2.000,– DM, insgesamt also 5.500,– DM, verhängt. Im übrigen hat es die Betroffene freigesprochen. Mit ihrer gegen die Verurteilung gerichteten Rechtsbeschwerde rügt die Betroffene die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
Die Staatsanwaltschaft bei dem Kammergericht hat dazu ausgeführt:
„1. Der Schuldspruch begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Feststellungen tragen den Schuldspruch gegen die Betroffene wegen 12 fahrlässiger Zuwiderhandlungen nach §§ 228 Abs. 1 Nr. 3, 12 a AFG a.F., 9 Abs. 1 Nr. 1, 20 OWiG. Gegen die Annahme fahrlässigen Handelns wendet sich die Beschwerdeführerin vergeblich. Fahrlässig handelt derjenige, der bei der Anwendung der Sorgfalt, die ihm nach den Umständen des Falles und nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten billigerweise zugemutet werden kann, in der Lage ist, die Verwirklichung des bußgeldbewehrten Tatbestandes vorauszusehen, jedoch infolge Außerachtlassung jener Sorgfalt zu dieser Voraussicht und Erkenntnis nicht gelangt ist (vgl. KG, Beschluss vom 15. Juni 1998 – 5 Ws (B) 323/98 –; Göhler, OWiG, 12. Auflage, § 10 Rdnr. 6). Dieser Sorgfaltspflicht ist die Betroffene entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht nachgekommen. Das Amtsgericht hat festgestellt, dass die Betroffene in den Jahren 1995 und 1996 als Geschäftsführerin einer GmbH Arbeitnehmer für Helferarbeiten in Betriebe des Baugewerbes entgegen dem Verbot des § 12 a Satz 1 AFG verliehen hat (UA S. 2 f.). Aus diesen festgestellten Umständen sowie aus der Erwägung zu der damit bewirkten Entfernung vom eingetragenen Gesellschaftszweck und aus der aus der Einlassung der Betroffenen gewonnenen Überzeugung, dass ihr die gesetzlichen Vorschriften zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung nicht bekannt waren, hat das Amtsgericht die mögliche und jedenfalls nachvollziehbare Schlussfolgerung gezogen, dass die Betroffene fahrlässig handelte, indem sie die ihr obliegende Sorgfalt außer Acht ließ. Diese Folgerung ist ohne Rechtsfehler, weil von einem, der mit der selbständigen Führung eines bestimmten Gewerbebetriebes beginnt, verlangt werden kann, dass er das Gewerbe gesetzmäßig ausübt (vgl. Göhler, § 10 OWiG Rdnr. 14). Eine Erkundigung an rechts- und sachkundiger Stelle wäre der Betroffenen möglich und zumutbar gewesen.
Was die Rechtsbeschwerde dagegen vorträgt, veranlasst keine andere Beurteilung. Mit ihrem Vorbringen, dass die Zeuginnen G. und A. zu den Umständen der Erörterung der Umlagepflicht mit dem späteren Entleihern und der Zeuge G. zu der Anzahl der beanstandungsfreien Prüfungen anders ausgesagt haben als im Urteil festgestellt wurde, kann sie nicht gehört werden. Denn das Ergebnis der Beweisaufnahme, somit auch der Inhalt von Zeugenaussagen ist im Urteil für das Rechtsbeschwerdegericht bindend festgestellt. Eine Rekonstruktion der Beweisaufnahme ist ihm verwehrt (vgl. BGHSt 29, 18, 20; std. Rspr.). Ebensowenig findet der Vortrag der Beschwerdeführerin zur Einordnung der festgestellten Betriebe bei der Handelskammer, zu den wiederholten Überprüfungen ihres Betriebes und zu der Kenntnis des Arbeitsamtes von den verwendeten Stammdatenbögen eine Stutze im Urteil und ist damit wie die von der Betroffenen darauf gestützten Folgerungen für das Rechtsbeschwerdegericht unbeachtlich. Auch die Erwägung des Amtsgerichts, dass der Umstand, dass die 1995 von einem Arbeitsamtsmitarbeiter durchgeführte Betriebsprüfung zu keiner Beanstandung Anlass gab, die Betroffene nicht zu entlasten vermag, lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Denn die Möglichkeit, dass die Prüfung auf Stichproben beschränkt war und deshalb wegen der damals geringen Anzahl keine unzulässigen Verträge gezogen wurden, lag ohne weiteres auf der Hand und war daher für die Betroffene vorhersehbar. Der Vertrauensgrundsatz, auf den die Rechtsbeschwerde sich berufen will, kommt hier nicht in Betracht, weil sich die Betroffene selbst nicht rechtmäßig verhalten hat und durch Erkundigungen über die für die Arbeitnehmerüberlassung geltenden Bestimmungen den Fehler unschwer hätte vermeiden können. Ob aus der Firmenbezeichnung nicht ohne weiteres die Zugehörigkeit eines Betriebes zum Baugewerbe entnommen werden kann – wie die Rechtsbeschwerde der Erwägung...