Leitsatz (amtlich)
1. Nach Durchführung eines gesetzlich gebotenen Anhörungstermins durch die Strafvollstreckungskammer ist es erforderlich, dass die an der Anhörung teilnehmenden Richter die nachfolgende Entscheidung auch selbst treffen.
2. Dies kann in einer der Anhörung unmittelbar nachfolgenden Beratung geschehen; das Ergebnis ist dann in einem Vermerk zu dokumentieren.
3. Anderenfalls muss das Beratungsergebnis in einem vollständigen schriftlichen Beschluss niedergelegt werden, der von allen Richtern zu unterschreiben ist.
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 28.05.2014; Aktenzeichen 594 StVK 42/13) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 28. Mai 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Entscheidung - auch über die Kosten und Auslagen des Beschwerdeverfahrens - an die Strafvollstreckungskammer zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Landgericht Berlin verurteilte den Beschwerdeführer am 3. September 1980, rechtskräftig seit dem 16. Dezember 1980, wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe. Diese wird seitdem vollstreckt.
Mit Beschluss vom 10. April 1996 lehnte die seinerzeit zuständige Strafvollstreckungskammer die Aussetzung der Vollstreckung der Restfreiheitsstrafen zur Bewährung ab und setzte eine Mindestverbüßungsdauer für die lebenslange Freiheitsstrafe von 16 Jahren fest.
Auf den Antrag des Verurteilten auf Aussetzung des Rests der lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung vom 22. Juni 2012 führte die nunmehr zuständige Strafvollstreckungskammer nach Einholung eines kriminalprognostischen Gutachtens am 10. Januar 2014 einen Anhörungstermin durch, an welchem ausweislich des darüber aufgenommenen Vermerks neben dem Beschwerdeführer dessen Verteidiger, der Sachverständige sowie die geschäftsplanmäßigen Mitglieder der Kammer, Vorsitzender Richter am Landgericht A, Richter am Landgericht B und Richterin am Landgericht C, teilnahmen. Der Anhörungsvermerk schließt damit, dass der Verteidiger des Verurteilten beantragt habe, zunächst noch keine Entscheidung zu treffen und ihm stattdessen Gelegenheit zu ergänzendem schriftsätzlichen Vortrag innerhalb zweier Wochen zu geben.
Im weiteren Fortgang des Verfahrens nahm der Verteidiger mit Schriftsatz vom 23. Januar 2014 erneut Stellung, die Staatsanwaltschaft erwiderte hierauf unter dem 13. Februar 2014 und der Verteidiger erklärte sich unter dem 25. März 2014 noch einmal zur Stellungnahme der Staatsanwaltschaft.
Am 28. Mai 2014 beschloss die Strafvollstreckungskammer sodann die Aussetzung der Vollstreckung der restlichen Freiheitsstrafe zur Bewährung abzulehnen. Der Beschluss ist von dem Vorsitzenden Richter am Landgericht A und der Richterin am Landgericht C unterzeichnet, nicht jedoch von dem Richter am Landgericht B. Der Vorsitzende vermerkte insoweit, dass dieser urlaubsbedingt ortsabwesend und an der Unterschrift gehindert sei. Auf entsprechende Nachfrage des Senats hat der Strafvollstreckungskammervorsitzende mitgeteilt, dass er die zu treffende Entscheidung zwar vorab auch mit Richter am Landgericht B erörtert gehabt habe, dass diesem dabei jedoch der Beschluss, wie er dann am 28. Mai 2014 gefasst worden sei, nicht vorgelegen habe.
Gegen den Beschluss hat der Verurteilte sofortige Beschwerde erhoben.
II.
Das Rechtsmittel ist statthaft (§ 454 Abs. 3 Satz 1 StPO) und rechtzeitig (§ 311 Abs. 2 StPO). Es hat auch in der Sache (vorläufigen) Erfolg und führt zur Aufhebung des Beschlusses sowie zur Zurückverweisung der Sache, weil die Strafvollstreckungskammer die Entscheidung nicht in gesetzmäßiger Besetzung getroffen hat (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG).
Die Strafvollstreckungskammer ist im Verfahren über die Entscheidung, ob die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen ist (§ 57a Abs. 1 StGB; § 454 Abs. 1 Satz 1 StPO), mit drei Richtern unter Einschluss des Vorsitzenden besetzt (§ 78b Abs. 1 Nr. 1 GVG). Dessen war sich die Kammer vorliegend ersichtlich auch bewusst. Da das Verfahren nach § 454 StPO grundsätzlich schriftlich ist (vgl. OLG München NJW 1976, 254, 255; Senat, Beschluss vom 16. Mai 2008 - 2 Ws 127/08 -), ergehen auch die Entscheidungen schriftlich. Sie werden demgemäß - anders als Urteile - nicht verkündet, sondern schriftlich erlassen und - weil sie mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar sind - zugestellt (§§ 454 Abs. 3 Satz 1, 35 Abs. Satz 1 StPO). Deshalb ist es möglich, dass der Anhörungstermin, die Beschlussfassung als solche und die Formulierung der Beschlussgründe zeitlich auseinander fallen.
In allen denkbaren Fällen ist es erforderlich, dass die an der Anhörung anwesenden Richter die nachfolgende Entscheidung auch selbst treffen. Das können sie bereits in der der Anhörung nachfolgenden Beratung tun und das Ergebnis in einem Vermerk schriftlich niederlegen. In diesem - hier nicht gegebenen Fall - wäre die Unterschrift eines zum späteren Zeitpunkt der Fassung der Beschlussgründe abwesenden Richters durch einen Vertretungs...