Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Rechtsverteidigung im Anordnungsverfahren zur Regelung des nachehelichen Unterhalts
Leitsatz (amtlich)
Im einstweiligen Unterhals-Anordnungsverfahren kann dem Antragsgegner Prozesskostenhilfe für seine Rechtsverteidigung schon bewilligt werden, sobald dieser einen Prozesskostenhilfeantrag gestellt hat.
Leitsatz (redaktionell)
Für die Rechtsverteidigung gegen die Unterhaltsklage selbst kann dagegen Prozesskostenhilfe erst nach Rechtshängigkeit gewährt werden.
Normenkette
ZPO §§ 114, 118, 121, 644
Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 03.09.2004; Aktenzeichen 163 F 2709/04) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beklagten vom 14.9.2004 zu 3 WF 212/04 wird der Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg - FamG - vom 3.9.2004 zu 163 F 2709/04 teilweise abgeändert:
Dem Beklagten wird für das Verfahren zur einstweiligen Anordnung gem. § 644 ZPO ratenfreie Prozesskostenhilfe nach einem Wert von 6 × 633,85 = 3.803,10 EUR bewilligt.
Insoweit wird ihm Rechtsanwalt ..., 13439 Berlin (Wittenau) beigeordnet.
Im Übrigen wird die Beschwerde des Beklagten vom 14.9.2004 zu 3 WF 211/04 zurückgewiesen.
Gründe
Die gem. den §§ 127 Abs. 2 S. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe ggü. dem Beklagten in dem von der Klägerin mit Anträgen vom 12.12.2003 eingeleiteten Hauptsache- und Anordnungsverfahren zur Regelung ihres nachehelichen Unterhalts ist zulässig, da die Notfrist von einem Monat nach den §§ 127 Abs. 2 S. 3, 569 Abs. 1 S. 1 ZPO eingehalten ist.
Die Beschwerde ist auch teilweise begründet, denn der bedürftige Beklagte kann entsprechend den §§ 114, 115, 121 ZPO ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten verlangen, soweit es um das Verfahren zur beantragten einstweiligen Anordnung geht. Das FamG hat verkannt, dass es in dem von der Klägerin mit Antrag vom 12.12.2003 - parallel zur Klagerhebung - eingeleiteten Anordnungsverfahren nicht allein um eine Rechtsverteidigung des Beklagten im vorprozessualen Prozesskostenhilfeprüfungsstadium gegangen ist, sondern um die Abwendung einer dem Beklagten bereits vor Rechtshängigkeit drohenden einstweiligen Anordnung nach § 644 ZPO, da deren Erlass eben nur die Anhängigkeit einer Klage oder die Einreichung eines Prozesskostenhilfeantrags voraussetzt. Insoweit kann es der bedürftigen Partei schon wegen des in § 121 Abs. 2 ZPO verankerten Grundsatzes der Waffengleichheit nicht versagt werden, sich mit anwaltlicher Hilfe gegen einen durch den Rechtsanwalt der Klagepartei gestellten Anordnungsantrag, der immerhin zu einem Zwangsvollstreckungstitel führen kann, zur Wehr zu setzen. Da die Rechtsverteidigung des Beklagten hinsichtlich der einstweiligen Anordnung aus den Gründen des zur Klagrücknahme führenden amtsgerichtlichen Beschlusses vom 16.6.2004 erfolgreich gewesen, ist ihm insoweit Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zu bewilligen, da er sonst mit den in dieser besonderen Angelegenheit nach den §§ 20 Abs. 2 S. 1 GKG, 41 Abs. 1 S. 1 f. BRAGO entstehenden Rechtsanwaltskosten belastet wäre.
Soweit der Beklagte sich allerdings auch im Hauptsacheverfahren bereits durch einen Rechtsanwalt hat vertreten lassen, obwohl ihm insoweit lediglich eine Gelegenheit zur (freigestellten) Stellungnahme nach § 118 Abs. 1 S. 1 ZPO eingeräumt worden ist, ist die Entscheidung des FamG zutreffend und die Beschwerde daher zurückzuweisen. Es ist die freie Entscheidung des Beklagten gewesen, seinen Rechtsanwalt sogleich auch mit der Vertretung in dem mit einem Streitwert von 12 × 633,85 = 7.606,20 EUR deutlich teureren Hauptsacheverfahren zu beauftragen, obwohl eine Notwendigkeit für die Einreichung nahezu desselben Schriftsatzes vom 1.3.2003 nicht erkennbar ist, zumal § 118 Abs. 1 S. 3 ZPO ausdrücklich klarstellt, dass er insoweit eine Kostenerstattung vom Gegner nicht erwarten kann. Es hätte ohne Gefährdung verfassungsrechtlich geschützter Rechte des Beklagten abgewartet werden können, ob die Klage unter Berücksichtigung des gerichtsbekannten Vorbringens im Anordnungsverfahren überhaupt rechtshängig werden würde. Der Umstand, dass die Rechtsverteidigung im unterhaltsrechtlichen Anordnungsverfahren notwendigerweise denselben Lebenssachverhalt betrifft wie die Stellungnahme zur Klage selbst kann nicht dazu führen, dass der Rechtsanwalt des Beklagten für dasselbe Vorbringen ggü. der Staatskasse mehrfach liquidieren kann, obwohl dem Mandanten ohne den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gar keine Prozesskostenhilfe zu bewilligen gewesen wäre.
Im Prozesskostenhilfebeschwerdeverfahren entstandene außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 1393425 |
AGS 2006, 82 |
OLGR-Ost 2005, 711 |