Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 08.01.2021; Aktenzeichen 100 O 1/13) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Berlin vom 8.1.2021 aufgehoben und der Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin vom 16.11.2020 zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Der Beschwerdewert wird auf 986 EUR festgesetzt.
Gründe
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Beklagten hat in der Sache Erfolg. Das Landgericht hat die beantragte Kostenfestsetzung zu Unrecht vorgenommen. Zwar ist der Beklagte entgegen seiner Ansicht Kostenschuldner; allerdings fehlt der Klägerin für die beantragte Kostenfestsetzung wegen der angezeigten Masseunzulänglichkeit jedenfalls das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.
1. Der Kostenfestsetzungsbeschluss nennt zu Recht den Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes im Rubrum und als Kostenschuldner, denn dieser ist Partei des Rechtsstreits aufgrund der eingetretenen Insolvenz geworden und wird in der Kostengrundentscheidung als Kostenschuldner genannt.
a) Der Kostenfestsetzungsbeschluss setzt lediglich die Kostengrundentscheidung um, diese ist für das Kostenfestsetzungsverfahren bindend (vgl. nur BGH, Beschluss v. 27.6.2019, V ZB 27/18, Rn. 5). Kostenschuldner ist nach dieser Kostengrundentscheidung der Berufungskläger. Als Berufungskläger wird der Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes ausgewiesen. Gegen diesen sind demnach die Kosten festzusetzen, so wie es auch geschehen ist.
b) Das Rubrum der Kostengrundentscheidung ist auch zutreffend, so dass kein Anlass bestand, dem die Kostengrundentscheidung erlassenden Senat die Sache zur Prüfung einer eventuellen Rubrumsberichtigung vorzulegen.
Richtig dürfte allerdings die Auffassung des Beschwerdeführers sein, dass er den Rechtsstreit nicht aufgenommen hat, denn eine Aufnahmeerklärung hat er nicht abgegeben; dies lässt sich auch nicht aus dem Rubrum des Beschlusses des Kammergerichts vom 10.11.2020 entnehmen. Denn um rechtswirksam eine Berufungsrücknahme erklären zu können, bedarf es keiner Aufnahme des nach den §§ 240, 249 ZPO unterbrochenen Rechtsstreits. Die von der Beklagten erklärte Berufungsrücknahme ist auch dann gegenüber der Klägerin wirksam, wenn das Verfahren wegen der Insolvenz nach § 240 ZPO ausgesetzt war. Denn nach ständiger BGH-Rechtsprechung beschränkt sich die Unwirksamkeit nach § 249 Absatz 2 ZPO auf Prozesshandlungen, die gegenüber dem Gegner vorzunehmen sind. Prozesshandlungen, die - wie die Rechtsmitteleinlegung oder -rücknahme - gegenüber dem Gericht erklärt werden müssen, sind dagegen trotz der Aussetzung voll wirksam (vgl. BGH, Beschluss v. 5.11.1987, III ZR 86/86; BGH, Beschluss v. 20.6.2017, VI ZB 55/16, Rn. 24).
Dass der Insolvenzverwalter in das Rubrum des Beschlusses des Kammergerichts aufgenommen wurde, besagt deshalb nichts über die Frage, ob jener den Rechtsstreit aufgenommen hat oder nicht. Dennoch wird er zutreffend als Partei kraft Amtes ausgewiesen. Denn mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über prozessuale Ansprüche des Schuldners unabhängig davon auf den Insolvenzverwalter über, ob dieser in den Rechtsstreit eintritt (BGH, Beschluss v. 20.6.2017, VI ZB 55/16, Rn. 26). Der Schuldner verliert seine Prozessführungsbefugnis, diese geht auf den Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes über. Der Insolvenzverwalter wird demnach ipso iure mit Insolvenzeröffnung und Bestellung Partei, auch wenn er den Rechtsstreit nicht aufnimmt; geschützt wird er hinsichtlich dieser Rechtsfolge allein durch § 240 ZPO (vgl. Gottwald/Haas-Eckard, Insolvenzrechts-Handbuch, § 32, Rn. 15 und Rn. 80). Mit der wirksam erklärten Berufungsrücknahme wurde das Verfahren und damit auch seine Unterbrechung beendet (BGH, Beschluss v. 20.6.2017, VI ZB 55/16, Rn. 25).
2. Ob der Kostenfestsetzungsbeschluss schon deshalb nicht hätte ergehen dürfen, weil es sich um eine Insolvenzforderung nach § 38 InsO handelt, kann hier offen bleiben. Sollte dieser Einwand des Beklagten zutreffen, wäre der Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses wegen der Durchsetzungssperre aus § 87 InsO unzulässig und deshalb aufzuheben.
Hat eine in der Insolvenz befindliche Partei die Kosten des Rechtsstreits insgesamt zu tragen, stellt sich zwar regelmäßig die Frage, ob der gegen sie gerichtete Kostenerstattungsanspruch insgesamt als Masseverbindlichkeit (§ 55 Absatz I Nr. 1 InsO) oder hinsichtlich der vor Verfahrenseröffnung bereits vollendeten Gebührentatbestände nur als Insolvenzforderung (§ 38 InsO) zu behandeln ist. Die Beantwortung dieser Frage kann jedoch nicht in das Kostenfestsetzungsverfahren verlagert werden. Die Organe dieses Verfahrens sind an die Kostengrundentscheidung gebunden. Werden einer Partei die gesamten Prozesskosten unterschiedslos auferlegt, ist eine Differenzierung in der nachfolgenden Verfahrensstufe grundsätzlich nicht mehr zulässig (BGH, Beschluss vom 28.9.2006, IX ZB...