Leitsatz (amtlich)
Nach Sinn und Zweck von § 16 Abs. 1 Satz 3 InVorG wird der Zahlungsanspruch des Berechtigten nicht durch eine Wertminderung des Grundstücks geschmälert, die allein auf Planungsmaßnahmen beruht, die im Hinblick auf das Investitionsvorhaben getroffen worden sind.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 20.11.2013; Aktenzeichen 33 O 80/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 20.11.2013 verkündete Urteil des LG Berlin - 33 O 80/11 - teilweise geändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 164.366,98 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.8.2010 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 77 % und der Beklagte 23 % zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten der Streithelfer in erster Instanz haben die Klägerin 77 % und die Streithelfer 23 % zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 70 % und der Beklagte 30 % zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten der Streithelfer im Berufungsverfahren haben die Klägerin 68 % und die Streithelfer 32 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht der Beklagte bzw. die Streithelfer Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zzgl. 10 % leisten. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zzgl. 10 % leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin verkaufte im Zuge nationalsozialistischer Verfolgungsmaßnahmen 1938 einen Anteil an der H...AG. Das Grundstück X 75 stand damals im Eigentum der H...AG, wurde nach dem Krieg in Eigentum des Volkes übergeführt und vom beklagten Land mit investivem Vertrag vom 8.9.1994 zu einem Preis von 11.345,21 DM/qm verkauft. Die Klägerin, die ihrem Anteil entsprechend an dem Erlös beteiligt wurde, hat geltend gemacht, der Verkehrswert betrage 30.000 DM/qm, und den ihrem Anteil entsprechenden Differenzbetrag begehrt. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der gestellten Anträge im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen, mit dem das LG nach Einholung von Gutachten eines Sachverständigen die Klage abgewiesen hat.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin jetzt noch einen Teil der Klageforderung weiter und macht geltend:
Für das nahezu quadratische Grundstück, das sich zum Wertermittlungsstichtag (5.4.1994) im unbeplanten Innenbereich i.S.v. § 34 BauGB in einem hinsichtlich der planungsrechtlich zulässigen Nutzung als Kerngebiet MK i.S.v. § 7 BauNVO ausgewiesenen Gebiet befunden habe und - wie in der Folge geschehen - vollständig mit einem einheitlichen Baukörper habe bebaut werden können, sei ein einheitlicher Bodenrichtwert für beste Lagequalität anzusetzen und entgegen dem Erstgutachten des Sachverständigen ...K...keine unterschiedlichen Lagewertigkeiten X/Y einerseits und W...andererseits.
Für die Ermittlung des Verkehrswertes sei auf die seit 1.7.2010 in Kraft getretene ImmoWertV zurückzugreifen. Danach können hier der Wertermittlungsstichtag (Vollziehbarkeit des Investitionsvorrangbescheides am 5.4.1994) und der Qualitätsstichtag, auf den sich der für die Wertermittlung maßgebliche Grundstückszustand beziehe, auseinander fallen. Da sich das Grundstück innerhalb eines städtebaulichen Entwicklungsbereichs befunden habe, gem. § 153 Abs. 1 i.V.m. § 169 Abs. 1 Nr. 6 BauGB für Sanierungsgebiete Werterhöhungen durch die Sanierung bei der Bemessung nicht zu berücksichtigen seien und dem entsprechend die Wertermittlung hier ohne Berücksichtigung der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen zu erfolgen habe, sei hier als Qualitätsstichtag auf den 14.10.1991 abzustellen, da der Berliner Senat am 15.10.1991 beschlossen habe, vorbereitende Untersuchungen für einen städtebaulichen Entwicklungsbereich durchzuführen. Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung sei eine Bebauung des Grundstücks mit einem 7-geschossigen Büro- und Geschäftseckhaus und einer Geschossflächenzahl von rund 5 zulässig. Zu diesem Zeitpunkt sei keineswegs ersichtlich, dass für das Grundstück ausschließlich eine Nutzung als Hotelbetrieb in Betracht kam. Selbst am 5.4.1994 habe dies, wie auch das Stadtentwicklungsamt Mitte mit Schreiben vom 23.4.2014 bestätigt habe, nicht abschließend festgestanden, da weder ein Flächennutzungsplan noch ein Bebauungsplan erlassen waren und die Baugenehmigung für ein Hotel noch nicht erteilt war.
Sollte doch auf eine ausschließliche Nutzungsmöglichkeit als Hotel abgestellt werden, könne für die Ermittlung des Bodenwerts entgegen dem Ergänzungsgutachten die Situation in den Jahren 2012 bzw. 2013 weder für die zu erwartende Mietdifferenz von Hotelfläche zu Bürofläche noch für die abzuzieh...