Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 242 BGB
Kommentar
Zu diesem streitigen Vorgang darf bereits auf die Entscheidung des AG München, Entscheidung vom 27.04.1990, UR II 5/90mit diesseits kritischer Anmerkung verwiesen werden.
1. Mit Beschluss v. 16. 8. 1990 hat das LG München I mit gewissen (sehr speziell verfügten) Einschränkungen die Kleinkinderkrabbelgruppe in den Hobbyräumlichkeiten toleriert und die amtsrichterliche Entscheidung entsprechend aufgehoben bzw. abgeändert. Festgelegt wurde eine Nutz- und Betreuungszeit von Montag bis Freitag von 8.30 bis 13.00 Uhr, Beschränkung der Kinderzahl auf 8 und der Betreuer auf 2, Anfahrt mit insgesamt höchstens 5 Pkw jeweils morgens und mittags, nicht vor 8.15 Uhr und nicht nach 13.15 Uhr, Kochen einer warmen Mahlzeit pro Woche nur einmal und Verbot von Kinder- und/oder Erwachsenentreffen nach 13.00 Uhr.
Vorbemerkend hat das LG München festgestellt, dass die Bezeichnung von Räumen in einer Teilungserklärung und in einem Aufteilungsplan als "Hobbyräume" eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter sei, die besage, dass Räume nur bestimmungsgemäß, d. h. zu Hobbyzwecken genutzt werden dürften und grundsätzlich anderweitige Nutzung nicht zulässig sei; Räume zur Betreuung einer Kleinkindergruppe in Anspruch zu nehmen, stelle insoweit keine vereinbarungsgemäße Nutzung dar. Nach Treu und Glauben sei jedoch eine solche Nutzung (wie hier) nicht zu untersagen, die im Vergleich zur vertragsgemäßen Nutzung keine weitergehenden oder unzumutbaren Beeinträchtigungen mit sich bringe. Bei vergleichbarer und zumutbarer Belastung durch die tatsächliche Nutzung wäre ein Berufen auf die Zweckbestimmung in der Teilungserklärung rechtsmissbräuchlich.
Eine Legaldefinition über "Hobby" sei nicht vorhanden. Ein Hobbyraum sei allerdings ein nicht zu Wohnzwecken oder zum dauernden Aufenthalt bestimmter Raum. Andererseits besage Hobbyraum nicht, dass dort nur ein Wohnungseigentümer seinem Hobby nachgehen dürfte. Auch Hobbyräume könnten Familienmitgliedern, Freunden und Verwandten überlassen und schließlich auch zu Freizeitaktivitäten vermietet werden. Als infrage kommende Hobbyaktivitäten seien nur beispielhaft solche aus dem Fitnessbereich, wie Radfahren, Gymnastik, Seilspringen, Rudern oder Tanzen, aber auch Malen, Töpfern, Nähen, Schreinerarbeiten, Foto-Film (mit Vertonung), Kartenspiel, Kochen und nicht zuletzt Musizieren.
Bei der Kindergruppe auf privater Elterninitiative, die nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet sei, könne auch nicht von gewerblicher Nutzung ausgegangen werden. Der Autoverkehr vor einem Wohnhaus spiele sich auf öffentlicher Straße ab; da das Haus jedoch am Ende einer Sackstraße liege, sei die tenorierte Beschränkung geboten, um die Belästigung anderer Eigentümer hier im Rahmen zu halten, zumal offensichtlich Mütter oftmals ihre Autos längere Zeit vor dem Haus parkten, um dann zum Einkaufen zu gehen. Ein gewisses Maß an Autoverkehr und Kinderlärm müssten allerdings auch die - gerichtsbekannt - jugendlich und rüstig wirkenden Bewohner (selbst die im Pensionsalter) hinnehmen. Auch "Hobbykünstler" seien nicht immer völlig geräuschlos. Die Entscheidung stehe auch nicht in Widerspruch zu der des OLG Frankfurt vom 23. 9. 1980 (Rechtspfleger 81, 149), da es im dortigen - insoweit nicht vergleichbaren Fall - um einen Verein zur Betreuung von Jugendlichen in einer Wohnung ging. So die Entscheidung des LG München I, Entscheidung vom 16.08.1990, AZ.: 1 T 10 187/90.
2. Auf sofortige Rechtsbeschwerde der Antragsstellerseite hin hat das BayObLG am 11. 10. 1990 die Entscheidung des LG bestätigt und erneut festgestellt, dass die halbtägige Nutzung der Räume mit Ausnahme des Wochenendes als Betreuungsstätte für Kleinkinder zulässig sei, weil dadurch die übrigen Wohnungseigentümer nicht mehr gestört oder beeinträchtigt würden als bei einer zweckbestimmungsgemäßen Nutzung als Hobbyräume (in richtiger Auslegung der Teilungserklärung). Allein eine Nutzung dieser Räume zu Wohnzwecken sei zu untersagen, wie dies der Senat im konkreten Fall bereits mit seiner Entscheidung vom 2. 8. 1990 zum Ausdruck gebracht hat (vgl. BayObLG, Entscheidung v. 02.08.1990, Breg 2 Z 76/90). Es sei treuwidrig, sich auf eine solche Vereinbarung zu berufen, um eine Nutzung zu unterbinden, durch die die übrigen Wohnungseigentümer nicht mehr beeinträchtigt würden, als durch eine der Zweckbestimmung entsprechenden Nutzung.
3. Die Beschwerdeentscheidung muss auch nicht stets von den Richtern erlassen werden, die an der mündlichen Verhandlung teilgenommen haben (ständige Rechtsprechung des Senats).
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 11.10.1990, BReg 2 Z 112/90= NJW-RR 3/91, 140)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
Der Fall beweist, dass bei vereinbarungswidriger Nutzung von Räumlichkeiten stets darauf abzustellen ist, ob eine tatsächliche Nutzung Eigentümer mehr störe oder sonst beeinträchtige als übliche, erwartete Raumnutzung im vereinbarten Sinne. Bei Hobbyräumen (und wohl auch Speicherräumen) gibt es nun kei...