Ivana Mikulic, Daniel Schön
I. Ausschlagung der Erbschaft
Rz. 60
Der Nachlass geht – vorbehaltlich der Ausschlagung – mit dem Tod des Erblassers ex lege und ipso iure auf die Erben über, Art. 4 Abs. 4 ErbG. Die Ausschlagung ist dem Nachlassgericht oder im Ausland einem Konsul gegenüber zu erklären. Die Ausschlagung muss bis zum Ende des erstinstanzlichen Nachlassverfahrens erklärt werden, Art. 130 Abs. 1 ErbG. Sie kann schriftlich durch öffentlich beglaubigte Unterschrift (auch vor einem deutschen Notar) erklärt werden. Die Ausschlagung gilt dabei auch für die Abkömmlinge des Erblassers, soweit dieser nicht ausdrücklich erklärt hat, dass er ausschließlich im eigenen Namen die Erbschaft ausschlägt, Art. 130 Abs. 2 ErbG. Die Ausschlagung führt dazu, dass der Erbe seine Erbenstellung rückwirkend auf den Zeitpunkt des Eintritts der Erbfolge verliert. Sein Anteil wächst dann den Miterben aus derselben Erbenordnung an. Ein Widerruf der Ausschlagung ist unzulässig. Eine Ausschlagung ist nicht mehr möglich, wenn über den Nachlass bereits verfügt wurde, es sei denn, es handelt sich nur um Sicherungsmaßnahmen. Eine teilweise oder bedingte Ausschlagung ist nicht möglich. Die Ausschlagung ist nach Art. 135 Abs. 1 ErbG unwiderruflich, kann aber nach den allgemeinen Regeln angefochten werden. Eine Annahmeerklärung ist nicht erforderlich, regelmäßig aber sinnvoll, um das Verfahren zu beschleunigen.
II. Nachlassverfahren
Rz. 61
Das Nachlassverfahren wird durch das kommunale Gericht oder aber durch einen Notar als "Gerichtskommissär" eingeleitet. In der Regel führt ein Notar im Auftrag des zuständigen Gerichts das Verfahren durch. Das Verfahren wird von Amts wegen eingeleitet, sobald das Gericht vom Tod des Erblassers erfährt. Ist der Erblasser im Ausland verstorben, muss die ausländische Sterbeurkunde vorgelegt werden. Es handelt sich um ein nichtstreitiges Verfahren. Sobald Streit über Tatsachen betreffend der Rechte der Beteiligten entsteht (z.B. Zusammensetzung des Nachlassvermögens, Höhe der Erbquote, Höhe des Pflichtteils, Inhalt und Gültigkeit des Testaments), wird das Nachlassverfahren ausgesetzt und die streitige Angelegenheit wird vor dem Zivilgericht verhandelt, Art. 222 ErbG. Nach rechtskräftiger Erledigung der streitigen Angelegenheit wird das Nachlassverfahren wieder fortgesetzt. Im Nachlassverfahren wird in der Regel eine Anhörung durchgeführt.
Rz. 62
Das Gericht bzw. der Notar stellt anschließend eine Erbentscheidung aus, in dem die Erben, die Vermächtnisse und die konkrete Zusammensetzung des Nachlasses aufgeführt werden. Der Inhalt des Nachlasses wird vollständig festgestellt. Der Beschluss über den Erlass der Erbentscheidung kann angefochten und aufgehoben werden. Die Entscheidung wird nach Ablauf der Rechtsmittelfrist rechtskräftig; sie kann aber von Berechtigten, die am Verfahren nicht beteiligt waren, nach Kenntniserlangung noch angegriffen werden. In der Regel werden kroatische Grundbuchämter von Amts wegen informiert und nehmen entsprechende Umschreibungen vor.
Rz. 63
Das zuständige Nachlassgericht bzw. der zuständige Notar sind auch für die Erteilung des Europäischen Nachlasszeugnisses zuständig. ENZ aus anderen EU-Staaten sind in Kroatien nach Art. 69 Abs. 1 EuErbVO unmittelbar wirksam; kroatische Grundbuchämter verlangen aber zur Umschreibung grundsätzlich, dass die Grundstücksnummern konkret im ENZ angegeben sind. Ebenso ist die konkrete Nennung von Bankkonten zur Umschreibung dieser Konten grundsätzlich ratsam (erfahrungsgemäß akzeptieren die Banken das ENZ aber auch ohne diese Angaben); da deutsche Gerichte jedoch im Widerspruch zu Sinn und Zweck der EuErbVO die informatorische Aufnahme solcher Angaben verweigern, ist eine Umschreibung auch ohne diese Angaben möglich (siehe Rdn 1).
Rz. 64
Örtlich zuständig ist das Gericht bzw. der Notar an dem Ort, an dem der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte, Art. 177 Abs. 1 ErbG. Mangels eines Wohnsitzes entscheidet der Aufenthalt des Erblassers über die Zuständigkeit. Lag der letzte Wohnsitz im Ausland, ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem sich der überwiegende Teil des Nachlasses befindet, Art. 177 Abs. 3 ErbG. Die internationale Zuständigkeit richtet sich nach den Bestimmungen der EuErbVO (siehe Rdn 1 f.).
Rz. 65
Mehrere Erben bilden eine Erbengemeinschaft, Art. 141 ErbG. Dabei stellt die Erbengemeinschaft bis zur Feststellung der Erbquoten durch die Erbentscheidung eine sog. Eigentumsgemeinschaft dar, Art. 141 Abs. 1 ErbG. Verfügungen über den Nachlass können nur gemeinsam erfolgen. Da der Erbanteil und damit der Miteigentumsanteil zu diesem Zeitpunkt noch nicht festgestellt wurden, kann der einzelne Erbe nicht über seinen Erbteil verfügen. Mit der Feststellung der Erbquoten durch die Erbentscheidung entsteht eine sog. Miteigentümergemeinschaft, Art. 141 Abs. 2 ErbG. Jeder Erbe ist nun befugt, über seinen Erbteil frei zu verfügen. Er kann auch die Auflösung der Miteigentümergemeinschaft beantragen, Art. 142 ErbG (siehe Rdn 67).
Rz. 66
Die Erben haften für die Nachlassverbindlichkeiten solidarisch. Dennoch haftet aber j...