Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer Betriebsvereinbarung. Provisionszahlung
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der Auslegung von Betriebsvereinbarungen ist über den reinen Wortlaut hinaus der wirkliche Wille der Betriebspartner und der damit von ihnen beabsichtigte Zweck der Regelung mit zu berücksichtigen, sofern sie in der Betriebsvereinbarung erkennbar zum Ausdruck gekommen sind.
2. Soll in einer Betriebsvereinbarung die Arbeitsmotivation durch Provisionszahlungen erhöht werden, ergibt sich daraus nicht, dass auch für Zeiten des Arbeitszeitausgleichs Provisionen zu zahlen sind.
Normenkette
BetrVG § 77 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Potsdam (Urteil vom 22.08.2001; Aktenzeichen 6 Ca 4353/00) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom22.08.2001 – 6 Ca 4353/00 – abgeändert und die Klage abgewiesen, soweit der Rechtsstreit nicht durch den Teil-Vergleich vom 23.04.2002 erledigt ist.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 5/6, die Beklagte zu 1/6.
3. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird für dieses Schluss-Urteil auf 242,39 EUR festgesetzt.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten nach einem Teil-Vergleich noch über den Anspruch des Klägers auf Provisionsvergütung für 9 Tage in der Zeit vom 21.12.1998 bis zum 29.03.2000, an denen der Kläger als Arbeitszeitausgleich im Rahmen flexibler Arbeitszeiten im Einvernehmen mit der Beklagten von der Arbeit freigestellt worden ist.
Der Kläger ist bei der Beklagten, einem Erfrischungsgetränkeunternehmen, auf der Basis des Arbeitsvertrages vom 31.05.1991, des Vertrages vom 05.06.1997 und der Änderungsvereinbarung vom 05.05.1998/11.05.1998, zuletzt seit dem 11.05.1998 in Gxxxxxxxx für die Beklagte tätig.
Aufgrund beiderseitiger Mitgliedschaft in den tarifschließenden Parteien findet u. a. der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Erfrischungsgetränke-Industrie sowie des Getränkefachgroßhandels für die Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen vom 24.03.1998 auf das Arbeitsverhältnis Anwendung.
Mit seiner beim Arbeitsgericht Potsdam am 27.12.2000 eingegangenen Klage begehrte der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 641,77 DM brutto nebst anteiligen Zinsen und meinte, er habe neben seinem Anspruch auf Fixum, das in den streitgegenständlichen Tagen gezahlt worden sei, darüber hinaus Anspruch auf Vergütung nach einer Durchschnittsprovision gem. § 3 einer nachwirkenden Gesamtbetriebsvereinbarung bei der Beklagten vom 29.06.1993. Die Beklagte meinte demgegenüber zur Begründung ihres Klageabweisungsantrages, ein Anspruch bestünde nicht, da der Kläger Fahrerprovision bereits für die Arbeitszeit erhalten habe, für die der Arbeitszeitausgleich gewährt worden sei.
Mit Urteil vom 22.08.2001 hat das Arbeitsgericht die Beklagte nach dem klägerischen Antrag zur Zahlung von 641,77 DM brutto nebst anteiligen Zinsen seit dem 06.01.2001 verurteilt. Wegen des weiteren erstinstanzlichen Tatbestandes sowie der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil (vgl. Bl. 141 b. 152 d. A.) Bezug genommen, § 543 Abs. 1 ZPO.
Gegen das der Beklagten am 26. November 2001 zugestellte Urteil hat sie Berufung eingelegt, die am 27. Dezember 2001 (Donnerstag nach Weihnachten) beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist. Die Berufungsbegründung ist nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 28. Februar 2002 an eben diesem Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangen.
Sie greift das angefochtene Urteil überwiegend aus Rechtsgründen an und wiederholt insoweit ihren erstinstanzlichen Sachvortrag. Durch die vom Kläger zusätzlich erbrachte Arbeit, für die ihm Freizeitausgleich gewährt worden sei, habe der Kläger am Provisionssystem teilgenommen. Bei der Beklagten werde auch das flexible Arbeitszeitsystem praktiziert. Auch der Kläger habe unregelmäßig ausweislich seiner Arbeitsstundennachweise gearbeitet. Über 100 Stunden hinausgehende Mehrarbeit pro Jahr habe der Kläger auch nicht erbracht. Im Übrigen sei die Geltendmachung von Mehrarbeit verfristet. Darüber hinaus verzichte die Beklagte auf die Einwendung der Ausschlussfrist für die hier streitgegenständliche Forderung als Vergütung für Arbeitszeitausgleich.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Potsdam vom 22.08.2001 – 6 Ca 4353/00 – die Klage im Übrigen abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil ebenfalls überwiegend aus Rechtsgründen. An den Tagen, an denen der Kläger seine Mehrarbeit durch Freizeit ausgeglichen habe, habe er nicht am Provisionssystem teilgenommen. Während des Abbummelns der erbrachten Arbeitsmehrleistungen könne er keine Provision erzielen. Insofern sei der vorliegende Fall mit den in der Betriebsvereinbarung beispielhaft benannten Urlaubs-, Krankheits- und Kurzeiten gleichzusetzen. Die Betriebsvereinbarun...