Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflicht des Arbeitgebers zur Anpassung der Betriebsrenten an die Entwicklung der gesetzlichen Renten aufgrund einer Betriebsvereinbarung
Leitsatz (amtlich)
Anpassung der Betriebsrente auf der Grundlage einer betrieblichen Versorgungsordnung (Abweichung von Hessischem Landesarbeitsgericht 22.02.2017 - 6 Sa 972/16 - Rn. 14)
Leitsatz (redaktionell)
1. Sieht eine Versorgungsordnung vor, dass sich die zugesagten Versorgungsbezüge jährlich entsprechend der Anpassung der gesetzlichen Renten erhöhen, sofern der Arbeitgeber keine hiervon abweichende Entscheidung trifft, so liegt ein Anspruch mit einem Änderungsvorbehalt vor. Ein solcher Vorbehalt kann grundsätzlich auch in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden.
2. Die Auslegung der konkreten Versorgungsordnung ergibt, dass der Arbeitgeber von diesem Vorbehalt nur unter engen Voraussetzungen Gebrauch machen kann. Die Anpassung entsprechend der gesetzlichen Renten darf "nicht vertretbar" sein. Hierfür muss der Arbeitgeber darlegen, dass seine eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ihm eine Anpassung im eigentlich geschuldeten Umfang nicht ermöglicht (Abweichung vom Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 22.02.2017 - 6 Sa 972/16 -).
3. Weiterhin ergibt die Auslegung der Versorgungsordnung, dass nicht nur die Pensionsergänzung, sondern die Gesamtversorgungsbezüge gemäß der Entwicklung der gesetzlichen Renten anzupassen sind. Dies bezieht auch die Rentenleistungen aus einer konzerneigenen Pensionskasse mit ein.
Normenkette
BetrAVG § 16
Verfahrensgang
ArbG Duisburg (Entscheidung vom 27.11.2017; Aktenzeichen 1 Ca 361/17) |
Tenor
- Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 27.11.2017 - 1 Ca 361/17 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es sich bei den ausgeurteilten Beträgen um Bruttobeträge handelt und dass die gerichtlichen Kosten erster Instanz dem Kläger zu 40 % und der Beklagten zu 60% auferlegt werden.
- Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Anpassung der Versorgungsbezüge des Klägers zum 01.07.2015 und zum 01.07.2016.
Die Beklagte ist ein Lebensversicherungsunternehmen, das in den deutschen H. Konzern eingebunden ist. Sie ist Rechtsnachfolgerin der W. Deutsche Lebensversicherungs AG (im Folgenden: W.). Muttergesellschaft der Beklagten ist die H. Deutschland AG. Neben der Beklagten gibt es als weitere Versicherungsgesellschaft die H. Versicherung AG. Der am 05.02.1948 geborene Kläger war in der Zeit vom 01.10.1983 bis zum 30.04.2010 bei der W. beschäftigt.
Der Kläger bezog seit dem 01.05.2010 zunächst von der W. und später von der Beklagten eine Betriebsrente aufgrund des Versorgungsfalls Alter, die monatlich zum Ersten zu zahlen war. Grundlage der an den Kläger gewährten Betriebsrente waren die Regelungen des Betrieblichen Versorgungswerks. Ausweislich dieser Regelungen erhielt der Kläger eine Gesamtversorgung, die sich aus Rentenleistungen der konzerneigenen Versorgungskasse (im Folgenden VK-Altersrente) und einer Direktzusage (Pensionsergänzung, im Folgenden Vofue-Rente) zusammensetzte. Die Leistungen der VK-Altersrente wurden durch die nach dem Geschäftsplan der Versorgungskasse gutzuschreibenden Überschussanteile gesteigert. Geregelt wurde die Zahlung der Vofue-Rente in der Gesamtbetriebsvereinbarung "Bestimmungen des betrieblichen Versorgungswerks", bestehend aus den "Grundbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerks" (im Folgenden BVW), den "Ausführungsbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerks" (im Folgenden BVW-A) und den "Übergangsbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerks" (im Folgenden BVW-Ü).
In den BVW hieß es u.a.:
"§ 1 Zweck des Pensionsergänzungsfonds
Der Zweck des Pensionsergänzungsfonds ist, den anspruchsberechtigten Betriebsangehörigen bzw. ihren versorgungsberechtigten Hinterbliebenen eine Pensionsergänzung zu gewähren, sofern und solange die in den Ausführungsbestimmungen näher bezeichneten Leistungen der Sozialversicherung sowie anderer gesetzlicher Versorgungen und die Leistungen der Versorgungskasse zusammen die Gesamtversorgungsbezüge gemäß § 4 der Ausführungsbestimmungen nicht erreichen.
...
§ 2 Berechtigter Personenkreis
...
3. Auf die Leistungen des Pensionsergänzungsfonds besteht ein Rechtsanspruch, der nur durch die in den Ausführungsbestimmungen enthaltenen Widerrufsvorbehalte eingeschränkt ist.
In den In den BVW-A hieß es u.a.:
§ 5 Zusammensetzung der Versorgungsbezüge
Erreichen die nachstehenden Leistungen zusammen in der Höhe nicht die erworbenen Gesamtversorgungsansprüche, wird eine Pensionsergänzungszahlung fällig.
1. Bestandteil der Gesamtversorgungsbezüge sind:
1.1. Die Rentenleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung. Hat der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung Renten individuell zu kürzen, so gilt die ungekürzte Rente als Bestandteil der Gesamtversorgung (z.B. familienrechtlicher Versorgungsausgleich)
1.2. Die Renten aus der freiwilligen Höher...