Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Aufhebung der Prozesskostenhilfe wegen unterbliebener Mitwirkung
Leitsatz (amtlich)
1. Sowohl die Aufforderung, sich über eine etwaige Änderung der persönlichen Verhältnisse zu erklären (§ 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO), als auch ein auf § 124 Nr. 2 ZPO gestützter Aufhebungsbeschluss sind an den beigeordneten Rechtsanwalt zu richten und zuzustellen (BAG, Beschl. v. 19.07.2006 - 3 AZB 18/06 -; BGH, Beschl. v. 08.12.2010 - XII ZB 38/09 - m.w.N.).
2. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden, wenn nach den glaubhaft gemachten Tatsachen zumindest die Möglichkeit offen bleibt, dass die Fristversäumnis - hier § 127 Abs. 3 Satz 3 ZPO - von der Partei bzw. ihrem Prozessbevollmächtigten verschuldet war (BGH, Beschl. v. 08.04.2014 - VI ZB1 /13 - m.w.N.).
3. Die Vorschrift des § 85 Abs. 2 ZPO findet im Prozesskostenhilfeverfahren Anwendung (BGH, Beschl. v. 12.06.2001 - XI ZR 161/01 - m.w.N.).
Normenkette
ZPO § 120 Abs. 4 S. 2, § 127 Abs. 3 S. 3, § § 233 ff., § 85 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 16.05.2013; Aktenzeichen 9 Ca 9417/11) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 16.05.2013- 9 Ca 9417/11 - wird als unzulässig verworfen.
Gründe
I. Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, denn der Kläger hat die Beschwerdefrist nicht eingehalten. Ihm war auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Beschwerdefrist zu gewähren.
1. Durch den angefochtenen Beschluss hat das Arbeitsgericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe gemäß § 124 Nr. 2 ZPO aufgehoben, da der Kläger der Aufforderung, sich gemäß § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO darüber zu erklären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist, nicht nachgekommen ist.
2. Für die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen den die Prozesskostenhilfebewilligung aufhebenden Beschluss gilt gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2, 3 ZPO eine Notfrist von einem Monat. Die Frist beginnt grundsätzlich mit der Zustellung der Entscheidung, § 569 Abs. 1 Satz 2 ZPO.
a) Die Zustellung des Aufhebungsbeschlusses hat grundsätzlich an den für das Prozesskostenhilfeverfahren bestellten Prozessbevollmächtigten zu erfolgen. Hat dieser den ursprünglichen Prozesskostenhilfeantrag gestellt und ist er der Partei mit dem die Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschluss beigeordnet worden, so gilt seine Bestellung im Sinne von § 172 Abs. 1 ZPO auch nach Beendigung der Instanz in dem Überprüfungsverfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO fort. Dies hat zur Folge, dass sowohl die Aufforderung, sich über eine etwaige Änderung der persönlichen Verhältnisse zu erklären, als auch ein auf § 124 Nr. 2 ZPO gestützter Aufhebungsbeschluss an den bevollmächtigten Rechtsanwalt zu richten und zuzustellen sind (BAG, Beschl. v. 19.07.2006- 3 AZB 18/06 -; BGH, Beschl. v. 08.12.2010 - XII ZB 38/09 - m. w. N.).
b) Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers wurde der Aufhebungsbeschluss am 15.01.2014 zugestellt. Die Monatsfrist endete gemäß § 222 Abs. 2 ZPO mit dem 17.02.2014. Der Eingang einer Beschwerde innerhalb dieser Frist war nicht zu verzeichnen.
3. Dem Kläger war auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdeeinlegungsfrist zu gewähren (§ 233 ZPO).
a) Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, eine Notfrist einzuhalten. Das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten ist der Partei zuzurechnen, § 85 Abs. 2 ZPO. Die Partei muss die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen glaubhaft machen (§ 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden, wenn nach den glaubhaft gemachten Tatsachen zumindest die Möglichkeit offen bleibt, dass die Fristversäumnis von der Partei bzw. ihrem Prozessbevollmächtigten verschuldet war (BGH, Beschl. v. 08.04.2014 - VI ZB 1/13 - m. w. N.). Grundsätzlich müssen nach den §§ 234 Abs. 1, 236 Abs. 2 ZPO alle Tatsachen, die für die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Bedeutung sein können, innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist vorgetragen werden. Jedoch dürfen erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten gewesen wäre, noch nach Fristablauf erläutert oder vervollständigt werden (BGH, Beschl. v. 31.03.2010 - XII ZB 166/09 - m. w. N.).
b) Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind nicht erfüllt, weil die Versäumung der Beschwerdefrist jedenfalls auch auf einem Verschulden des Prozessbevollmächtigten des Klägers beruht, das nach § 85 Abs. 2 ZPO einem eigenen Verschulden des Klägers gleich steht. Die Vorschrift des § 85 Abs. 2 ZPO findet im Prozesskostenhilfeverfahren Anwendung (BGH, Beschl. v. 12.06.2001 - XI ZR 161/01 - m. w. N.). Der Klägervertreter hat nicht dargetan, dass er innerhalb der laufenden Beschwerdefrist etwas zur Rechtswahrung seines Mandanten unternommen...