Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung zwischen Firmenleistungen und betrieblicher Altersversorgung
Leitsatz (redaktionell)
1. a) Der klassische biologische Versorgungsfall "Alter" bedarf, um ihn betriebsrentenrechtlich handhaben zu können, einer bestimmten Definition, bezogen auf das Lebensalter der Zusageempfänger.
b) Es bedarf einer bestimmten Festlegung eines Zeitpunktes, bezogen auf das Lebensalter der Versorgungsempfänger, zu dem der Versorgungsfall "Alter" eintreten soll.c) Gibt die Versorgungszusage bzw. die die näheren Modalitäten der Zusage regelnde Versorgungsordnung weder ausdrücklich, noch konkludent eine solche "feste Altersgrenze" vor, ist, der Regelung in § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG entsprechend, auf den Zeitpunkt abzustellen, zu welchem der Zusageempfänger die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht hat.
2. a) Die Versorgungszusage bzw. die hierfür maßgebliche Versorgungsordnung kann auch einen früheren Zeitpunkt als "feste Altersgrenze" definieren, solange der Zweckcharakter der Leistung als "betrieblicheAltersversorgung" nicht in Frage gestellt wird.
b) Maßgeblich ist jedoch in jedem Fall, dass die betrieblichen Leistungen dazu dienen sollen, die Versorgung des Arbeitnehmers nach dessen Ausscheiden aus dem Berufs- und Erwerbsleben zu sichern oder zu verbessern.
3. Bei den "Firmenleistungen", die der Arbeitnehmer bezogen hat und die er auch vor dem Erreichen des 65. Lebensjahres weiter beziehen will, handelt es sich nicht um Leistungen einer "betrieblichen Altersversorgung" in diesem Sinn.
Normenkette
BetrAVG § 2 Abs. 1, § 7 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 17.01.2012; Aktenzeichen 8 Ca 6645/11) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 17.01.2012 in Sachen8 Ca 6645/11 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet war und ist, an den Kläger, bevor dieser das 65. Lebensjahr vollendet, Leistungen auf eine sogenannte Firmenrente zu erbringen, die ihm von seiner früheren Arbeitgeberin zugesagt worden war, deren Rechtsnachfolgerin zwischenzeitlich in Insolvenz gefallen ist.
Der Kläger wurde am 1948 geboren.
Zum 01.09.1971 trat der Kläger in ein Arbeitsverhältnis zu einer E M GmbH & Co. in A ein. Die Arbeitgeberin gehörte seit 1972 dem H -Konzern an. Anlässlich der Aufnahme des Klägers in den Kreis der AT-Angestellten erhielt er durch eine Arbeitsvertragsänderung vom 12.01.1976 eine betriebliche Versorgungszusage. Die entsprechende Vertragsklausel lautete wie folgt:
"Gleichzeitig geben wir Ihnen die Zusage auf eine betriebliche Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung, wonach sie nach 25 anrechnungsfähigen Dienstjahren maximal 40 % Ihres ruhegeldfähigen Einkommens von uns erhalten werden."
(Anlage K 1, Bl. 8 d. A.)
Zum 01.01.1987 erfolgte eine Neuordnung der betrieblichen Altersversorgung des Klägers. In dem hierüber an ihn gerichteten Informationsschreiben heißt es auszugsweise wie folgt:
"I.
Für Dienstzeiten ab 01.01.1987 erwerben Sie Versorgungsbezüge, nach der Ordnung unserer betrieblichen Grund- und Zusatzversorgung in ihrer jeweiligen Fassung.
...
Sie verpflichten sich, ab 01.01.1987 Mitglied der Pensionskasse der Mitarbeiter der H A V zu werden und die Mitgliedschaft für die Dauer Ihres Beschäftigungsverhältnisses aufrechtzuerhalten.
II.
Für Dienstzeiten im Unternehmen bis zum 31.12.1986 erhalten Sie eine Besitzstandsrente aus Ihrer bisherigen Versorgungszusage vom 09.09.1976, die mit dieser Vereinbarung abgelöst wird. Die Besitzstandsrente errechnet sich wie folgt:
Auf der Grundlage Ihres ruhegeldfähigen Einkommens vom September 1986 wird der Rentenanspruch unter Berücksichtigung der bis zum Alter 65 möglichen anrechnungsfähigen Dienstjahre ermittelt. Dieser Rentenanspruch wird mit dem Teil als Besitzstandsrente zugesagt, der dem Verhältnis der tatsächlichen Dienstzeit bis zum 31.12.1986 zu der bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres möglichen Dienstzeit entspricht.
...
Die Besitzstandsrente wird in der Regel entsprechend Ihrer Gehaltsentwicklung fortgeschrieben."
(Anlage K 2, Bl. 11 - 13 d. A.)
In der "Ordnung der betrieblichen Grundversorgung" der E M GmbH & Co. vom 12.05.1997 finden sich u. a. folgende Bestimmungen:
"III. Altersrenten
§ 8 Kassenleistungen
Die Pensionskasse leistet an ihre Mitglieder eine jährliche Altersrente oder vorgezogene Altersrente. Die Voraussetzungen, unter denen die Altersrente gezahlt wird, und deren Höhe bestimmen sich nach der Satzung und den AVB der Pensionskasse in ihren jeweils gültigen Fassungen.
§ 9 Firmenrente
...
(2) Die Firmenrente wird gewährt, wenn der Mitarbeiter nach Vollendung des 65. Lebensjahres (Altersrente) oder nach Vollendung des 60. Lebensjahres (vorgezogene Altersrente) aus der Firma ausscheidet."
(Anlage K 3, Bl. 14 ff. d. A.)
§ 7 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) der Pensionskasse der Mitarbeiter der H -Gruppe regelt unter der Überschrift "Alters- und vorgezogene Altersrente...