Entscheidungsstichwort (Thema)
Bezugnahmeklausel. Formulararbeitsvertrag. Unklarheitenregelung. Lebensaltter. Vergütungshöhe
Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel und zur Anwendung von § 305 c BGB auf eine solche.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 305c, 611; BAT
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Urteil vom 05.01.2007; Aktenzeichen 3 Ca 1835/06) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 05.01.2007 in Sachen 3 Ca 1835/06 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Höhe der der Klägerin zustehenden arbeitsvertraglichen Vergütung.
Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 3. Kammer des Arbeitsgerichts Bonn dazu bewogen haben, der Klage teilweise, nämlich in demjenigen Umfang, in dem die geltend gemachten Differenzansprüche nicht nach § 70 BAT verfallen sind, stattzugeben, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 05.01.2007 Bezug genommen.
Das arbeitsgerichtliche Urteil wurde dem Beklagten am 17.01.2007 zugestellt. Er hat hiergegen am 13.02.2007 Berufung einlegen und diese nach Verlängerung der Frist bis zum 17.04.2007 am 10.04.2007 begründen lassen.
Der Beklagte meint, das Arbeitsgericht habe der Klage zu Unrecht teilweise stattgegeben. § 5 des Arbeitsvertrages der Parteien enthalte keine dynamische Verweisung auf eine entsprechende tarifliche Vergütung in jeweils geltender Höhe. Auch habe die Klägerin nicht dargelegt, warum sie in die Vergütungsgruppe BAT KR 02, Stufe 5 einzugruppieren sei. Aus dem Arbeitsvertrag ergebe sich diese Eingruppierung nicht. Schließlich habe das Arbeitsgericht nicht die gebotenen Konsequenzen daraus gezogen, dass der BAT und der zugehörige Vergütungstarifvertrag Nr. 35 im Laufe des Jahres 2005 außer Kraft getreten seien.
Ferner meint der Beklagte, es stünde den Ansprüchen der Klägerin entgegen, dass das Vergütungssystem des BAT – wegen der darin enthaltenen vom Lebensalter abhängigen Stufensteigerungen – wegen Altersdiskriminierung europarechtswidrig und damit nichtig sei. Er, der Beklagte, habe der BAT-Systematik, nach Lebensalter zu vergüten, von an Beginn an keinen Anreiz entnehmen können. Deshalb enthalte der Tarifvertrag zwischen der D in Rheinland-Pfalz und der Gewerkschaft Ö vom 13.05.1990 in dieser Beziehung auch ein eigenständiges Vergütungssystem; denn nach § 3 Abs. 1 dieses Tarifvertrages sollte § 27 BAT mit der Maßgabe gelten, dass die Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen nicht nach Lebensalter, sondern nach Berufsjahren gestaffelt zu bemessen seien.
Wegen der Einzelheiten der Argumentation des Beklagten in der Berufungsinstanz wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 10.04.2007 sowie den weiteren Schriftsatz vom 12.07.2007 Bezug genommen.
Der Beklagte und Berufungskläger beantragt nunmehr,
das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 05.01.2007 (3 Ca 1835/06), zugestellt am 17.01.2007, abzuändern und die Klage abzuweisen.
Hilfsweise hierzu beantragt der Beklagte,
das vorgenannte Urteil des Arbeitsgerichts Bonn aufzuheben, den Rechtsstreit dem EuGH zur Vorabentscheidung nach Art. 234 EG-V vorzulegen und den Rechtsstreit entsprechend § 148 ZPO auszusetzen.
Äußerst hilfsweise beantragt der Beklagte,
das Verfahren nach § 148 ZPO auszusetzen bis zur Entscheidung des EuGH über die Vorlage des BAG an den EuGH vom 23.06.2006 (2 AZR 352/02, NZA 2006, 1276 ff.).
Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte weist das gegnerische Berufungsvorbringen als unerheblich zurück. Sie hebt hervor, dass sie zu keinem Zeitpunkt höhere Ansprüche wegen Erreichens eines bestimmten Lebensalters oder einer bestimmten Betriebszugehörigkeitsdauer geltend gemacht habe oder geltend mache. Auch mache sie keine bestimmte BAT-Eingruppierung geltend. Ihren Ansprüchen lege sie vielmehr lediglich zugrunde, was zwischen den Parteien bis zuletzt unstreitig gewesen sei, nämlich dass sich die vom Beklagten an sie gezahlte Vergütung an den Beträgen der Vergütungsgruppe BAT KR 02 Stufe 5 orientiert habe, wie bis Oktober 2003 ausdrücklich in den Gehaltsabrechnungen dokumentiert worden sei.
Entgegen der Auffassung des Beklagten spiele es auch keine Rolle, dass der BAT zum 30.09.2005 außer Kraft getreten sei. Sie, die Klägerin, gehe selbst nicht davon aus, dass ihr Arbeitsvertrag auch insoweit eine dynamische Verweisung enthalte, als nun seit dem 01.10.2005 die Regelungen des TVöD Anwendung finden müssten. Dies ändere aber nichts daran, dass sie bis auf weiteres Vergütungszahlungen in derjenigen Höhe beanspruchen könne, die dem letzten Stand des BAT nebst zugehörigem Vergütungstarifvertrag in seiner zuletzt geltenden Fassung entsprächen.
Auf die angebliche Europarechtswidrigkeit des BAT, so die Klägerin, könne sich der Beklagte schon deshalb nicht berufen, weil er selbst als Verwender des Formul...