Entscheidungsstichwort (Thema)
Konkurrentenklage. einstweilige Verfügung. öffentlicher Dienst. Schwerbehinderung
Leitsatz (amtlich)
Einzelfall einer Konkurrentenklage eines schwerbehinderten Angestellten im öffentlichen Dienst (einstweilige Verfügung).
Normenkette
GG Art. 33
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Urteil vom 21.09.2011; Aktenzeichen 5 Ga 39/11) |
Tenor
1) Das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 21.09.2011 – 5 Ga 39/11 – wird abgeändert und der Beklagten wird aufgegeben, die bei ihr zu besetzende Stelle als Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Kennziffer …, Entgeltgruppe E 13 TVöD, in M, bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, nicht mit einer anderen Bewerberin bzw. einem anderen Bewerber bis zum Abschluss eines neu durchzuführenden Auswahlverfahrens, spätestens bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Hauptsacheverfahrens zu besetzen.
2) Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Tatbestand
Die Parteien streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren über die Verpflichtung der Beklagten, die bei ihr zu besetzende Stelle als Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim B in M bis zum Abschluss eines neu durchzuführenden Ausfallverfahrens, spätestens bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Hauptsacheverfahrens nicht zu besetzen.
Der am … 1964 geborene Kläger ist derzeit Angestellter beim B. in M. mit einer Vergütung nach Entgeltgruppe 12. Der Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 80 und leidet seit seiner Geburt an einer hochgradigen Schwerhörigkeit. Er kann nicht telefonieren und ist in Gesprächen darauf angewiesen, von den Lippen abzulesen.
Auf die bei der Beklagten im Bundesministerium des Inneren und in den Behörden seines Geschäftsbereichs geltende Rahmenvereinbarung zur Integration Schwerbehinderter und diesen gleichgestellten behinderten Menschen vom 15.09.2010 wird verwiesen.
Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 17.06.2010 auf die Stelle eines Wissenschaftlichen Mitarbeiters (Kennziffer …, die Anfang 2010 vom B für den Standort M ausgeschrieben wurde. Auf die Ausschreibung und das Bewerbungsschreiben wird verwiesen. Am 30.09.2010 fand ein Vorstellungs- und Auswahlgespräch statt, zu dem insgesamt sechs Bewerber einschließlich des Klägers geladen wurden. Das Bundesverwaltungsamt erstellte als zuständige Behörde am 11.10.2010 über den „Abschluss des Auswahlverfahrens für die Stellenausschreibung …” einen Vermerk. Danach wurde nur der Kläger und der Mitbewerber Herr B als geeignet angesehen und ein Ranking mit Herrn B auf Platz 1 und dem Kläger auf Platz 2 festgelegt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 11.10.2010 verwiesen.
Die Vertrauensperson der Schwerbehinderten und der örtliche Personalrat stimmten dem Ergebnis der Auswahlgespräche, das von den Kommissionsmitgliedern am 30-09-2010 festgelegt wurde, nicht zu. Der Gesamtpersonalrat verweigerte mit Schreiben vom 11.04.2011 die Zustimmung zur Einstellung des ausgewählten Herrn B.. Zur Begründung heißt es dazu u. a.:
„Qualifikation
Gemäß der Qualifikation in der Ausschreibung (Wissenschaftliche Mitarbeiter/in) wurde zum einen ein abgeschlossenes Hochschulstudium … sowie zum weiteren eine mehrjährige Berufserfahrung als Software-Entwicklungsleiter/in und Projektleiter/in gefordert.
Das BVA hat für die formelle Vorauswahl (gemäß Auswahlvermerk vom 11.10.2010) lediglich das Vorhandensein eines abgeschlossenen Hochschulstudiums … geprüft, nicht jedoch die ebenfalls notwendige Berufserfahrung als Software-Entwicklungsleiter/in und Projektleiter/in.
Da aus den Unterlagen des Bewerbers B nicht hervorging, dass er die geforderte Berufserfahrung besitzt, wurde seitens der Kommission abgesprochen, ihn diesbezüglich zu fragen.
Nach seiner beruflichen Tätigkeit und speziell auch durchgeführten Arbeiten während seiner Selbständigkeit gefragt antwortete Herr B., er habe nicht als Software-Entwicklungsleiter und ebenfalls nicht als Projektleiter gearbeitet.
Auch findet sich in dem der Beteiligungsvorlage mitgelieferten Lebenslauf des Herrn B. weder ein Hinweis auf eine Berufstätigkeit als Software-Entwicklungsleiter noch als Projektleiter.
In seiner Selbständigkeit habe der Schwerpunkt seiner Tätigkeit auf Einkauf und Installation von Hard- und Software gelegen. Auch habe er externe Dienstleister koordiniert, dies seien aber nicht seine Mitarbeiter gewesen. Er habe die komplette IT-Konsolidierung (für 20 Server und eine Anzahl von Arbeitsplätzen) gemacht mit Anbindungen, Sicherheit und Vergabe von Zugriffsrechten. Man habe ihm gesagt, er solle sich kümmern, allerdings habe er nicht die Funktion eines Projektleiters übertragen bekommen. Er habe entscheiden sollen, was wie gemacht werden soll, dies habe er auch entsprechend mit den Leuten besprochen.”
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 11.04.2011 verwiesen.
Herr B. ist ein externer Bewerber, der zuletzt seit Oktober 2008 im Bereich der Informations- und Telekommunikationstechnik als Angestellter tätig ist und vorher seit Januar 2002 selbständiger IT-Ber...