Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifvertrag. Anordnung von Arbeitsunterbrechung. Annahmeverzug. Vergütungsreduzierung für Schulungszeiten
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Arbeitgeber gerät durch die kurzfristige und einseitige Anordnung von Arbeitsunterbrechungen in Annahmeverzug.
2. Die formularmäßige Vereinbarung einer 20%igen Vergütungsreduzierung für ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers liegende Schulungszeiten verstößt gegen § 307 Abs. 1 BGB.
Normenkette
TVG § 4 Abs. 5
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 15.03.2007; Aktenzeichen 1 Ca 568/07) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird – unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung – das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 15.03.2007 – 1 Ca 568/06 – teilweise abgeändert: Die Zahlungsklage wird in Höhe eines Betrags von 325,23 EUR (Weihnachtsgeld 2006 und Überstundenzuschläge) abgewiesen.
Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits I. Instanz trägt die Klägerin zu 1/3, die Beklagte zu 2/3, die Kosten der Berufung tragen beide Parteien zu je 50 %.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin ist bei der Beklagten, welche im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland Fluggastkontrollen am Verkehrsflughafen K. durchführt, seit dem 01.01.2004 als Fluggastkontrolleurin beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt ein Arbeitsvertrag vom 20.11.2003 zugrunde. Gemäß § 2 Ziff. 2 des Arbeitsvertrages ist die Klägerin verpflichtet, „im monatlichen Durchschnitt 150 Stunden zu arbeiten, …” wobei sich die Einzelheiten aus einem jeweiligen Diensteinsatzplan der Firma ergeben. In § 3 Ziff. 3 heißt es, dass als Überstunden die Arbeitszeit vergütet wird, „die über 195 Stunden pro Monat hinaus geht”. Nach § 4 Ziff. 1 erhält die Klägerin im Kalenderjahr einen Erholungsurlaub von 20 Tagen.
§ 8 Ziff. 1 bestimmt, dass „alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Anstellungsverhältnis und solche, die mit dem Anstellungsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 2 Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden”.
Zwischen den Parteien besteht u. a. Streit über die Anwendbarkeit das für allgemeinverbindlich erklärten Manteltarifvertrages für das Wach- und Sicherheitsgewerbe NRW vom 02.02.2000 (abgekürzt: MTV 2000) sowie des – ebenfalls mit Bekanntmachung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW vom 20. März 2007 mit Wirkung vom 01.01.2006 für allgemeinverbindlich erklärten – Manteltarifvertrages für das Wach- und Sicherheitsgewerbe vom 08.12.2005 (MTV 2005), beide abgeschlossen von der Gewerkschaft ver.di Landesbezirk NRW und dem Bundesverband deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e. V., Landesgruppe NRW.
Die nicht gewerkschaftlich organisierte Klägerin vertritt die Auffassung, dass auf das Arbeitsverhältnis der MTV 2000 anwendbar ist. Nach Ziff. 3.1.1 MTV 2000 ist auf den tariflichen Stunden-Grundlohn ein Mehrarbeitszuschlag von 25 % ab der 174. Monatsarbeitsstunde für die Lohngruppen 2.0.1 bis 2.0.10 …” zu zahlen. Nach Ziff. 5.3. wird als Urlaubsgeld und Weihnachtszuwendung an die Arbeitnehmer ein Leistungszuschlag gezahlt. Das Urlaubsgeld ist nach Ziff. 5.3.1 spätestens am 15. Juni zu zahlen, die Weihnachtszuwendung ist spätestens mit der Novemberabrechnung auszuzahlen, nach Ziff. 5.3.3 beträgt der Leistungszuschlag 2,75 % je Arbeitsstunde und errechnet sich
- für die Lohngruppe 2.0.1 bis 2.0.10 von der Lohngruppe 2.0.1, Taglohn
- für die Lohngruppe 2.0.11 bis 2.0.20 von der Lohngruppe 2.0.11, Taglohn.
Nach Ziff. 9.2 MTV 2000 beträgt der Urlaub 30 Werktage, nach Z. 9.3 u. a. bei einer ununterbrochenen Betriebszugehörigkeit von 2 Jahren 31 Werktage.
Nach § 3 Z.1 a) MTV 2005 wird ein Mehrarbeitszuschlag von 25 % nunmehr erst ab der 265. Monatsarbeitsstunde gezahlt.
Die Klägerin hat mit der am 19.07.2007 eingereichten Klage beim Arbeitsgericht mit dem Antrag zu 2) die Gewährung von 7 Tagen Resturlaub aus dem Jahr 2006, ferner zu 1) Zahlung der Weihnachtszuwendung 2006 in Höhe von 308,35 EUR, Differenzen beim Lohn für 16 Schulungsstunden im September und Oktober 2006 in Höhe von 34,40 EUR, Mehrarbeitszuschläge für 6,3 Stunden im Oktober 2006 mit 16,88 EURund 1 Breakstunde am 31.10.2006 zu 10,73 EUR, insgesamt 370,36 EUR nebst Verzugszinsen geltend gemacht.
Das Arbeitsgericht hat durch ein am 15.03.2007 verkündetes Urteil der Klage der Klage in vollem Umfang stattgegeben, die Kosten des Rechtsstreits hat es der Beklagten auferlegt. Wegen der Begründung wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Gegen das am 10.04. 2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 30.04.2007 Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Begründungsfrist am 19.06.2007.2007 begründet. Die Beklagte vertritt mit der Berufungsbegründung – wie bereits in erster Instanz – die Auffassung, dass der MTV 2000 auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung finde. Das zeige sich insbesondere daran, dass mit Wirkung vom 01.09.2005 ein Manteltarifvertrag für Sicherheitskräfte...