Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch eines Vorsitzenden des Personalrats auf Unterlassung und Widerruf ehrverletzender Äußerungen
Leitsatz (amtlich)
Erklären die zurückgetretenen Mitglieder des Personalrats per E-Mail und am Schwarzen Brett, sie Würden eine Wiederwahl des bisherigen Vorsitzenden nicht mittragen, weil unter seinem Vorsitz eine sachliche, zielführende, ausgewogene Personalratsarbeit nicht bzw. nur unter schwierigen Bedingungen möglich sein, so liegt darin in der Regel keine herabsetzende Schmähkritik, sondern eine im demokratischen Prozess hinzunehmende Meinungsäußerung. Sie vermag weder einen Anspruch des Personalratsvorsitzenden auf Widerruf noch auf Unterlassung zu begründen. Dies gilt insbesondere dan, wenn dieser zuvor seinerseits scharfe Kritik erhoben hat (hier: der Vorwurf der Wahlverschleppung).
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 2, Art. 5
Verfahrensgang
ArbG Wilhelmshaven (Urteil vom 01.10.2003; Aktenzeichen 1 Ca 161/03) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven vom 01.10.2003 – 1 Ca 161/03 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien sind Mitarbeiter des WSA WHV.Sie streiten um Unterlassung und Widerruf von Äußerungen, die die Beklagten im Zusammenhang mit ihrem Personalratsamt gegenüber dem Klägerabgegeben haben, dem ehemaligen Vorsitzenden des Personalrats.
Die Parteien gehörten dem 1999 gewählten Personalrat an, der Kläger als Sprecher der Mehrheitsgruppe der Arbeiter und Vorsitzender, die Beklagten als Mitglieder der Gruppe der Angestellten und Beamten. Nach erfolgreicher, am 10.06.2002 rechtskräftiger Wahlanfechtung musste für die Gruppe der Arbeiter eine Wiederholungswahl stattfinden. Der verbleibende Personalrat bestand aus den Beklagten. Die Wahlen fanden im Oktober 2002 statt.
Unter dem 28.10.2002 richtete der Kläger zusammen mit dem Gewerkschaftssekretär H. der Gewerkschaft ver.di und unter Adresse der Gewerkschaft ein Schreiben an den Amtsleiter, den Bezirkspersonalrat, den Wahlvorstand und den Restpersonalrat, das auszugsweise folgenden Inhalt hat:
„Da der Wahlvorstand seiner Verpflichtung zur Einladung einer konstituierenden Sitzung spätestens am 6. Arbeitstag nach dem letzten Wahltag nicht nachgekommen ist, kommen heute um 14.00 Uhr, in Gegenwart eines Rechtsschutzsekretärs, die gewählten Personalratsmitglieder der Gruppe der Arbeiter in der Verdi-Geschäftsstelle zusammen, um ihren Gruppensprecher zu wählen.
Mit den entsprechenden Vorbereitungen ist der Listenführer W. J. beauftragt, der sich heute um 7.00 Uhr offiziell bei der SEZ entsprechend abgemeldet hat.
Über weitere Schritte werden Sie in Kenntnis gesetzt.
Nach einer über 4 1/2-monatigen Verschleppung der Wiederholungswahl auch durch den Dienststellenleiter protestieren wir gegen jede weitere Verzögerung hinsichtlich einer ordnungsgemäßen Zusammensetzung der Personalvertretung beim WSA WHV.”
Die Mitglieder der neu gewählten Mehrheitsgruppe der Arbeiter des Personalrats schrieben ferner an den bisherigen Restpersonalrat beim WSA WHV im Hinblick auf die Einladung zur Sitzung am 30.10.2002 auszugsweise Folgendes:
Wie bereits per Fax am 28.10.2002 mitgeteilt … hat sich die Gruppe der Arbeiter wegen schwerer Versäumnisse des Wahlvorstandes gemäß BPersVG am gleichen Tage in den Geschäftsräumen von ver.di ihren Sprecher gewählt. Diese Handlungweise ist mit dem Rechtssekretär beim verdi-Bezirk in Bremen abgestimmt. Das einstimmige Ergebnis für den Gruppensprecher lautet:
W. J..
Entsprechende Protokolle können beim verdi-Sekretär J. H. eingesehen werden.
Der Tagesordnungspunkt Neuwahl des Sprechers der Gruppe der Arbeiter entfällt damit. Des Weiteren ist zu bemerken, dass, wenn der bisherige Restpersonalrat die Rolle des Wahlvorstandes übernimmt, um dessen Versäumnisse zu heilen, er dieselbe Neutralitätsverpflichtung hat.
Dies bezieht sich auf die Tagesordnung, wo ausschließlich auf die Vornahme von Wahlen gemäß §§ 32 und 33 sich zu beschränken ist. Bei dieser „Konstituierung” ist die Situation von 1999 so weit wie möglich zu wiederholen. Da wir zwei neu in den PR gewählte Mitglieder dabei haben, müssen diese auch die Gelegenheit bekommen, ihr Votum für den 1. Stellvertreter und den 2. Stellvertreter abzugeben. Dies sind Beschlüsse, die das ganze Gremium zu treffen hat. …
Von diesem Schreiben erhielten der Wahlvorstand sowie der Dienststellenleiter und der Bezirkspersonalrat eine Abschrift.
Daraufhin gaben die Beklagten am 30.10.2002 am Schwarzen Brett und per E-Mail an alle Mitarbeiter des Amtes folgende Erklärung ab:
„Liebe Kolleginnen und Kollegen,
heute sollte in der Personalratssitzung auf Grund der Wiederholungswahl der Arbeiter ein Vorsitzender gewählt werden.
Die Beamten und Angestellten im Personalrat sowie deren Vertreter hatten sich im Vorfeld darüber verständigt, dass sie eine Wiederwahl des bisherigen Vorsitzenden W. J. nicht mittragen werden.
Unseres Erachtens ist eine sachliche Personalratsa...