Entscheidungsstichwort (Thema)
Sportunfall in der Ferienanlage: Schmerzensgeldanspruch gegen den Reiseveranstalter. Anrechnung des Mitverschuldens des Reisenden auf die Entschädigungsansprüche von Ehefrau und Kindern wegen entgangener Urlaubsfreude
Orientierungssatz
1. Wer während eines Fußballspiels im Rahmen eines Animationsprogramms in der Ferienanlage in eine nicht ordnungsgemäß verschlossene Bodenöffnung auf dem Spielfeld tritt und sich eine Achillessehnenruptur zuzieht, die operiert und stationär behandelt werden muss, zu einer fast dreimonatigen Arbeitsunfähigkeit führt und auch danach mehrfach ärztliche Behandlung über Monate erforderlich macht, hat gegen den Reiseveranstalter einen Schmerzensgeldanspruch von 2.800 Euro. Dabei ist von einem Mitverschulden auszugehen, wenn dem Geschädigten die Gefahrenstelle aus dem letzten Urlaub noch latent bekannt war.
2. Macht der Verletzte einen gesonderten Anspruch auf eine Entschädigung wegen entgangener Urlaubsfreude (§ 651f Abs. 2 BGB) geltend, können diese Gesichtspunkte bei der Bemessung des Schmerzensgeldes nicht berücksichtigt werden.
3. Die Ehefrau und die Kinder des Geschädigten müssen sich auf ihren Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung wegen entgangener Urlaubsfreude dessen Mitverschulden anrechnen lassen.
4. Der klagende Reiseanmelder kann auch die Ansprüche seiner Mitreisenden wegen entgangener Urlaubsfreude ohne vorherige Abtretung selbst geltend machen. Er kann aber nicht Zahlung an sich selbst verlangen kann, sondern nur Zahlung an die jeweiligen Mitreisenden.
Normenkette
BGB §§ 253, 254 Abs. 1, § 651f Abs. 2
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein weiteres Schmerzensgeld von 800,– Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.08.2010 sowie einen weiteren Betrag von 1.195,07 Euro zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Ehefrau des Klägers, Frau … 460,– Euro und an die Töchter des Klägers, … und … jeweils 190,– Euro zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen künftigen materiellen und immateriellen Schaden, resultierend aus dem Unfall vom 20.07.2010 zwischen 16:00 Uhr und 17:00 Uhr in der Hotelanlage „…” in Cala Millor (Mallorca), Spanien, zu ersetzen abzüglich Berücksichtigung eines mit 20% zu bewertenden Mitverschuldens des Klägers, soweit Ersatzansprüche nicht auf Dritte oder auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen werden.
Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 42% und die Beklagte zu 58% zu tragen.
Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Das Urteil ist für die Beklagte vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger macht gegen die Beklagte als Reiseveranstalterin Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche aufgrund eines Unfalls während der Reise in den „…” geltend.
Der Kläger buchte bei der Beklagten für sich, seine Ehefrau und die beiden gemeinsamen Kinder für den Zeitraum 18.07. – 28.07.2010 einen Pauschalreiseurlaub in den „…” auf Mallorca zu einem Reisegesamtpreis von 3.419,– Euro. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Buchungsbestätigung vom 14.01.2010 (Bl. 11 – 16 d. A.) und die Prospektbeschreibung (Bl. 33 d. A.) Bezug genommen.
Am 20.07.2010 zwischen 16:00 und 17:00 Uhr nahm der Kläger am Animationsprogramm des bei der Beklagten gebuchten Hotels teil. Im Rahmen dieses Programms fand auf einem zur Hotelanlage gehörenden sog. Multifunktionsfeld ein Fußballspiel statt. Im Verlaufe des Spiels trat der Kläger mit der rechten Ferse in eine nicht verschlossene Bodenöffnung (vgl. Bl. 17 d. A.), die zur Verankerung von Pfosten (z.B. für ein Tennisnetz) dient. Dadurch zog sich der Kläger eine Achillessehnenruptur rechts zu.
Vor Ort erfolgte eine Erstversorgung der Verletzung des Klägers. Der Kläger entschloss sich, mit seiner Familie die Reise abzubrechen. Der Kläger und seine Familie traten am 23.07.2010 den Rückflug an.
Am 24.07.2010 unterzog sich der Kläger, der als Postzusteller arbeitet, im Universitätsklinikum G. und M. GmbH einer Achillessehnenoperation. Von dort wurde der Kläger am 28.07.2010 entlassen. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Entlassungsbrief vom 28.07.2010 (Bl. 58 / 59 d. A.) Bezug genommen.
Anschließend wurde der Kläger ambulant weiterbehandelt. Aufgrund der Verletzung war der Kläger für mehrere Wochen gehbehindert und konnte sich nur auf Krücken fortbewegen. Die Behandlung wurde am 14.02.2011 abgeschlossen. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die ärztliche Stellungnahme vom 04.05.2011 (BL 60 d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger war nach dem Unfall bis zum 10.10.2010 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die entsprech...