Entscheidungsstichwort (Thema)
Kraftfahrzeugvermietung: Unwirksamkeit einer formularmäßigen Rücknahme einer Haftungsreduzierung. Kraftfahrzeugvermietung: unbeschränkte Mieterhaftung bei Fahrzeugschaden durch Nichtbeachtung der Durchfahrthöhe
Orientierungssatz
1. Sieht ein formularmäßiger Mietvertrag für einen Lkw für den Mieter eine Haftungsreduzierung auf einen Maximalbetrag von 650 DM vor, ist eine an anderer Stelle im Formularvertrag aufgeführte Rücknahme der Haftungsbeschränkung unwirksam, die für Fahrzeugschäden gelten soll, die auf die Nichtbeachtung der lichten Durchfahrthöhe zurückzuführen sind.
2. Jedoch führt die Unwirksamkeit des Ausschlusses der Haftungsreduzierung nicht dazu, dass auch sonstige Ausschlußgründe für die Haftungsbeschränkung, wie z.B. die Nichthinzuziehung der Polizei nach einen Unfall und eine grob fahrlässige Schadensherbeiführung, nicht gelten.
3. Wenn der Mieter ein Brückenunterführung benutzt, obwohl ca. 50 cm an lichter Durchfahrthöhe fehlen, liegt darin nicht mehr ein leichtes Versehen. Der Mieter hat dann einen Fahrzeugschaden grob fahrlässig herbeigeführt, so dass er unbeschränkt haftet.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Halle-Saalkreis vom 28.09.2001 - Az.: 104 C 1718/01 - abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin über die dieser durch das vorbezeichnete Urteil bereits zuerkannten 650,- DM (332,34 EUR) zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 06.11.2000 hinaus weitere 3.804,42 DM (= 1.945,17 EUR) nebst 5 % Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 18.09.2000 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO a.F. abgesehen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.
1. Ihr steht gegen den Beklagten gemäß Ziff. 9 ihrer Mietvertragsbedingungen ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 4.454,42 DM zu.
Nach dieser Bestimmung haftet der Beklagte als Mieter des Lkw's für während der Dauer des Mietvertrags entstandene Schäden am Fahrzeug. Während der Mietzeit ist am gemieteten Lkw ein Schaden entstanden, den der Beklagte auch verursacht hat. Dies ergibt sich bereits aus seiner schriftlichen Unfallschilderung in der Schadenanzeige vom 15.01.2000, in der es heißt: "Anfahrt aus Richtung Steintor habe ich die Höhe unterschätzt und beim Unterqueren des Fahrzeugs unter dem Schild gab es einen Knall, den ich nach Anhalten und keiner Feststellung als Sylvesterknaller identifizierte. Später erklärte sich mir das tatsächliche Vorgehen." Soweit der Beklagte erstmalig in der Berufungsinstanz vorträgt, der Schaden sei nicht durch ihn entstanden, und soweit er die Fahrzeughöhe von 3,18 m mit Nichtwissen bestreitet, sind diese Tatsachenfragen hierdurch nicht beweisbedürftig geworden, weil sie in erster Instanz unstreitig waren und kein nachvollziehbarer Grund für diesen Vortragswechsel erkennbar ist. Auch erscheint das jetzige Streitigstellen mit Nichtwissen angesichts des von der Klägerin vorgelegten Kfz-Briefes, der eine Fahrzeughöhe von 3,18 m ausweist, eher als ins Blaue hinein erfolgt und ist auch deshalb unbeachtlich.
Über die erstinstanzlich bereits zuerkannten 650,- DM steht der Klägerin ein weitergehender Schadensersatzanspruch in der im Tenor bezeichneten Höhe zu.
Grundsätzlich war zwischen den Parteien zwar eine Haftungsreduzierung auf einen Betrag von 650,- DM vereinbart. Nach Ziff. 11 der Mietvertragsbedingungen war jedoch vorliegend diese Haftungsreduzierung ausgeschlossen.
Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin sind wirksam in den abgeschlossenen Mietvertrag einbezogen worden. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin waren die Bedingungen auf der Rückseite des vom Beklagten unterschriebenen Vertragsexemplars abgedruckt. Zudem wurde nach dem ebenfalls unbestrittenen Vortrag der Klägerin auf der Vorderseite des Formulars in Feld 20 (oberhalb der Unterschriftenzeile) in Rotdruck deutlich auf die umseitigen Bedingungen hingewiesen.
Zwar hält die Regelung in Ziff. 11 S. 4 der Mietvertragsbedingungen einer Inhaltskontrolle nach den Bestimmungen des AGBG a.F. nicht stand. Die Unwirksamkeit dieser Regelung führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit der übrigen in Ziff. 11 enthaltenen Regelungen.
Die Klausel in Ziff. 11 S. 4 der Mietvertragsbedingungen ("Weiter haftet der Mieter trotz Abschlusses der Haftungsreduzierung voll für alle Schäden, die auf Nichtbeachtung von Durchfahrtshöhe (...) zurückzuführen sind.") ist trotz des Hinweises in Feld 20 des Mietvertrages insoweit überraschend, als in Ziff. 11 der Mietvertragsbedingungen die Haftung u.a. auch bei Nichtbeachtung von Verkehrszeichen über die Durchfahrtshöhe bestehen soll. Ob dies vorliegend dazu führt, dass diese Klausel gemäß § 3 AGBG a.F. gar nicht erst Vertragsbestandteil geworden ist, mag offenbleiben, da sie jedenfalls nach § 9 AGBG a.F. unwirksam ist, wenn mit ihr nicht nur der Beispielsfall eines grob fahrlässigen Verhalte...